La Paz. In seiner Rede vor Regierungsmitglieder:innen und sozialen Bewegungen am Tag des Plurinationalen Staates hat Präsident Luis Arce nach Jahren der Konflikte zum sozialen Frieden aufgerufen. Der Tag wird jährlich am 22. Januar anlässlich der Gründung des Plurinationalen Staates Bolivien im Jahr 2010 gefeiert.
Arce versprach "die volle Bereitschaft der Regierung, Räume für Konsultationen, Dialog und Konsens zwischen den politischen und sozialen Akteuren zu schaffen, um die Institutionalität zu stärken und den sozialen Frieden sowie die zweite und endgültige Unabhängigkeit von Bolivien zu konsolidieren".
Das Land befindet sich auch wegen eines seit Monaten andauernden Konfliktes zwischen Ex-Präsident Evo Morales und Arce innerhalb der Regierungspartei MAS (Bewegung zum Sozialismus) in einer Krise (amerika 21 berichtete). Im August finden die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen statt.
Konkret nannte Acre fünf Leitlinien, deren Umsetzung für den sozialen Frieden elementar seien: Die Durchführung der in einigen Regionen noch ausstehenden Richterwahlen. Die Stärkung der Wirtschaft durch einen Industrialisierungskurs durch Importsubstitution, insbesondere beim Lithiumabbau. Dabei forderte er die Legislative auf, die Blockade gegen Verträge mit ausländischen Unternehmen aufzuheben. Ferner die Gewährleistung der materiellen Voraussetzungen für eine gute Regierungsführung, indem das Parlament den Kreditboykott beendet, der die Wirtschaft beeinträchtigt. Zuletzt die Gewährleistung fairer und transparenter allgemeiner Wahlen sowie die Förderung des Umweltschutzes, um das Land besser auf Probleme wie Überschwemmungen und Waldbrände vorzubereiten.
Das Lateinamerikanische Strategiezentrum für Geopolitik kritisiert derweil die Praktiken der Regierung Arce als "aus demokratischer Sicht äußerst gefährlich". Dieser Vorwurf stützt sich auf eine für ungültig erklärte Celag-Umfrage unter Wähler:innen der MAS, die zum Ziel hatte, "ein aktuelles Meinungsbild dieser 55 Prozent der Bevölkerung […] im Hinblick auf die nächsten Präsidentschaftswahlen zu erhalten". Viele der Antworten stammten jedoch von wenigen Internetadressen in La Paz, so dass eine Einflussnahme der Exekutive laut Celag nicht ausgeschlossen werden kann. Vielmehr verweise dies auf eine "erzwungene Praxis [der Regierung], Unterstützung zu zeigen, die sie weder von außen noch von der MAS hat".
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In der letzten allgemeinen Wahlprognose von Ende November letzten Jahres lag Arce nur bei vier Prozent, während Evo Morales und der amtierende rechtskonservative Bürgermeister von Cochabamba, Manfred Reyes Villa, mit jeweils 18 Prozent vorne lagen. Die Umfrage wurde jedoch vom bolivianischen Unternehmer Marcelo Claure durchgeführt, der auch darauf hinwies, dass sie zeige, dass 84 Prozent der Meinung seien, dass ein Kandidat wie Javier Milei in Argentinien gebraucht werde.
Neben der politischen Unsicherheit bleibt jedoch vor allem die wirtschaftliche Lage Boliviens angespannt. Der Ökonom Huáscar Salazar kritisiert, dass die politische Krise die bereits bestehenden wirtschaftlichen Herausforderungen noch verschärfe. So schreibt er auf muywaso: "Während sich der politische Diskurs im Vorfeld der Wahlen aufheizt, wird das Leben von Millionen Menschen immer prekärer, da die fragilen Wohlfahrtsbedingungen, die im letzten Jahrzehnt aufgebaut wurden, untergraben werden."