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Militärmanöver in Venezuela: "Bedrohung durch dekadentes Ex-Imperium ist inakzeptabel"

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Maduro in der Fernsehsendung am Donnerstag, mit Bild des britischen Kriegsschiffes HMS Trent
Maduro in der Fernsehsendung am Donnerstag, mit Bild des britischen Kriegsschiffes HMS Trent

Caracas. Venezuelas Präsident Nicolás Maduro hat nach der Ankunft eines britischen Kriegsschiffs im benachbarten Guyana Militärmanöver rund um die umstrittene rohstoffreiche Esequibo-Region angeordnet.

Am Donnerstag kündigte er in einer Fernsehsendung "eine gemeinsame Verteidigungsaktion der gesamten Bolivarischen Nationalen Streitkräfte" entlang der östlichen Karibikküste und der Atlantikfront an "als Reaktion auf die Provokation und Bedrohung des Vereinigten Königreichs gegen den Frieden und die Souveränität unseres Landes".

Nach Angaben des Verteidigungsministeriums wird die Operation über 5.600 Soldaten und Patrouillen zu Lande, in der Luft und auf See entlang des umstrittenen Gebiets umfassen.

Großbritannien hatte das Patrouillenschiff HMS Trent zu gemeinsamen Manövern mit Guyana entsandt, um das Land im Konflikt mit Venezuela "diplomatisch und militärisch zu unterstützen", so das britische Verteidigungsministerium laut der Medienanstalt BBC (amerika21 berichtete).

Die Aufnahme des britischen Kriegsschiffs verstoße gegen das am 14. Dezember in St. Vincent und den Grenadinen mit dem Präsidenten von Guyana, Irfaan Ali, unterzeichnete Argyle-Abkommen, betonte Maduro.

In der "Gemeinsamen Erklärung von Argyle für den Frieden zwischen Guyana und Venezuela" verpflichteten sich beide Präsidenten, keine Gewalt anzuwenden, den Konflikt nicht zu eskalieren und die direkten Gespräche zur Lösung des Esequibo-Streits im Rahmen des internationalen Rechts fortzusetzen. Ein zweites Treffen zwischen Maduro und Ali soll innerhalb der nächsten drei Monate in Brasilien stattfinden.

"Die Bedrohung durch das dekadente, verkommene Ex-Imperium ist inakzeptabel", sagte Maduro während einer Veranstaltung mit führenden Militärs.

Zusätzlich zu dem Kriegsschiff besuchte der Unterstaatssekretär des britischen Parlaments für Amerika und die Karibik, David Rutley, vergangene Woche Georgetown und versprach, London werde mit seinen Partnern zusammenarbeiten, "um sicherzustellen, dass die territoriale Integrität Guyanas aufrechterhalten wird". Die Esequibo-Grenze sei 1899 festgelegt worden, als ein Schiedsgericht das Gebiet dem Vereinigten Königreich als Guyanas ehemaligem Kolonialmacht zusprach. Der Karibikstaat erlangte 1966 seine Unabhängigkeit.

Großbritanniens Außenminister David Cameron bezeichnete kürzlich die Souveränitätsansprüche Venezuelas als "rückwärtsgewandt" und betonte ebenfalls, die Grenzen seien "1899 festgelegt" worden.

Das venezolanische Außenministerium warnte, dass die Anwesenheit des Militärschiffs und die Erklärungen britischer Funktionäre "äußerst ernst" seien, da sie auf Drohungen mit einem militärischen Eingreifen der USA folgten. Anfang des Monats führte das US Southern Command gemeinsame Manöver mit den guyanischen Streitkräften durch. Im November besuchten Vertreter des US-Verteidigungsministeriums Guyana.

"Venezuela fordert die Behörden Guyanas auf, unverzüglich Maßnahmen zum Abzug des Schiffes HMS Trent zu ergreifen und davon abzusehen, weiterhin militärische Kräfte in den Territorialstreit einzubeziehen", heißt es in einer Erklärung von Donnerstag.

Als Reaktion auf die Aufrufe aus Caracas zur Deeskalation erklärte Präsident Ali, dass Venezuela "nichts von Aktivitäten innerhalb des Hoheitsgebiets oder der Gewässer Guyanas zu befürchten" habe. Seine Regierung setze sich für friedliche Beziehungen mit seinen Nachbarn ein.

Am Freitag bekräftigte ein Sprecher der britischen Regierung erneut die Unterstützung für Guyana und bezeichnete die venezolanische Militärübung als "ungerechtfertigt".

Der Streit der beiden südamerikanischen Nachbarländer um den 160.000 Quadratkilometer großen Esequibo-Streifen reicht bis ins 19. Jahrhundert zurück. Nach der Unabhängigkeit Venezuelas im Jahre 1811 wurde er zunächst als venezolanisches Gebiet ausgewiesen. 1899 sicherte jedoch ein internationales Schiedsgericht British Guyana die absolute Kontrolle über das Gebiet zu. Venezuela lehnt dieses Urteil als "Betrug" ab, da die venezolanische Seite nicht vertreten war und es Beweise für Absprachen zwischen den Richtern gebe.

1966 schlossen Großbritannien und Venezuela das Genfer Abkommen, um eine für beide Seiten zufriedenstellende Lösung zu finden, wobei Guyana nach seiner Unabhängigkeit den Vertrag übernahm. Die Kontroverse blieb in der Schwebe.

Der Streit flammte 2015 erneut auf, nachdem das US-Unternehmen ExxonMobil große Offshore-Ölvorkommen im Esequibo entdeckt hatte. Seitdem hat Guyana ohne Absprache mit Venezuela Ausschreibungen für die Ölexploration in den undefinierten Hoheitsgewässern durchgeführt und 2018 den Internationalen Gerichtshof ersucht, über den Territorialstreit zu entscheiden.

Venezuela hingegen erkennt die Zuständigkeit des Gerichts nicht an und macht geltend, dass das Abkommen von 1966 das einzige verbindliche Instrument zur Lösung des Streits ist.

Am 3. Dezember stimmten die Venezolaner in einem Referendum mit großer Mehrheit für den Souveränitätsanspruch des Landes auf den Esequibo.