Brasilien: Social Media-Plattformen ignorieren Anhörung zu Desinformation und Hassrede

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Eine Diskussion während der Anhörung. Nicht anwesend: Vertreter:innen der Tech-Giganten
Eine Diskussion während der Anhörung. Nicht anwesend: Vertreter:innen der Tech-Giganten

Brasília. Bei einer öffentlichen Anhörung der Staatsanwaltschat am 22. Januar zum Thema Falschinformationen und Moderation in den Sozialen Medien sind die Stühle der großen Sozialen Netzwerke leer geblieben. Vertreter:innen von Alphabet (Google und YouTube), Discord, Kwai, LinkedIn, Meta (Facebook, Instagram, WhatsApp), TikTok sowie X waren eingeladen, aber erschienen nicht.

Der Grund für die Audienz war die Ankündigung von Meta, die Überprüfung von Fake News einzuschränken und die Moderationsrichtlinien zu lockern. Die Regierung unter Präsident Luiz Inácio Lula da Silva forderte eine Erklärung dazu.

An der Sitzung nahmen hingegen Expert:innen, darunter der Generalstaatsanwalt Jorge Messias, die Ministerin für Menschenrechte und Staatsbürgerschaft Macaé Evaristo, zivilgesellschaftliche Organisationen wie Reporter ohne Grenzen und Fact-Checking-Agenturen, teil.

Gemeinsam mit den Social Media Unternehmen sollten offizielle Bedenken diskutiert werden. Auf staatlicher und zivilgesellschaftlicher Seite besteht Besorgnis über Hassrede, politische Spaltung, Desinformation und das Ende unabhängiger Überprüfungen auf den Plattformen von Meta.

In der Eröffnungsrede appellierte Evaristo an die Einhaltung von Menschenrechten im Internet: "Wir sind sehr besorgt über die Ausbreitung von Rassismus, Frauenfeindlichkeit und Vorurteilen in den verschiedensten Formen, die wir in der Gesellschaft finden können, und wir wollen wirklich Fortschritte beim Aufbau sicherer digitaler Umgebungen machen, die aber grundsätzlich die Menschenrechte respektieren".

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Auch Marie Santini, Direktorin von Netlab, dem Forschungsinstitut für Internet- und soziale Netzwerkstudien an der Bundesuniversität von Rio de Janeiro, äußerte sich besorgt über die von Meta angekündigte Änderung der Firmenpolitik. Die neuen Beschlüsse seien eine Gefahr für die Informationssicherheit und die Meinungsfreiheit in Brasilien, so Santini.

Laut Staatsanwalt Messias sollen diese Diskussionen dem Obersten Gerichtshof als Grundlage für Urteile zu diesem Thema dienen, sowie dem Nationalkongress, der aktuell an Gesetzesentwürfen zur Regulierung des Sektors arbeitet.

"Sie wurden eingeladen und werden nicht teilnehmen. Das ist eine Entscheidung, die wir respektieren", sagte Messias bei der Anhörung über die Tech-Giganten. Dennoch sei laut ihm die Regierung an einem Dialog und einer Zusammenarbeit mit allen Plattformen und digitalen Netzwerken interessiert.

Der CEO von Meta, Mark Zuckerberg, kündigte Anfang Januar an, das Programm zur Überprüfung von Fakten in den USA einzustellen. Außerhalb der USA werde die unabhängige Überprüfung vorerst weiterlaufen. Die neue Politik des Unternehmens folgt dem Beispiel von X. Dort wird es den Nutzern überlassen, Informationen über sogenannte Community Notes zu überprüfen.

Schon 2024 führten Falschinformationen auf X zu einem Eklat in Brasilien. Nach Missachtung gerichtlicher Anordnungen sperrte der Oberste Gerichtshof die Plattform für 40 Tage (amerika21 berichtete).