Lima. Die bisherige Präsidentin von Peru, Dina Boluarte, ist am Freitag früh vom Parlament ihres Amtes enthoben worden. In einer Sitzung in der Nacht zum Freitag sprachen sich 122 von 130 Abgeordneten für diesen Schritt aus, der mit der "dauerhaften moralischen Unfähigkeit" der bisherigen Staatschefin begründet wurde. Konkret wurde Boluarte von den Abgeordneten "Versagen bei der Bekämpfung der Unsicherheit der Bürger und der Bewältigung der sozialen Krise" vorgeworfen.
Noch am Freitag wurde unter Berufung auf Artikel 115 der Verfassung der bisherige Parlamentspräsident José Jerí Oré von der Partei Somos Perú zum Präsidenten vereidigt. Er ist bereits das siebte Staatsoberhaupt in neun Jahren, was laut Medien ein Ausdruck der politischen Krise Perus ist. José Jerí war bisher ein Verbündeter von Boluarte gewesen. "Seine bisherige Amtszeit war geprägt von politischer Nähe zu den dominierenden Kräften im Parlament" hieß es in der Presse. Bei der Amtsenthebung und der darauffolgenden Inhaftierung des progressiven Präsidenten Pedro Castillo Ende 2022 stimmte er für die Amtsenthebung. Anschließend "zeigte er starke Unterstützung für die derzeitige Regierung und wurde als einer der Kongressabgeordneten genannt, die die Einstellung der Steuerermittlungen gegen Präsidentin Dina Boluarte unterstützten".
Auch gegen Jerí selbst wurde ermittelt. Im Januar 2025 leitete die Oberste Familienstaatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen ihn wegen mutmaßlicher Vergewaltigung ein. Diese soll sich im Dezember 2024 auf einer gesellschaftlichen Veranstaltung ereignet haben. Obwohl der Kongressabgeordnete die Vorwürfe kategorisch zurückwies, kündigte seine eigene Partei Somos Perú die Suspendierung seiner Mitgliedschaft während der laufenden Ermittlungen an. Im August 2025 ordnete die Familienstaatsanwaltschaft die Einstellung der Ermittlungen gegen ihn an.
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In seiner ersten Rede als Staatschef erklärte Jerí der "Kriminalität den Krieg" und wandte sich direkt an die von jungen Menschen getragene Protestbewegung Generation X: Sie werden sehen, "dass es Veränderungen im Land geben wird". Generation X hatte in den vergangenen Wochen gegen die Gewalt und Straffreiheit im Land demonstriert (amerika21 berichtete). Jerí soll das Land bis zu den Wahlen führen, die am 12. April 2026 stattfinden werden. Am 28. Juli soll dann der neugewählte Präsident das Amt antreten.
Während des Tages protestierten Angehörige von Opfern der Repression und forderten Haft für Boluarte. Insbesondere in den ersten Monaten ihrer Amtszeit nach der Amtsenthebung von Castillo am 7. Dezember 2022 hatte es große Demonstrationen gegeben, 61 Menschen starben, Hunderte wurden verletzt. Die Demonstranten sahen in der Absetzung von Castillo einen Putsch gegen den progressiven Präsidenten und sprachen Boluarte die Legitimität als Staatschefin ab. Die Staatsanwaltschaft kündigte an, Boluarte am 15. Oktober zu einer Anhörung zu laden, in der es um ein Ausreiseverbot für ihre Person gehen soll. Ermittlungen konzentrieren sich laut Medienberichten aber nur auf zwei Fälle der Geldwäsche.
Bereits am Donnerstag hatte sich der inhaftierte ehemalige Präsident Castillo in einer Nachricht auf X zu Wort gemeldet. Darin hieß es, die Entscheidung der Mehrheit der Fraktionen, Boluartes Absetzung zu unterstützen, zeige ihre "Heuchelei", nachdem sie Boluarte an die Macht gebracht hätten. "Da sie wissen, dass sie irgendwann dem Ende und der Gerechtigkeit entgegensehen, wollen sie ihre Spuren der Diktatur verwischen", fügte er hinzu. Er wandte sich an "alle Völker Perus", um ihnen zu versichern, dass er "weiterkämpfen" werde. "Die soziale Mobilisierung ist historisch gesehen die Quelle des Sieges, um die mir anvertraute Regierung des Volkes wiederherzustellen", hieß es am Ende seiner Erklärung.

