La Paz. Bolivien wird auch in diesem Jahr von verheerenden Waldbränden heimgesucht. Die Feuer wüten seit Juni vor allem in den Regionen Santa Cruz, Beni und Pando. Bisher wurden mehr als 3,8 Millionen Hektar Land durch die Brände zerstört.
Angesichts der Katastrophe hat die Regierung den nationalen Notstand ausgerufen, um die internationale Hilfe besser koordinieren zu können. Nach offiziellen Angaben sind diese Woche Einsatzkräfte der Feuerwehr aus Brasilien eingetroffen, weitere werden aus Venezuela, Chile und Frankreich eintreffen. Feuerlöschausrüstung wird zudem aus Peru und Uruguay erwartet.
Die Brände haben nicht nur schwerwiegende ökologische Folgen, sondern führen auch zu einer kritischen Gesundheitssituation im Land. Sogar in entfernteren Städten wie Tarija und Potosí wurden hohe Luftverschmutzungswerte gemessen. In vielen betroffenen Gebieten ist die Luftqualität so schlecht, dass die Bevölkerung aufgefordert wurde, im Freien Atemschutzmasken zu tragen und körperliche Aktivitäten zu vermeiden.
In Santa Cruz wurden mehrere ländliche Gemeinden aufgrund der Beeinträchtigung durch den Rauch evakuiert. In sechs Departamentos wurde der Schulunterricht vorübergehend abgesagt. Zudem wurde der Flugbetrieb unter anderem auf dem internationalen Flughafen Viru Viru wegen schlechter Sicht zeitweise eingestellt.
Am Mittwoch fand in La Paz eine große Demonstration statt, bei der Maßnahmen gegen die Brände gefordert wurden. Die Demonstrierenden kritisierten vor allem ein Gesetz aus dem Jahr 2013, das zur Ankurbelung der landwirtschaftlichen Produktion jeder Familie erlaubt, bis zu 20 Hektar Land ohne besondere Genehmigung für produktive Zwecke zu roden.
Als Hauptursache für die Brände gilt die traditionelle Praxis des "Chaqueo", bei der das Land vor der Bepflanzung abgebrannt wird. Diese "kontrollierten Brände" geraten oft durch Wind und Trockenheit außer Kontrolle und greifen auf Wälder über. Außerdem wird die Vegetationsdecke durch das Abbrennen geschädigt.
Die landwirtschaftliche Expansion hat in Bolivien seit 1985 zu einer erheblichen Entwaldung geführt. Die Waldfläche ging von 63 Millionen Hektar im Jahr 1985 auf 55 Millionen Hektar im Jahr 2022 zurück. 79 Prozent der Entwaldung fanden in Santa Cruz statt.
Die bolivianische Regierung hat als Reaktion auf die Brände eine "Umweltpause" ausgerufen. Mit dem Dekret 5255 wurden die Genehmigungen zum Abbrennen auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Darüber hinaus wurden öffentliche Flächen, die von Bränden betroffen waren, für einen Zeitraum von fünf Jahren bis zu ihrer Wiederherstellung für "nicht verfügbar" erklärt. Die Regierung hat außerdem einen Gesetzesentwurf in die Legislative eingebracht, der das Strafmaß für Brandstiftung in Schutzgebieten auf zwölf Jahre erhöht.