"Es ist absurd, gentechnisch veränderte Produkte zu verbieten"

Kubanische Wissenschaftler im Gespräch mit dem Internetportal Cubadebate

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Am Zentrum für Gentechnik und Biotechnologie (CIGB) in Kuba wird unter anderem an der Entwicklung gentechnisch veränderter Bohnen gearbeitet
Am Zentrum für Gentechnik und Biotechnologie (CIGB) in Kuba wird unter anderem an der Entwicklung gentechnisch veränderter Bohnen gearbeitet

Wir wollen uns heute über die Entwicklung gentechnisch veränderter Produkte unterhalten, ein Thema, das auf Cubadebate aufgrund von verschiedenen von uns publizierten Artikeln bereits einen großen Widerhall gefunden hat, wobei unsere Leser zuweilen auf leidenschaftliche Weise polemische Standpunkte zum Ausdruck gebracht haben, wie dies überall in der Welt und insbesondere unter Wissenschaftlern und Umweltorganisationen an der Tagesordnung ist.

Am 30. Juni dieses Jahres veröffentlichten über hundert Nobelpreisträger (insgesamt 109) einen Brief, der an die Leitungsebene der Umweltorganisation Greenpeace, an die Vereinten Nationen und an die Regierungen der ganzen Welt gerichtet war. Darin präzisieren diese Wissenschaftler ihre Ansichten über den durch die Biotechnologie verbesserten Anbau von Lebensmitteln und weisen darauf hin, dass diese sicherer seien als die Derivate jeder anderen Produktionsmethode. Und sie beschuldigen gegen die moderne pflanzliche Verbesserung opponierende Organisationen wie Greenpeace, sich den biotechnologischen Innovationen in der Landwirtschaft durch die Verfälschung ihrer Risiken und Vorteile zu widersetzen und darüber hinaus die kriminelle Zerstörung von zugelassenen Feldversuchen und Forschungsvorhaben zu unterstützen. Sie klingen recht verärgert, während die Umweltschützer andererseits seit Jahren versuchen, die Verwendung gentechnologisch veränderter Produkte zu verhindern.

Es gibt von verschiedenen Seiten sehr handfeste Argumente, aber wer hat die Wahrheit auf seiner Seite? Wie soll man diese Diskussion angehen? Um ein wenig mehr Klarheit zu gewinnen habe ich zwei kubanische Fachleute eingeladen. Da ist zum Einen Luís Montero Cabrera, Doktor der Naturwissenschaften und leitendes Mitglied der Kubanischen Akademie der Wissenschaften. Er steht von 2012-2016 der Kubanischen Gesellschaft für Chemie und seit 2005 auch dem Wissenschaftlichen Beirat der Universität Havanna vor, gegenwärtig ist er zudem Kolumnist von Cubadebate. Er hat gerade eine Arbeit unter dem Titel "Die transgenen Produkte und die Nobelpreisträger" veröffentlicht, die auf unserer Webseite viel gelesen wurde, was so weit geht, dass Sie, wenn Sie heute das Wort gentechnische Veränderung bei Google News eingeben, unter den ersten aufgeführten Arbeiten auf die von Montero stoßen.

Außerdem ist Abel Hernández Velázquez bei uns, ein Forscher des kubanischen Zentrums für Gentechnik und Biotechnologie (CIGB), der überdies Chef der Abteilung für Pflanzenbiotechnologie dieser Einrichtung ist, Absolvent in Biochemie und Master in Aktuellen Tendenzen der zeitgenössischen Biotechnologie. Wir werden mit dem Für und Wider der Debatte über genveränderte Produkte beginnen.

Das "Pro"

Luis A. Montero Cabrera: Zunächst einmal würde ich gerne zum Nachdenken auffordern. Lassen Sie uns die Frage vom Standpunkt des wissenschaftlichen Denkens aus betrachten. Seit der Mensch auf der Erde erschienen ist, verändert er – wie jede andere Spezies – seine Umgebung; beziehungsweise passen sich die tierischen und pflanzlichen Arten ihrer Umgebung an, während dem Menschen eine sehr besondere Form zu Eigen ist, dies zu tun, denn da er den Verstand und die Fähigkeit zum Informationsaustausch besitzt, lernt er dies zu tun.

Als der Mensch dazu überging, vom Jäger und Sammler zum Bauern zu werden, rief er eine spektakuläre Veränderung im Hinblick auf die Ökologie hervor. Dies war wohl der dramatischste, durch den Menschen hervorgerufene Wandel der Natur in deren gesamter Geschichte. Dabei ist nichts weiter geschehen als weiter voranzuschreiten. Worin besteht heute der Unterschied bei jedweder Technologie, die man auf die Erzeugung von Nahrungsmitteln anwendet? Nun, man weiß jetzt, was man tut. Als der Mensch zum ersten Mal Landwirtschaft betrieb, hat er möglicherweise Arten ausgerottet, die nie wieder existieren werden. In dem Augenblick, als er im Prozess der Gewinnung von Land, das er zum Anbau benötigte, Wälder rodete, zerstörte er möglicherweise genetische Reichtümer, die sich niemals würden wiederherstellen lassen. Heute jedoch weiß man um das Warum allen Tuns und die seriöse Wissenschaft verfügt über Schutzmechanismen, um möglicherweise auftretenden Problemen vorzubeugen.

Es können doch aber Probleme auftreten, nicht vorhergesehene Schäden...

Luis A. Montero Cabrera: Selbstverständlich können Probleme auftreten. Es wäre unverantwortlich zu sagen, das eine Veränderung in der Umwelt nicht zu irgendeinem Problem führen kann, wobei jedoch die wissenschaftlichen und technologischen Fortschritte für sich genommen ein äußerst wichtiges "Für" ausmachen.

Das "Wider" gibt es natürlich auch. Wenn man zum Beispiel die Toxizität einer bestimmten Veränderung nicht auf angemessene Weise kontrolliert hat. Bei den heutzutage existierenden Regulierungen ist es jedoch kaum wahrscheinlich, das etwas, das Probleme verursachen könnte, massenhaft auftritt. Die Schutzmechanismen sind sehr stark, weil jedes Vorkommnis, das in diesem Zusammenhang geschehen könnte, sehr großen Schaden anrichten würde. In einem kapitalistischen Land wie in den USA könnte dies sogar die Wirtschaftskraft eines Mitgesellschafters, der so etwas täte, schädigen, da diesem eine Geldstrafe auferlegt werden könnte, die ihn bis in den Ruin treiben würde. In einem Land wie dem unseren dagegen interessiert natürlich am Meisten der Mensch, seine Gesundheit, und deshalb sind die Regularien, die in unsere Forschungszentren in diesem Bereich herrschen, geradezu sensationell.

Der wichtigste Aspekt in dieser Debatte besteht darin, eine Unterscheidung zwischen der Notwendigkeit zu treffen, Regulierungen für die Anwendung der Produkte der wissenschaftlichen Forschung und den Versuchen aufzustellen, um diese zu verbieten.

Abel Hernández Velázquez: Seit langer Zeit sind die Regelungen, die gentechnische Produkte betreffen, äußerst rigide. Bereits von Beginn an ist die Forschungsarbeit in all ihren Prozessen geregelt. Man muss bei der Regulierungsbehörde eine Erlaubnis beantragen. Von der Genehmigung auf kleinen Feldern bis zu ausgedehnten Prozessen ist alles in höchstem Maße Regulierungen unterworfen.

Es gibt Beispiele in der Literatur, die gezeigt haben, das genveränderte Projekte nicht in die Produktion gelangen, weil während der Forschung aufgrund regulatorischer Gesichtspunkte Grenzen auftauchen, da sich diese möglicherweise schädlich für die Umwelt oder für den Menschen erweisen oder sogar giftig sein könnten. Dabei handelt es sich um sehr kontrollierte Prozesse und die regulierenden Instanzen werden respektiert.

Wenn es sich darum handelt, die Einführung eines genveränderten Produktes einer bestimmten Firma zu genehmigen, muss dieses, bevor es durch das Land kommerzialisiert oder angewendet wird, durch die nationalen Regulierungsbehörden genehmigt werden. Dies ist ein unantastbares Vorgehen, beziehungsweise muss der Fall erneut studiert werden.

Dies ist bei den in Kuba zugelassenen oder registrierten Fällen genveränderter Produkte der Fall. Sie mussten ökotoxikologischen Versuchen unterworfen werden, weil sich die mit genveränderten Lebensmitteln verbundene Fauna, die in Kuba registriert wurden, ganz offensichtlich von der anderer Länder wie den USA oder Brasiliens unterscheidet. Es handelt sich dort um unterschiedliche Tierwelten und daher werden die ökotoxilogischen Studien auf unveränderliche Weise vor der Genehmigung eines Produktes durchgeführt. Du musst die substantielle Gleichwertigkeit darstellen, musst beweisen, dass das produzierte genveränderte Nahrungsmittel dem ursprünglich angebauten in Bezug auf den Nährwert und die Lebensmitteleigenschaft gleicht, das heißt, dass all diese Bestandteile, ungeachtet der von mir erwähnten toxikologischen Aspekte, reguliert werden.

Das "Wider"

Welche Argumente sprechen gegen diese Technologie?

Abel Hernández Velázquez: Die Vermarktung gentechnisch veränderter Produkte ist aktuell zu sehr monopolisiert. Es gibt Konzerne, die in der Kommerzialisierung gentechnischer veränderter Lebensmittel in der Welt führend sind und die insbesondere bei der Verwendung des Saatgutes geradezu widerrechtliche transnationale Monopole bilden. Dies hat die Reaktion der Zivilgesellschaften hervorgerufen, die insbesondere die ärmsten oder die am wenigsten begünstigten Bevölkerungsschichten betrifft, die unter den Folgen der Monopolisierung des genveränderten Anbaus leiden und so zum Mittelpunkt der Auseinandersetzungen oder zum Streitobjekt solcher Organisationen wie Greenpeace und anderer geworden sind.

Außerdem werden dagegen einige Faktoren im Hinblick auf die Harmlosigkeit und auf die Versuche angeführt, die die Umwelt schädigen könnten; deren Unschädlichkeit gilt jedoch als nachgewiesen. Gentechnische Produkte oder zumindest die wichtigsten davon sind seit über 20 Jahren im Gebrauch und deren Harmlosigkeit ist seither von vielen Wissenschaftlern auf weltweiter Ebene belegt. Dies geschah durch vielerlei hochrangige europäische Regulationsbehörden und US-amerikanische Institutionen, die die Unschädlichkeit genetisch veränderter Organismen für den menschlichen wie den tierischen Verbrauch bewiesen haben.

Dennoch veröffentlichen einige Organisationen und Wissenschaftler immer noch Ergebnisse zweifelhafter Art. Erst vor wenigen Tagen habe ich im Magazin Nature eine Publikation bezüglich einiger in einem italienischen Labor angestellten Untersuchungen gelesen. Dort wurden drei oder vier Artikel veröffentlicht, die besagten, dass es wissenschaftlich bewiesen sei, dass gentechnisch veränderte Futtermittel die tierische Gesundheit verändern könnten; dennoch entdeckten kritische Revisoren dieser Artikel, dass darin in gewissem Maße Täuschungen enthalten waren, beziehungsweise, dass es immer noch gegensätzliche Auffassungen gibt, die grundsätzlich auf dem Mechanismus der Monopolisierung der Produktion beruhen, und andere, die sich auf bestimmte Studien berufen, die jedoch wissenschaftlich nicht bewiesen sind.

Das Schlachtross in dieser Debatte ist der transnationale Konzern Monsanto gewesen. Wird es möglich sein, die Kritiken an einem konkreten Unternehmen wie Monsanto von der Auffassung über genetisch veränderte Organismen zu trennen?

Luis A. Montero Cabrera: Ja, aber das Problem ist eben die Monopolisierung und nicht Monsanto oder irgendein anderes Unternehmen. Wenn sie sich nicht der Technologie bemächtigen und diese nicht zum Selbstzweck erzeugen, dann allerdings werden die Monopole ihren Vorteil daraus ziehen und werden gut verkaufen. Sie werden zum reinen Geschäft und werden keinen Gegensatz zur wahren Wissenschaft bilden, um die Dinge voranzutreiben. Also ich denke, dass eine Überlassung dieses Terrains an die Monopole in Wahrheit bedeutet, nicht zu kämpfen und die Schlacht nicht weiter zu führen.

Ich möchte die Aufmerksamkeit auch noch auf etwas anderes lenken, indem ich von der allgemeinen Philosophie der Technologie in der Landwirtschaft spreche. In vielen Artikeln wird davon berichtet, dass 25 Prozent des in unseren Körpern vorhandenen Stickstoffs dank künstlicher Düngemittel hervorgerufen wurde oder entstanden ist. Die künstlichen Düngemittel waren eine Revolution der chemischen Technologie gegen Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Ihr Herstellungsprozess richtet sich in brutaler Weise gegen die Umwelt. Er bedeutet einen stark erhöhten Verbrauch von fossiler Energie; außerdem besitzen die verwendeten Reaktoren gewisse Anforderungen, weil sie mit sehr hohem Druck arbeiten. Aber wenn man nicht den ganzen Kunstdünger produziert hätte, der im 20. Jahrhundert und im bisherigen Verlauf des 21. Jahrhunderts erzeugt wurde und der in der Zukunft hergestellt werden wird, dann würden vermutlich viele von uns, die wir heute hier sind, in diesem Augenblick nicht existieren, weil es Hungersnöte und Kriege gegeben hätte, die es nicht gestattet hätten, den aktuellen Stand der Weltbevölkerung zu erreichen.

Die Landwirtschaft ist niemals reine Ökologie, sie steht immer unter Einwirkung der Umwelt, obgleich die Düngemittel solch eine schlechte Presse haben. Alle Welt setzt auf die organische Landwirtschaft.

Luis A. Montero Cabrera: Mit der städtischen Landwirtschaft allein sterben wir nur vor Hunger. Man muss Wissenschaft und Technologie betreiben, man muss sie zu nutzen wissen. Wenn man Kunstdünger zu nutzen und in angemessener Weise zu dosieren weiß und ihre Anwendung kontrolliert, dann gibt es keine Probleme. Aber wenn man sie unkontrolliert verwendet und man nicht weiß, was man tut...

Hier kommt die Kultur ins Spiel. Ich habe das ursprüngliche Beispiel der ersten Landwirte genannt. Sie betrieben Raubbau, weil sie nicht wussten, was sie mit der Umwelt anstellten. Der zeitgenössische Mensch muss dafür sorgen, dass die Bevölkerung auf Grund von weisem Denken wächst. Es gibt kein einziges transgenes Produkt, dass erzeugt worden wäre, ohne zu Wissen, was man tut. Nicht einmal das übelste Monopol verkennt, welches seine Zusammensetzung ist und was es zu leisten vermag. Bei der heutigen Technologie kann man wissen, welches die genetischen Bestandteile eines jedweden Produktes dieser Art sind, und natürlich kann man sogar die Auswirkungen vorhersagen, die es haben kann und man kann diese neutralisieren.

Werden Sie denn keinen Omnibus benutzen, weil sie befürchten, dass CO2 in die Atmosphäre gelangt? Nein mein Lieber, Sie suchen eine Form, in der das CO2 die Atmosphäre nicht beeinträchtigt oder verringern die Menge an CO2, denn sie müssen sich ja schließlich fortbewegen.

Der Widerstand gegen genveränderte Produkte kommt zuweilen von Leuten, die keinen Hunger kennen gelernt haben.

Abel Hernández Velázquez: Die Regulationsgremien verlangen die genetische Charakterisierung der Vorgänge, etwas, das bei anderen Arten von Erzeugungsprozessen normalerweise nicht geschieht. So wird eine Kreuzung zur Verbesserung einer Art vorgenommen und dabei nicht gekennzeichnet, wenn dabei tausende von Genen einer Pflanze mit tausenden von Genen einer anderen Pflanze gekreuzt werden.

Dennoch weiß man bei einem genetisch modifizierten Organismus, was man ihm künstlich hinzufügt und was ihn außerdem später auf genetischer Ebene charakterisiert und man kann nachprüfen, was genau dabei vor sich geht. Dies ist etwas, das wir auf akademischer Ebene in Kuba und auch an anderen Orten der Welt häufig debattieren.

Die Konfrontation innerhalb einer Gruppe von Nobelpreisträgern und Greenpeace kommt auf Grund der Produktion von so genanntem Goldreis auf. Greenpeace zieht die Vorteile dieser Reissorte in Zweifel und sagt, dass die adäquateste Lösung daran liege, der Bevölkerung eine gesunde und reichhaltige Ernährung zukommen zu lassen. Was ist Ihr Standpunkt dazu?

Luis A. Montero Cabrera: Heutzutage sind es die transnationalen Konzerne, die die berühmten organischen Lebensmittel kontrollieren. Tatsächlich werden zuweilen bestimmte Lebensmittel als organisch bezeichnet und das ist ein gewaltiger Schwindel, weil es sich dabei um ein Produkt mit höherer Kontamination handeln kann als bei anderen, die einen gewissen Anteil von Technologie enthalten.

Abel Hernández Velázquez: Der Goldreis ist ein Getreide, das seit vielen Jahren Studien unterworfen worden ist. Die genetische Modifizierung erhöht die Produktion von Provitamin A im Saatgut des Reiskorns, das wir essen, ein Element, das in diesem Reiskorn normalerweise nicht enthalten ist. Das Korn wird genetisch modifiziert, um dieses Vitamin zu produzieren.

Luis A. Montero Cabrera: Es gibt bestimmte Vitamine oder Provitamine, die wir Menschen, wie Abel sagt, nicht produzieren und die wir uns letztendlich verschaffen müssen oder deren chemische Basis wir uns wenigstens zuführen müssen, um sie auf biochemischem metabolischem Wege umzuwandeln und so unser Bedürfnis nach ihren Derivaten befriedigen.

Ich sehe dich, weil ich Retinal in meinen Augen habe, und dieses Retinal steckte ursprünglich nicht in mir. Das chemische System des Menschen ist nicht dazu in der Lage, die chemische Struktur herzustellen, auf die es sich stützt. Wir nehmen sie mit gewissen Lebensmitteln zu uns, sie durchläuft die Verdauungskette, gelangt ins Blut und dann erst wandeln wir sie dort, in unseren Zellen um und setzen das daraus entstehende Retinal in das Protein um, das in meinen Augen vorhanden sein muss, um sehen zu können. Wenn du dich nicht mit Karotinen oder mit Provitaminen A ernährst, dann entstehen schwere Probleme, Probleme durch die das gesamte vitale System aus dem Gleichgewicht gerät. Unter anderem kann der Mensch dadurch blind werden.

Um was geht es also? Es gibt nicht viele Nahrungsmittel, die diese Produkte enthalten. Also ist jede zusätzliche Quelle von Karotinen willkommen. Was die Schweizer mit dem Goldreis erreichen wollten war, dem Menschen in seiner Ernährung mehr Karotin zuzuführen. Und sie haben das Patent vergeben, damit jeder, auch die Monopole, ihn produzieren kann. Natürlich kann eine ausgewogene Ernährung dieses Problem lösen, wie die Gegner lästern. Aber wer kann an Orten, wo die einzige Nahrungsquelle Reis sein kann, eine ausgewogene Ernährung garantieren? Diese Philosophie ist nur dann haltbar, wenn Sie einen Supermarkt in der Nähe und das Geld haben, um sich in diesem Supermarkt das Essen zu besorgen, das sie wünschen. Dies ist jedoch nicht die Lage, in der sich die großen Mehrheiten auf dieser Welt befinden. Deshalb ist der Kampf gegen die Monopole, die dieses produzieren können, sehr richtig und sehr vernünftig, damit die entmenschlichenden Konsequenzen vieler Geschäfte vermieden werden; es ist jedoch eine Sache, die negativen Auswirkungen der Monopolisierung zu verhindern und eine andere Sache, dem Wissen die kalte Schulter zu zeigen.

Der Kampf muss sich gegen die Monopolstrategien richten

José Manuel Mulet, Professor und Forscher der Molekular- und Zellbiologie von Pflanzen an der Universität Valencia, versichert, dass die Antigenveränderer genauso wie die Verleugner des Klimawandels seien. Es ist absurd, die gentechnisch veränderten Produkte zu verbieten, wenn ein Leben ohne sie nicht möglich ist, wie er sagt.

Abel Hernández Velázquez: Da stimme ich überein. Gelegentlich gibt es Wissenschaftler, ja auch Presseorgane, die eher die Technologie bekämpfen, wo sie dies doch eher im Hinblick auf die Politik der Monopole tun sollten. Die Technologie ist, was die transgenen Produkte angeht, aus all diesen Gründen als durchaus positiv zu sehen. Dennoch wird der Kampf gegen die transnationalen Saatgutkonzerne häufig mit dem Kampf gegen genveränderte Pflanzen durcheinander gebracht und so geschieht es, dass es sehr schwierig ist, hier vorwärts zu kommen.

Wir haben mit den transnationalen Konzernen nichts zu tun, keiner davon ist hier in Kuba, und es bereitet uns viel Mühe, bei den Forschungsprojekten, die sich mit transgenen Produkten beschäftigen, voranzukommen oder entsprechende Projekte auf dem Land zur Anwendung zu bringen.

In Kuba?

Abel Hernández Velázquez: Sogar in Kuba ist das schwierig, dass heißt in Kuba gibt es wichtige Regulationsinstanzen, die den Gebrauch von genveränderten Produkten bewerten und bewilligen. Dies in die Produktion einzubringen, es zu schaffen, dass der Gebrauch von Transgenen in der kubanischen Landwirtschaft gefördert wird, wenn man weiß, dass dies bei der Getreideproduktion einen wichtigen Einfluss haben kann, ist ziemlich kompliziert.

Luis A. Montero Cabrera: In Kuba gibt es noch ein zusätzliches Problem, denn es gibt hier kein etabliertes nationales System von Wissenschaft und Technologie, von effizienter und aktualisierter Innovation. Das Thema der kubanischen genveränderten Produkte ist ein weiteres Problem dessen, dem Kuba mit dem Vordringen der Innovation in die Wirtschaft und in die gesellschaftliche Wertschöpfung ausgehend vom vorliegenden Wissensstand bereits ausgesetzt ist; eine sehr schwerwiegende Sache.

Trotzdem stellt in diesem Land die Biotechnologie einen Bereich höchster Entwicklung dar, ein Gebiet, dass sich zu einem sehr einflussreichen Sektor in der nationalen Wirtschaft entwickelt hat.

Luis A. Montero Cabrera: Weil dieser Bereich seitens des Staates eine besondere und wichtige Begünstigung erfahren hat. Andere Wissensbereiche, in denen diese Präsenz einer zentralstaatlichen Unterstützung nicht zu verzeichnen war, haben es jedoch eher schwer gehabt. Tatsächlich kann ich dir sagen, dass es hunderte von Preisen der Akademie der Wissenschaften gegeben hat, von denen ein respektabler Anteil auf perfekte Weise hätte anwendbar und äußerst nützlich sein können. Trotzdem schaffen wir es nicht, dies zu nutzen, um wirtschaftlich und gesellschaftlich voranzukommen, weil das nationale Wissenschafts- und Technologiesystem sich auf den jeweiligen Sektor der Bildung, der Wissenschaft und der Technologie beschränkt hat und nicht als der gesamten Gesellschaft inhärent angesehen wurde. Und dies ist in einem System zentralisierter Planung sehr unangemessen.

Die Wissenschaft und die Technologie müssten ebenso ein Problem des Direktors eines Schweinezuchtbetriebes wie des Direktors des CIGB sein, aber dies wird aus wissenschaftlichen Gründen nur vom CIGB und nicht vom Direktor des Schweinezuchtbetriebes verlangt. Vom Direktor der Schweinezucht wird gefordert, dass er den Plan für Schweinefleisch und von der [Eisenhütte] Antillana de Acero, dass sie den Plan für Baustahl erfüllt. Von keinem von beiden wird verlangt, dass sie dies aufgrund der Anwendung neuer Erkenntnisse leisten und ihre Wertschöpfung durch Innovation erzielen. Letzteres ist immer mit Risiken verbunden, unternehmerische Einstellungen sind immer riskant und es macht Mühe, diese in einen zentralisierten Plan umzusetzen, sie in "Richtwerte" zu verwandeln. Ohne Unternehmergeist jedoch stagnieren die Volkswirtschaften, wachsen nicht, schaffen es niemals, die Bedürfnisse des Fortschrittes der Gesellschaft zu befriedigen.

Die Vision Kubas

Was ist die Ansicht Kubas hinsichtlich der Transgene?

Abel Hernández Velázquez: Wir haben kürzlich einen an Akademiker der Landwirtschaftssektion der kubanischen Akademie der Wissenschaften gerichteten Workshop zum Thema der genetisch veränderten Organismen auf weltweiter und nationaler Ebene veranstaltet. Dieser fand im April mit Unterstützung des Instituts für Tierwissenschaft (Instituto de Ciencia Animal - ICA) und des CIGB statt, zu dem alle Akademiker der Agrarsektion eingeladen wurden. In Kuba erfüllen wir die Gesetzgebung des Landes. Kuba besitzt ein verabschiedetes Gesetz zur biologischen Sicherheit, das festlegt, was der Mechanismus zur Eingliederung genetisch modifizierter Organismen im Lande zu sein hat.

Dieser Anweisung folgend haben wir zur Zeit zwei im Sortenregister zugelassene transgene Linien von Soja, eine transgene Linie von Mais und drei transgene Maishybride. Wir befinden uns außerdem in der Entwicklungsphase dreier neue Linien von transgenem Soja und wir müssen außerdem im nächsten Jahr die ersten transgenen Maishybride registrieren, bei denen wir in die Produktion einsteigen möchten.

Was sind deren Vorteile?

Abel Hernández Velázquez: Zum Beispiel wurde der registrierte Mais in Kuba zwischen 2009 und 2011 auf 2.000 Hektar angebaut und hat sehr gute Erträge von mehr als drei oder vier Tonnen pro Hektar erzielt, obwohl es sich um eine Variante handelte, die nicht zum am meisten verbreiten Produktionssystem der Welt gehört. Was normalerweise weltweit als Maistechnologie angewandt wird, ist eine Hybridtechnologie, die wir nun gemeinsam mit anderen Instituten des Landes einzuführen versuchen: die Erzeugung von Hybriden, die - ob genverändert oder nicht - zu höheren Produktionsniveaus beitragen.

Im Grunde ergeben die Transgene im Falle des Mais einen Mais, der resistent gegen Herbizide ist; das heißt, dass du große Flächen bepflanzen kannst und nachher setzt du zur Kontrolle von Unkraut ein Herbizid ein. Eines der grundlegenden Probleme, das in Kuba bei der Maisproduktion besteht, ist der Gestrüppbewuchs [Marabu]. Und ein weiteres der Probleme, die dadurch kontrolliert werden, liegt darin, dass dieser Mais gegen eine der Maisplagen, den Eulenfalter [eine Schädlingsmotte], resistent ist, was für eine beträchtliche Steigerung der Erträge sorgt.

Wir haben es geschafft, ausgehend von der Versuchsparzelle des CIGB, einen Ertrag von sieben oder acht Tonnen pro Hektar zu erzielen, während in Kuba sonst vom Nationalen Statistikbüro etwa um die 2,5 Tonnen pro Hektar registriert werden. Man wird sehen müssen, ob dieser Ertrag bei Ausdehnung auf größere Parzellen ein wenig variiert, aber wir setzen darauf, dass diese Sorte auf produktiver Ebene mindestens etwa fünf Tonnen pro Hektar produziert, was die Maisproduktion in Kuba erheblich erhöhen würde.

Luis A. Montero Cabrera: Gestatte mir eine kleine Klarstellung. Worin liegt das Problem der Herbizide und des Mais? Der Mais ist genau wie die Mehrzahl der Unkräuter eine Graspflanze. Wenn du also ein Herbizid hast, das Graspflanzen tötet, tötet es Gras und tötet es Mais. Wenn du es also schaffst, dass dieser Mais nicht aufgrund des normalen Graspflanzenherbizides stirbt, vernichtest du nur die Unkräuter und lässt dem Mais all die Nährstoffe übrig, die dieses Unkraut ihm sonst wegnimmt. Natürlich müssen Herbizide unter Normen und Regulationen angewandt werden, und es kann sich um künstliche Herbizide handeln. Eine gute Technologie nutzt alles, eine gute Technologie lässt nichts ungenutzt und schädigt die Umwelt nur minimal und kontrolliert, weil dies eine Voraussetzung dafür ist, eine gute Technologie zu besitzen. Um eine gute Technologie handelt es sich, wenn man sie in einer Weise zu nutzen weiß, dass sich die Vorteile maximieren und die Schäden minimieren lassen.

Abel Hernández Velázquez: Da gibt es noch etwas. Die Ernte muss in einem Gebiet durchgeführt werden, das durch einen großen Produktionsumfang wirklichen Nutzen aus der Technologie zieht. Von Mikroparzellen kann diese Welt nicht leben. Auf einer Parzelle kann der Bauer selbst das Unkraut kontrollieren, aber um eine ganze Bevölkerung zu ernähren, werden große Bodenflächen benötigt. Wir haben Kornpools im Land, die mehr als 10.000 und bis zu 15.000 Hektar an Boden umfassen und die über Investitionsprozesse bereits mit Bewässerungssystemen versehen werden. Es ist fast unmöglich, das Unkraut mit der Hacke oder unter Anwendung von Herbiziden zu kontrollieren, die nicht so leistungsfähig sind wie diese. Außerdem wird der Prozess der Maisernte sehr erleichtert, sobald man Maschinen einsetzt, weil dann alles mechanisiert stattfinden muss. Der Unkrautbewuchs schädigt das Funktionieren der Maschinen und sorgt dafür, dass bei der Ernte Erträge verloren gehen. Mit anderen Worten, das Unkraut zu kontrollieren ist für eine groß angelegte Maisproduktion in Kuba fundamental.

Luis A. Montero Cabrera: In den Tropen ist das entscheidend. In den klimatisch gemäßigten Ländern sät man den Mais aus und muss das Unkraut kontrollieren, aber die klimatischen Bedingungen als solche sind für dessen Verbreitung nicht förderlich. Hier jedoch kommt er überall im kleinsten Moment zum Vorschein. Du kannst eine ganze Landfläche kahl rasieren, alles mit Schwefelsäure abtöten und schon drei Wochen später ist alles wieder voll mit Unkraut. So ist das nun mal in den Tropen. Das Leben besitzt eine Tendenz zu größerer Vielfalt, weil in ihrem Umfeld größere Energie vorhanden ist und die natürliche Umgebungsfertilität ganz immens ist. Warum ist das Zuckerrohr in Kuba so erfolgreich? Weil es, wenn es erst einmal keimt und wächst, das unkrautartigste aller Unkräuter ist. Deshalb ist es so effizient, und ich bin davon überzeugt, dass das Zuckerrohr in der Zukunft so effizient sein wird, wie es sich Che erträumt hat. Und was den Mais angeht, so schreitet eine massive Maisproduktion nicht voran, wenn man die Technologie nicht nutzt. Soweit ich verstanden habe, nutzen wir bereits ziemlich viel transgenen Mais. Auch wenn wir gutes Maismehl mit argentinischem Mehl herstellen, dann geschieht dies auf transgener Grundlage.

Abel Hernández Velázquez: 30 Prozent des weltweit gehandelten Mais ist gentechnisch verändert, ganz zu Schweigen von Soja, wo es sich um fast 80 Prozent handelt.

Die transgenen Produkte sind keine Monster

Monsanto ist und bleibt eines der Unternehmen, die auf weltweiter Ebene die meisten Kontroversen hervorgerufen haben. In Mexiko haben die Umweltschützer sich wild entschlossen der Produktion von dessen transgenem Mais widersetzt. Sie führen an, dass dessen Produkte eine Gefahr für die menschliche Gesundheit, für Tiere, Pflanzen und für die Umwelt im Allgemeinen darstellen, und es scheint ganz so, dass eine Kluft existiert zwischen dem, was die Wissenschaftler vertreten und dem was die Bürger in dieser Angelegenheit meinen. Wie gedenken Sie das breite Publikum davon zu überzeugen, dass die transgenen Produkte keine Monster sind?

Luis A. Montero Cabrera: In Mexiko hat der Freihandelsvertrag NAFTA mehr als Monsanto dafür gesorgt, die Wettbewerbsfähigkeit zu vernichten. Ich habe den Eindruck, dass man, wenn man ein Freihandelsschema etabliert, sehr genau bewerten muss, was man für Vorteile und Nachteile dadurch hat. Wenn der mexikanische Bauer gegenüber dem nordamerikanischen Farmer technologisch im Nachteil ist, und außerdem in der Konkurrenz des mexikanischen mit dem nordamerikanischen Mais nicht subventioniert wird… dann handelt es sich um den Kampf eines Löwen gegen einen Affen, wobei der Affe auch noch festgebunden ist. Das ist nicht nur ein Problem von Monsanto, das ist nur die physische Seite des Problems und kann ein Gesicht zeigen, das in der Tat monopolistische Praktiken aufweist.

Ich persönlich besitze keinerlei Information darüber und möchte a priori kein Kriterium dazu äußern, für das ich mich nicht verantworten könnte. Ich denke aber, dass alle Monopole offensichtlich ein kommunikatives Gesicht zeigen, und dieses kann sich in vielfältiger Weise manifestieren. Die verstehen es sehr gut, sich zu verteidigen. Unglücklicherweise besitzen Wissenschaft und Technik in unseren Gesellschaften keine sehr guten Verteidiger.

Während die Biotechnologen als eine Art von Zauberlehrlingen erscheinen…

Luis A. Montero Cabrera: Es gibt viele Glaubensvorstellungen, die viel von einer falschen Spiritualität im Hinblick auf diese Dinge an sich haben. Es macht vielen Leuten keine Sorgen, dass jemand einem Schaukelstuhl, der sich im Wind von selbst bewegt, etwas Übernatürliches beimisst. Dennoch kann es ihnen Probleme bereiten, wenn Sie etwas entwickeln, dass neuartig und bahnbrechend erscheinen mag, und dies selbst wenn Sie genau wissen, was Sie tun, indem es Ihnen gelingt, Güter für Ihre Mitmenschen zu produzieren.

Medien wie die mexikanische Tageszeitung La Jornada sprechen zum Beispiel davon, dass diese Polemik auch eine Art Reinkarnation der Heiligen Inquisition sichtbar gemacht habe, der Art von Institutionen, die zur selben Zeit, zu der sie sich den wissenschaftlichen Fortschritten entgegen stellen, die Enzykliken des Vatikan bezüglich der Umwelt unterstützen.

Luis A. Montero Cabrera: Ich kann nicht gegen ernsthafte Glaubensüberzeugungen Stellung beziehen, die ich absolut respektiere; was jedoch keinesfalls geschehen darf ist, dass jemand etwas, was du nachgewiesen hast und was durch Dritte dahingehend bestätigt worden ist, dass in dem was du sagst eine offensichtliche und beweiskräftige Wahrheit liegt, ausgehend von einem Glauben zu leugnen vermag. Was Glaubensüberzeugungen angeht, so hat jedermann das Recht solche zu haben, aber niemand hat das Recht einem anderen seinen persönlichen Glauben aufzuzwingen. Trotzdem sind alle wissenschaftlichen Wahrheiten beweisbar, und wenn sie sich nicht für alle als solche darstellen, dann handelt es sich nicht um wissenschaftliche Wahrheiten.

Was die transgenen Produkte angeht, so ist alles, was getan werden musste, um derartige Dinge von Seiten jedweder Organisationen - einschließlich der Monopole - voranzutreiben, sehr belastbar gewesen und ist stets mit Überprüfung Dritter geschehen. Dies ist eine sehr gesunde Norm für die Wissenschaft, und ich würde sagen nicht nur für die Wissenschaft. Wenn nur die Bewertung durch unabhängige Dritte bei vielen Gesichtspunkten des Lebens angewandt würde, da häufig das persönliche Ermessen von irgendjemanden darüber entscheiden kann, ob eine Sache getan wird oder nicht, wobei dieses persönliche Belieben oder Kriterium nicht auf angemessene Weise durch unabhängige Dritte bewertet worden ist, bei denen es sich nicht um Leute handelt, die dafür oder dagegen sind, sondern die die Sache beurteilen können. Können auf diese Weise nicht auch Fehler passieren? Ja, natürlich, aber das ist doch viel besser, als wenn ein bestimmter wissenschaftlicher, technologischer oder innovativer Fortschritt einfach nur aufgrund der Präferenz des Direktors oder des Geschäftsführers implementiert wird.

Es geht darum, dass uns dies nicht auch zu einer Art entgegen gesetztem Fundamentalismus führen darf, zu dem Gedanken, dass wir die Umwelt zerstören können, weil wir ja auf jeden Fall die Biotechnologen haben werden, die den Planeten wieder herstellen.

Luis A. Montero Cabrera: Natürlich ist dies nicht akzeptabel, denn von der Umwelt hängt unser Leben ab. Die ersten Landwirte mussten Wälder abholzen, aber sie säten, um das Leben zu erhalten, weil die Jagd und die Fischerei nicht ausreichten.

Abel Hernández Velázquez: Wenn von Fundamentalismus die Rede ist, dann ist dies etwas dessen man uns bezichtigt, wenn wir diese Technologie anwenden. Wir denken jedoch nicht, dass wir mit transgenen Produkten die Angelegenheit der Landwirtschaft in Kuba werden lösen können. Wir denken nicht, dass dies eine Technologie sein kann, die das Problem löst; dennoch kann sie eine Lösung unter vielen sein. Darauf basierend tragen wir stets deren Präsentationen und deren Verteidigung vor. Vor allem handelt es sich um eine Technologie, die an vielen hochtechnisierten Produktivpolen einen Beitrag leisten kann, und zwar dort, wo sich der reale Ertrag dem potentiellen Ertrag der transgenen Variante annähert, die ganz und gar mechanisiert sein wird. Dies ist die von uns verfolgte Idee, die wir mit dem Beitrag der Forschungszentren des landwirtschaftlichen Bereichs verbinden wollen, der sich von den Entwicklungen im biomedizinischen Bereich unterscheidet.

Im CIGB haben wir einen starken biomedizinischen Sektor, der große Auswirkungen auf die Gesundheit hat, während es uns jedoch in der landwirtschaftlichen Praxis sehr viel mehr Mühe bereitet, die Produkte zur Anwendung zu bringen.

Warum?

Luis A. Montero Cabrera: Der landwirtschaftliche Teil ist aus Sicht der Entscheider weniger geschützt, was die Einführung von Resultaten angeht. Die in unserem Gesundheitssystem allgemein verbreitete wissenschaftliche Kultur ermöglicht der Biomedizin eine generell gute Akzeptanz. Es ist paradox, dass die landwirtschaftliche Seite versucht, ihre Produktion zu steigern und die wissenschaftlichen Ergebnisse, die dazu beitragen könnten, diese Resultate zu verbessern, in dem entsprechenden ökonomischen Sektor nicht in ihrer Gesamtheit gewürdigt werden. Das kann ein Problem der wirtschaftlichen Organisation, aber auch der wissenschaftlich-technologischen Organisation des Landes sein. Dies deutet auf eine Deformation unserer Wirtschaft hin, was ein anderes Problem darstellt. Dabei geht es nicht nur um die Landwirtschaft, sondern auch um die Industrie und um das Leben insgesamt.

Noch eine ein wenig technische Frage, um uns zumindest ins Bild zu setzen: kann man jedwede Pflanze gentechnisch verändern?

Abel Hernández Velázquez: Es gibt Methoden zur Veränderung vieler Arten. Hier in Kuba sind viele davon untersucht worden, so gibt es transgene Süßkartoffeln, transgene Tomaten, transgenen Reis, kurzum wir haben auf Laborebene viele Arten getestet. Nicht nur im CIGB werden Transgene erzeugt, da gibt es auch noch das Biopflanzeninstitut in Villa Clara, das pflanzliche Transgenesen durchführt. Der einzige Unterschied zwischen den so genannten genveränderten Produkten und dem, was diese Zentren machen, besteht in der Art und Weise, in der man die Wissenschaft handhabt.

Und könnte daraus eine Art Frankenstein entstehen?

Luis A. Montero Cabrera: Ja, aber dafür gibt es regulatorische und ethische Normen. Wenn du eine normative Regel aufstellst, dass man an Menschen keine genverändernden Experimente vornehmen darf, dann ist das so. Aus wissenschaftlicher Sicht kann man sie nicht vornehmen? Aber doch, sehr wohl. Heutzutage ist es durchaus üblich, dass Leute eine bestimmte Summe dafür bezahlen, dass ihr genetischer Code untersucht wird, und es kann geschehen, dass jemand sagt, ich besitze einen genetischen Code, der in der betreffenden Frage zutrifft, und es kann geschehen, dass diese Person danach verlangt, dass etwas an ihrem genetischen Code modifiziert werden sollte. Und sollte dies jetzt noch nicht möglich sein, dann wird es dies in sehr kurzer Zeit sein. Hier kommt die Ethik ins Spiel. Die ethischen Codizes, die Normen des gesellschaftlichen Zusammenlebens, die genauso auch für andere Dinge funktionieren, wie zum Beispiel nicht zu stehlen, nicht zu töten. Es gibt Gesellschaften, in denen der Gebrauch von Waffen allgemein verbreitet ist und wenn dazu noch die Ethik fehlt, dann werden diese dazu angewandt, Unschuldige zu töten. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Menschheit auf den Gebrauch von Feuerwaffen verzichten sollte, weil man diese auch dazu verwenden kann, um sich zu verteidigen, und daher legt die Ethik zum Beispiel in Kuba fest, dass die Streitkräfte derartige Waffen besitzen, um das Land zu verteidigen.

Also gibt es diese Beschränkung, um die Gesellschaft vor einem unethischen Waffengebrauch zu schützen, was aber nicht bedeutet, Waffen generell zu verbieten. Du hast Waffen, um dich zu verteidigen, aber das Problem besteht darin zu wissen, mit den Dingen umzugehen und der Erkenntnis in angemessener Weise die Ehre zu erweisen.

Ich habe hier offensichtlich zwei leidenschaftliche Verfechter der Genveränderung vor mir, und wir nähern uns dem Ende des Gespräches. Ich hätte es gerne, dass jeder von Ihnen dem Kubaner, dem Zuhörer in jedem Teil des Planeten, der uns zuhört, ins Ohr sagt, welche Werte Kuba zu dieser Entwicklung im Rahmen dieser Prinzipien beitragen kann, die Sie verteidigen, und zwar auf eine Weise, in der diese Welt für alle ein wenig lebenswerter gemacht werden kann.

Abel Hernández Velázquez: Wie in allen Zweigen der Wissenschaft strebt die Anwendung der wissenschaftlichen Errungenschaften danach, das Leben der Menschen unter jeglichem Gesichtspunkt zu verbessern. Im vorliegenden Fall stehen wir vor einem Problem, an dem wir ganz besonders arbeiten und das darin besteht, den Getreideimport nach Kuba zu ersetzen, was für die Ernährung der Kubaner von grundlegender Bedeutung ist. Wir haben im vergangenen Jahr Mais und Soja im Wert von 500 Millionen Dollar importiert, was einen enormen Wert darstellt, und trotz allem reicht dies nicht aus. Grundsätzlich arbeiten wir in allen Forschungszentren an dieser Frage: wissenschaftliche Ergebnisse zu entwickeln, die dazu beitragen können, Importe zu reduzieren. Und zugleich erzielen wir transgene Resultate, die Wissenschaftsprobleme im weltweiten Maßstab lösen können. Wir sind dabei transgene Erscheinungen zu bewerten, die Befunde hervorbringen, die sich gegen eine der hauptsächlichen Plagen richten, die zur Zeit das Soja schädigen, nämlich die asiatische Rotfäule. Wir verzeichnen mittels Transgenese Ergebnisse im Bereich der Züchtung einer Sojaart, die gegen diese Rotfäule resistent ist, was ein effizienter Weg sein kann, um dieses Problem zu lösen, das im Weltmaßstab einen Gutteil des Sojas vernichtet.

Luis A. Montero Cabrera: Ein Beitrag wäre es, das Monopol bei der Herstellung dieser Produkte zu durchbrechen. Wenn doch nur viele Länder dieser Welt ohne Monopolinteressen auch transgene Produkte produzieren und es damit ermöglichen würden, dass diese so effiziente, so humane, so positive Technologie - auf adäquate Weise eingesetzt, weil jede Technologie auf diese Art eingesetzt werden müsste – Monopole bräche und es sogar erlauben würde, mit diesen zu konkurrieren, und dass die Monopole sich dazu gezwungen sähen, sich ethischer oder humaner zu verhalten.

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