Javier Milei wird neuer Präsident von Argentinien

Ultrarechter Kandidat gewinnt Stichwahl mit fast 56 Prozent deutlich. Weiterhin Unklarheit über sein Programm und Kabinett

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Massa oder Milei: Argentinien hatte die Wahl
Massa oder Milei: Argentinien hatte die Wahl

Buenos Aires. Kurz nach 20:00 argentinischer Ortszeit, als circa 75 Prozent der Stimmen ausgezählt waren, hat der Kandidat der Regierungspartei und amtierende Wirtschaftsminister, Sergio Massa, seine Niederlage bei der Stichwahl eingestanden. Massa gratulierte seinem Widersacher, dem ultraliberalen Kandidaten Javier Milei von der rechten Partei La Libertad Avanza zu seinem Sieg. Massa hatte für die Mitte-links Allianz Unión por la Patria kandidiert.

Laut den ersten Hochrechnungen, die sich im Verlauf des Abends bestätigten, betrug die Differenz zwischen den beiden Kandidaten um die zwölf Prozent. Milei kam danach auf rund 56 Prozentpunkte, Massa auf 44. Milei konnte etwa drei Millionen Stimmen mehr auf sich vereinen als sein Kontrahent. Die Wahlbeteiligung lag bei rund 76,32 Prozent.

Das Ergebnis zeigt, dass Milei nicht nur die Stimmen aus der ersten Runde halten, sondern auch die Mehrheit der Stimmen von Patricia Bullrich vom oppositionellen Parteienbündnis Juntos por el Cambio und eventuell von anderen kleineren Parteien summieren konnte.

Massa hatte zwar eine dynamische Kampagne geführt, die Inflation von hochgerechnet 140 Prozent für die vergangenen zwölf Monate scheint jedoch zu einer unüberwindbaren Hürde geworden zu sein.

Es stellt sich jetzt die Frage, was von seinem extremen Programm Milei tatsächlich durchführen wird, da er sich zuletzt sehr oft widersprach. Seine wichtigsten Versprechen waren, die Zentralbank abzuschaffen und die eigene Währung, den Peso, durch den US-Dollar als legales Zahlungsmittel abzulösen, so wie es Ecuador im Jahr 2000 gemacht hat. Zudem hat er einen massiven Rückbau des Staatsapparats angekündigt, darunter die Abschaffung mehrerer Ministerien, die Streichung von zahlreichen Hilfs- und Sozialprogrammen, die Privatisierung staatlicher Firmen, des Gesundheitswesens und sogar der Erziehung und Bildung. In der Wirtschaft will er die Beziehungen zu "sozialistischen" Staaten einstellen, darunter die beiden wichtigsten Handelspartner Argentiniens, Brasilien und China.

Seine Partei verfügt über nur relativ wenige Abgeordnete und noch weniger Senatoren, so dass er im Parlament auf die Kooperation der Partei des Ex-Präsidenten Mauricio Macri (2015-2019) angewiesen sein wird. Dieser hatte in einem Interview jüngst darauf hingewiesen, dass man Milei über das Parlament "kontrollieren" würde. Milei verfügt auch nicht über Gouverneure oder Bürgermeister, die zu ihm stehen, was im föderalistischen Politiksystem Argentiniens sehr wichtig ist.

Offen ist bisher auch, wie sein Kabinett aussehen wird. Es gilt als sicher, dass seine Kandidatin zur Vizepräsidentin, Victoria Villarruel, die Kontrolle über Verteidigung und eventuell Sicherheit erhalten will. Villarruel steht den wegen Menschenrechtsverbrechen während der Diktatur (1976-1983) verurteilten Militärs sehr nahe. In ihrem Umfeld wurde kürzlich darüber spekuliert, dass man die Verurteilten freilassen müsste, damit die aktuellen Sicherheitskräfte auch bereit wären, die für das Regierungsprogramm wohl "notwendigen" Repressionen durchzuführen.

Das Außenministerium soll eventuell an die Abgeordnete Diana Mondino gehen. Es wird spekuliert, dass andere Ministerien von Anhängern Macris übernommen werden. Milei selbst hat keinerlei Regierungserfahrung und die meisten seiner Vertrauten ebenfalls nicht, ausgenommen einige Überläufer aus anderen Parteien, so dass er auf die Unterstützung Macris angewiesen sein könnte.