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Brasilien: Steigende Zahl von Obdachlosen in São Paulo

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Skyline Sao Paulo
São Paulo, die Stadt mit einer schnell wachsenden Zahl von obdachlosen Menschen

Brasília. Im Juni haben in São Paulo insgesamt 80.369 Menschen auf der Straße gelebt. Dies geht aus einer Studie der Bundesuniversität im Teilstaat Minas Gerais hervor.

Eine Studie der Beobachtungsstelle für öffentliche Obdachlosenpolitik zeigt, dass im Dezember 2023 in der größten Stadt Brasiliens 64.818 Menschen auf der Straße lebten. Ihre Zahl ist in den letzten sechs Monaten um 24 Prozent gestiegen.

Die genannten Zahlen stammen aus dem Einheitlichen Register (Cadúnico), der Datenbank der Bundesregierung für den Bezug von Sozialleistungen. Die darin enthaltenen Zahlen werden von den Gemeinden selbst über die sogenannten Sozialhilfe-Referenzzentren aktualisiert.

Diese Zahlen unterscheiden sich deutlich von der letzten Zählung der Straßenbevölkerung durch die Präfektur von São Paulo im Jahr 2021, laut der fast 32.000 Menschen ohne eine Unterkunft in der Stadt lebten.

Nach Angaben der Universität gibt es im gesamten Bundesstaat São Paulo 126.112 Obdachlose in 645 Gemeinden. Das sind 18 Prozent mehr als im Dezember 2023, als die Gesamtzahl der Obdachlosen 106.857 betrug.

In ganz Brasilien leben nach Angaben des Cadúnico derzeit bereits 300.868 Menschen auf der Straße. Im Dezember 2023 waren es noch 242.756.

Obdachlose Familien stellen immer mehr Zelte auf, weil sie wegen steigender Mieten aus ihren Wohnungen vertrieben werden und im Freien schlafen müssen.

Der Koordinator der Beobachtungsstelle, André Luiz Freitas Dias, nennt mehrere Gründe für den deutlichen Anstieg der Wohnungslosigkeit. Zum einen habe sich die Datenbank verbessert, die den Zugang zu den sozialpolitischen Maßnahmen des Landes, zu Programmen wie Bolsa Família und zu dauerhaften Sozialleistungen ermöglicht. Zum anderen sei das Fehlen und die Unzulänglichkeit staatlicher Strukturpolitik verantwortlich. Es fehle an Wohn-, Arbeits- und Bildungsprogrammen, die speziell auf die besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppen ausgerichtet seien.

In einer Erklärung der Stadt São Paulo heißt es, zwischen Januar und Mai 2024 seien 300.955 Eintragungen und Aktualisierungen im Cadúnico vorgenommen worden.

Die Behörden betonen indes, dass die Obdachlosenpolitik den Zugang zu Beschäftigung und Einkommen sowie zu grundlegenden Rechten wie Ausweispapieren und Bildung verbessere. Dabei müsse auch der Drogenkonsum als Problem der öffentlichen Gesundheit mit berücksichtigt werden.