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Millionenklage wegen Verstaatlichung: Bolivien verliert gegen Glencore

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Zinnproduzent Metalúrgica Vinto wurde am 9. Februar 2007 verstaatlicht. Dagegen klagte Glencore und gewann
Zinnproduzent Metalúrgica Vinto wurde am 9. Februar 2007 verstaatlicht. Dagegen klagte Glencore und gewann

La Paz. Im Schiedsverfahren mit dem multinationalen Großkonzern Glencore muss Bolivien 253 Millionen US-Dollar wegen Verstaatlichungen zahlen. Insgesamt laufen gegen den plurinationalen Staat derzeit zehn internationale Schiedsverfahren in Höhe von einer Milliarde US-Dollar.

Glencore, die weltweit größte im Rohstoffhandel und Bergwerksbetrieb tätige Unternehmensgruppe mit Hauptsitz in der Schweiz, reichte beim US-Bezirksgericht von Columbia eine Klage gegen Bolivien ein, um das Urteil des Ständigen Schiedsgerichtshofs mit Sitz in Den Haag durchzusetzen und die Zahlung von 253 Millionen US-Dollar zu erwirken. Bolivien verlor das Schiedsverfahren und muss nun für die Verstaatlichungen zahlen, die zwischen 2007 und 2012 unter der Regierung von Evo Morales stattfanden. Konkret handelt es sich dabei um die Verstaatlichung der Colqui-Mine und des Unternehmens für Zinnproduktion, Metalúrgica Vinto.

Der Leiter der bolivianischen Behörde für die Staatsvertretung bei Rechtstreitigkeiten, César Siles, unterstrich, dass der geforderte Betrag 68 Prozent unter der anfangs geforderten Summe des Unternehmens liege. Er kündigte zugleich an, dass die Möglichkeit einer Aufhebung des Schiedsspruchs und einer Aussetzung der Vollstreckung geprüft werde.

Der von Glencore eingeleitete Prozess begann bereits 2017 mit einer Forderung von 675 Millionen US-Dollar, die dann auf 778 Millionen US-Dollar angehoben wurden.

Siles erklärte weiter, dass gegen Bolivien insgesamt zehn internationale Schiedsverfahren wegen Rechtsstreitigkeiten in Höhe von insgesamt einer Milliarde US-Dollar offen sind. In drei Fällen liege bereits ein Schiedsspruch vor, dagegen wurde Berufung eingelegt.

Ein Schiedsverfahren mit dem US-Bergbauunternehmen Minera Orlandini hat Bolivien unlängst gewonnen und die Forderung von ebenfalls 253 Millionen US-Dollar wurde abgewiesen (amerika21 berichtete).

Noch ausstehende internationale Schiedsverfahren laufen unter anderem mit der Zurich Insurance Group und der Zurich South America Invest AB, Eigentümer des Pensionsfonds-Verwalters Futuro de Bolivia. Sie verklagten Bolivien im Jahr 2020 wegen der Verstaatlichung des Rentensystems vor dem Ständigen Schiedsgerichtshof in Den Haag. Consorcio Cementero del Sur SA hat wegen der Enteignung seiner Anteile an der Fábrica Nacional de Cemento SA geklagt.

Ein weiteres Verfahren wurde vom Shell-Konzern gegen das staatliche Erdöl- und Erdgasunternehmen Boliviens YPFB (Yacimientos Petrolíferos Fiscales Bolivianos) wegen angeblicher Schulden bei der Produktion angestrengt. Dazu sagte Siles, dass die Hauptanhörung bereits stattgefunden habe und auf eine weitere Anhörung gewartet werde, bei der das Datum der Schiedsspruchverkündigung bekannt gegeben wird.

Laut Siles hat der bolivianische Staat zehn internationale Anwaltskanzleien sowie weitere im Inland für insgesamt 16 Millionen US-Dollar beauftragt, um sich in den Schiedsverfahren vertreten zu lassen.