Puerto Barrios/Chiquimula. Gerichte in Guatemala haben zwei Urteile gesprochen, die im Land als großer Erfolg für die Arbeit unabhängiger Journalisten gewertet werden.
Das Strafgericht in Puerto Barrios, Izabal, im Norden des Landes, stellte das Verfahren gegen den Journalisten Carlos Ernesto Choc und drei Fischer am Izabalsee ein. Diese hatte nach Protesten gegen die von der Solway Inwestment Group und ihrer guatemaltekischen Tochterfirma Compañía Guatemalteca de Níquel (CGN) betriebene Nickelmine im Jahre 2017 begonnen.
Damals hatten Fischer nach Kontamination des Sees unter anderem mit Straßenblockaden protestiert, am 27. März war die Situation eskaliert. Polizisten erschossen den 27-jährigen Fischer Carlos Maaz. Choc filmte die Situation mit seinem Handy. Kurze Zeit später begannen die Verfolgungen. Seit August 2017 wurde gegen Choc, seinen Kollegen Jerson Xitumul und sieben Fischer ermittelt. Angezeigt durch das Bergbauunternehmen wurde ihnen Freiheitsberaubung, Anstiftung zu einer Straftat, Zugehörigkeit zu einer illegalen Vereinigung und Teilnahme an illegalen Zusammenkünften und Demonstrationen zur Last gelegt. Choc wurde mehrfach bedroht, musste sich über einen langen Zeitraum verstecken und das Land zwischenzeitlich verlassen.
Xitumul wurde 38 Tage in Untersuchungshaft genommen, sein Verfahren letztlich 2018 eingestellt. Er beendete aber aufgrund der Vorfälle seine journalistische Arbeit. Das Verfahren gegen Choc und die Fischer Tomás Che, Cristóbal Pop und Vicente Rax wurde fortgesetzt. Das Unternehmen verzögerte das Verfahren immer wieder, mehrmals fehlten ihre Anwälte. Zum Schluss hatte sogar die Staatsanwaltschaft eine Einstellung aus "Mangel an Beweisen gefordert".
Stunden vor der Anhörung hatte sich auch die Sonderberichterstatterin für die Situation von Menschenrechtsverteidigern bei den Vereinten Nationen, Mary Lawlor, zum Verfahren geäußert. Sie kündigte an, die Anhörung von Choc "aufmerksam verfolgen" zu wollen.
"Dies und die starke Überwachung Guatemalas durch die internationale Gemeinschaft während und nach den Wahlen 2023 spielten eine wichtige Rolle bei der Einstellung des Verfahrens", resümiert Prensa Comunitaria.
In einem anderen Verfahren wurden am selben Tag drei Polizisten wegen ungerechtfertigter Festnahme der Journalistin Norma Sancir zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. In dem Urteil am Strafgericht in Chiquimula im Südosten Guatemalas ging es um die Festnahme der Journalistin während einer Demonstration im Jahr 2014. Obwohl sich Sancir mehrfach als Pressevertreterin zu erkennen gegeben hatte, wurde sie festgenommen und erst nach drei Tagen wieder freigelassen. Das guatemaltekische Gesetz sieht vor, dass Festgenommene spätestens nach 24 Stunden einem Haftrichter vorgeführt werden müssen, was in diesem Fall nicht passiert war.
Das Gericht sah den Vorwurf des Amtsmissbrauches als erwiesen an und verurteilte den ehemaligen Kommissar Ceferino Salquil Solval wegen Haupttäterschaft und die beiden Polizistinnen Olga Leticia Segura und Mirna Marleny Agustín als Komplizen. Die ursprüngliche Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monate wurde auf zwei Jahre und sechs Monate verkürzt und kann in eine Geldstrafe umgewandelt werden.
Prensa Comunitaria sieht in beiden Urteilen eine "Anerkennung für den kommunitären Journalismus, es ist aber noch ein langer Weg zu gehen".
Die "Aussichten für Journalisten bleiben kompliziert. Die Justiz arbeitet langsam…bei Fällen von Fälschung und Manipulation vor Gericht, die durch die Staatsanwaltschaft geleitet wurden, gab es kaum Chancen zu einer Verteidigung". Journalisten wie der inhaftierte Gründer der Zeitung El Periódico, José Rubén Zamora "hoffen immer noch, dass das Justizsystem ihnen ebenfalls zur Seite steht". Zamora war im Juni letzten Jahres zu einer sechsjährigen Haftstrafe verurteilt worden.