Präsident von Brasilien in Ägypten, Äthiopien und auf dem Afrika-Gipfel

Lula sieht Afrika als unerlässlichen Akteur des Globalen Südens. Mit Ägypten und Äthiopien Agenden nachhaltiger Entwicklung. Gaza-Krieg zentrales Thema

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Lula als Gast und Redner auf dem Gipfel der Afrikanischen Union in Addis Abeba
Lula als Gast und Redner auf dem Gipfel der Afrikanischen Union in Addis Abeba

Kairo/Addis Abeba. Der Präsident von Brasilien, Luiz Inácio Lula da Silva, hat eine mehrtägige Afrikareise absolviert. Mit Staatsbesuchen in Ägypten und Äthiopien sowie einer Rede auf dem 37. Gipfeltreffen der Afrikanischen Union (AU) in Addis Abeba verstärkte Lula die Beziehungen zu dem Kontinent.

Bei dem Zusammentreffen mit dem ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah Al-Sisi spielte der Krieg in Gaza eine wichtige Rolle. Ägypten half nach Beginn des aktuellen Konflikts bei der Rückführung brasilianischer Staatsbürger und ihrer Familien aus dem Gazastreifen in ihre Heimat. Laut der großen brasilianischen Tageszeitung O Globo wird erwartet, dass Lula sich zur Verfügung stellt, um bei der Beendigung des Krieges zu helfen.

Außerdem standen bilaterale Abkommen in den Bereichen Bioenergie sowie Wissenschaft, Technologie und Innovation auf dem Programm. Beide Staatschefs sprachen "über die Steigerung der Nahrungsmittelproduktion, das Wirtschaftswachstum und die Einkommensverteilung". Sie konzentrierten sich auf die "gemeinsame Koordinierung in internationalen Gremien unter Berücksichtigung des regionalen Gewichts beider Länder", erklärte der ägyptische Präsidentensprecher Ahmed Fahmy.

Während seines Aufenthalts in Kairo hielt Lula sich auch am Sitz der Arabischen Liga auf, um über politische und wirtschaftliche Beziehungen, über die Lage in Syrien und den Israel-Gaza-Krieg zu sprechen.

Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Präsident Al-Sisi nannte Lula Israels Kriegsführung ein Verhalten, "das unter dem Vorwand, die Hamas zu besiegen, Frauen und Kinder tötet". Er erinnerte daran, dass Brasilien den Angriff der Hamas auf Israel und die Entführung hunderter Menschen als terroristischen Akt verurteilt hatte.

Die vordringlichste Aufgabe bestehe darin, einen endgültigen Waffenstillstand, die Lieferung ungehinderter humanitärer Hilfe und die Freilassung der Geiseln zu ermöglichen, erklärte Lula. Die "kollektive Bestrafung" der palästinensischen Zivilbevölkerung müsse aufhören.

"Es wird keinen Frieden geben, solange es keinen palästinensischen Staat in den vereinbarten und international anerkannten Grenzen gibt, der den Gazastreifen und das Westjordanland umfasst und dessen Hauptstadt Ost-Jerusalem ist", betonte der brasilianische Staatschef.

Lula übte auch scharfe Kritik an den Vereinten Nationen und der derzeitigen Struktur ihres Sicherheitsrates. Dieser habe nicht die Kraft, Kriege wie den im Gazastreifen oder den zwischen Russland und der Ukraine zu verhindern.

Deswegen sei er entschlossen und hoffe auf die Unterstützung Ägyptens für Veränderungen in den globalen Führungsgremien: "Wir brauchen andere Länder aus Afrika, andere Länder aus Lateinamerika", sagte er.

Seine Regierung werde dem Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina (UNRWA) zusätzliche Mittel zur Verfügung stellen. Verschiedene Länder wie die USA und Deutschland, die ihre Beiträge nach Vorwürfen gegen UNRWA-Mitarbeiter ausgesetzt haben, beschuldigte Lula der "Unmenschlichkeit und Feigheit".

"In einer Zeit, in der das palästinensische Volk am meisten Unterstützung braucht, beschließen die reichen Länder, die humanitäre Hilfe zu kürzen. Die jüngsten Anschuldigungen gegen die Mitarbeiter des Hilfswerks müssen gründlich untersucht werden, aber sie dürfen das Hilfswerk nicht lähmen", sagte Lula.

In Äthiopien bekräftigte Lula sein Engagement für "Investitionen in Chancen und Einkommen für die Ärmsten". Mit dem äthiopischen Außenminister Taye Atske Selassie habe er sich darüber verständigt, "dass wir die sicherste und schnellste Rendite für das Wachstum eines Landes erzielen, wenn wir in Chancen und Einkommen für die Ärmsten investieren", so der brasilianische Präsident.

"Und auch um das zu garantieren, was in der Bibel, der Verfassung und der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte steht: das Recht der Menschen, nicht zu hungern und ein Leben in Würde zu führen. Das ist es, woran wir in Brasilien arbeiten und was wir in der Welt durch Zusammenarbeit fördern wollen", fügte er hinzu.

Bei der Begegnung mit Premierminister Abiy Ahmed gehörten zu den wichtigsten Punkten die Entwicklungszusammenarbeit, die Förderung des Handels und internationale Themen von gemeinsamen Interesse wie die Bekämpfung von Hunger und Armut, der Schutz und die Wiederherstellung der Wälder, die Bewältigung des Klimawandels und die Reform internationaler Organisationen.

Als besonderer Gast des Gipfels der Afrikanischen Union bekräftigte der brasilianische Präsident die Nähe seines Landes zu den afrikanischen Staaten. Lula setzte gleich zu Beginn den Ton mit dem Hinweis, dass sich die Hälfte der 200 Millionen Brasilianer als Afro-Nachkommen bezeichnen.

Er zog eine Bilanz der Beziehungen zwischen Brasilien und Afrika und versprach, diese Beziehungen zu stärken. Nach Lulas Überzeugung stimmen die brasilianischen Interessen mit denen Afrikas in vielen Bereichen überein. Afrika biete "enorme Möglichkeiten für die Zukunft". Dazu gehöre die Aufgabe, "die beiden größten tropischen Regenwälder der Welt im Amazonas- und im Kongobecken zu schützen". Dies mache die Anrainer zu "Protagonisten der Klimaagenda", so Lula.

Dafür kündigte er die baldige Eröffnung eines Kooperationsstützpunkts bei der AU in Addis Abeba an. Dieser werde in Bereichen wie "Agrarforschung, Gesundheit, Bildung, Umwelt, Wissenschaft und Technologie" arbeiten.

Auch im Bereich Bildung wolle Brasilien künftig mehr tun. Seine Regierung werde "die Zahl der Stipendien, die wir vergeben, erhöhen, um afrikanische Studenten an unseren öffentlichen Hochschulen aufzunehmen. Wir sind bereit, Bildungsprogramme in Afrika zu entwickeln und einen intensiven Austausch von Lehrern und Forschern zu fördern", versprach er.

Für Lula ist Afrika ein strategischer Partner. "Es gibt keinen Globalen Süden ohne Afrika", dies sei sein Ansatz. "Alles, was Brasilien zu teilen hat, werden wir mit dem afrikanischen Kontinent teilen, denn wir haben eine große historische Schuld, die auf die langen Jahre der Sklaverei zurückzuführen ist. Und die einzige Möglichkeit, diese zu begleichen, ist Solidarität. Zählen Sie auf Brasilien", schloss der Präsident unter dem tosenden Applaus der Staatsoberhäupter und Delegierten des Afrika-Gipfels.