Costa Rica

Kommunalregierungen Costa Ricas fordern Moratorium für Ananasproduktion

Monokulturen gefährden Umwelt, Gesundheit und kleinbäuerliche Wirtschaft

In Costa Rica werden die Stimmen gegen die voranschreitende Ananasproduktion in Monokultur lauter. Am vergangenen Wochenende kamen die Kommunalregierungen verschiedener Karibikkantone zusammen, um gemeinsame Strategien gegen den geplanten Ausbau von Ananasplantagen zu entwickeln und akut bedrohte Gemeinden zu unterstützen. Die Kommunalregierungen fordern von der Regierung Laura Chinchillas ein gesamt-nationales Moratorium für die Produktion von Ananasmonokulturen.

Für einige der Karibikgemeinden stellt die Anlage von Ananasmonokulturen seit Jahren eine Bedrohung dar. So begann das Fruchtunternehmen Grupo ACÓN bereits im Jahr 2006 mit der Trockenlegung des Bodens und weiteren Vorbereitungsarbeiten für die Ananasproduktion in dem Ort Santa Rosa de la Rita de Pococí. Das Unternehmen ACÓN besitzt in ganz Costa Rica 20 Ananasplantagen und steigt derzeit zum nationalen Hauptproduzenten von Ananas auf. Durch den Widerstand der Gemeinde musste das Unternehmen jedoch vorerst seine Arbeiten stoppen.

Die Regierung des Nachbarkantones Guácimo konnte ab dem Jahr 2008 ein Moratorium für geplante oder im Aufbau begriffene Ananasplantagen erwirken. Die Produktion auf bereits bestehenden Plantagen konnte jedoch damit nicht zum Stillstand gebracht werden. Die Ratsvorsitzende des Kantones Guácimo, Herlinda Quesada, beschwert sich über die abwehrende Haltung der Regierung: "Wir wollen, dass die Regierung ein zumindest temporäres Moratorium auf nationaler Ebene erlässt, so dass Zeit bleibt, den Wasser- und Bodenzustand und die Lebensbedingungen der Bevölkerung in den betroffenen Regionen zu untersuchen. Aber die Regierung wehrt unsere Vorschläge ab. Unsere Gemeinden hingegen werden solidarisch füreinander eintreten und die Kommunalregierungen werden gemeinsam eine Petition bei der Zentralregierung einreichen." Die Ratsvorsitzenden werden nun dem staatlichen Institut für ländliche Entwicklung (Instituto de Desarollo Agrario, IDA) vorschlagen, dem Unternehmen ACÓN die Grundstücke wieder abzukaufen und diese dann an die Kleinbauern zu verpachten.

In den vergangenen Monaten hatten die Kommunen bereits Maßnahmen ergriffen, die die Vorgehensweise der Grupo ACÓN auf Rechtmäßigkeit prüfen. Die Gemeinde Santa Rosa de la Rita de Pococí lässt zur Zeit die vom Unternehmen vorgelegten Machbarkeitsstudien zum geplanten Vorhaben von der Universität zu Costa Rica (UCR) überprüfen. Das Technische Umweltamt SETENA (Secretaría Técnica Ambiental) hatte zwar die Studien der Grupo ACÓN verifiziert, das Amt hatte aber in jüngster Vergangenheit aufgrund fehlerhafter Vorgehensweisen bei anderen Großprojekten stark an Glaubwürdigkeit verloren. Mauricio Álvarez, Dozent für Geografie an der UCR, kündigte an, dass die hydrologischen Studien und die Untersuchungen zu den Auswirkungen auf die Umwelt in seinem Institut noch einmal überprüft werden: "Wir werden uns anschauen, ob die Gesetze zum Schutz von Wasser und Gesundheit tatsächlich eingehalten werden können. Immerhin soll im Falle von Santa Rosa die Ananasplantage direkt neben dem Ort entstehen, das heißt, in unmittelbarer Nähe zur Schule, zum Gesundheitszentrum, zur Kirche und zum Gemeindesaal", so Álvarez.

In Costa Rica expandiert die Ananasproduktion seit Jahren. Immer mehr Land wird zur Produktion der "Südfrüchte" in Anspruch genommen. Durch das Besprühen gelangen Pestizide und Herbizide wie Diuron und Bromacil ins Grundwasser. Bei den üblicherweise starken Regenfällen breiten sie sich zudem oberflächlich weit aus. Experten wie Mauricio Álvarez unterstützen deshalb die Kommunen in ihren Forderungen: "Die Menschen dort haben vor allem Angst vor der Wasserverschmutzung. Einige Gemeinden, in deren Nähe Ananas in Monokulturen angebaut wird, bekommen seit Jahren ihr Trinkwasser in Tanklastwagen geliefert. Diese Wasserlieferungen sind sehr teuer und werden mit öffentlichen Geldern bezahlt."

Die Wasserlieferungen stellen außerdem für die Gemeinden meistens keine Lösung dar. Die Tanklastwagen, die ein bis zwei Mal in der Woche die Ortschaften erreichen, bringen oftmals nicht genug Wasser für alle Bewohner. Die Menschen trinken demzufolge doch aus dem Hahn oder kaufen teure Erfrischungsgetränke. Und es wird eben nur Trinkwasser geliefert. Für den Verbrauch, der darüber hinaus geht, müssen die Bewohner das Wasser benutzen, dass ihnen vor Ort zur Verfügung steht. Körperpflege und Wäschewaschen werden damit zu einem riesigen Problem. Hautkrankheiten, Pilzinfektionen, Bluthochdruck bereits mit jungen Jahren, Allergien und Krebserkrankungen nehmen in den betroffenen Gebieten stetig zu. Auch bei der Bewässerung ihrer Gärten gehen die Anwohner ein hohes gesundheitliches Risiko ein. Hinzu kommt ein unerträglicher Gestank des Wassers, der den Alltag der Anwohner begleitet.

Im Kampf der Gemeinden geht es nicht nur um die Wasserbelastungen, sondern auch um die Landverteilung. Die Kleinbauern werden von ihren Grundstücken vertrieben, um Platz für die Ananasplantagen zu machen. Das Unternehmen ACÓN besitzt beispielsweise in Santa Rosa um die 60.000 Hektar Land, das vormals Kleinbauern und mittelgroßen Unternehmen gehörte. Mit dem Ausverkauf des Landes bricht die kleinbäuerliche Wirtschaft zusammen und die Ernährungssouveränität wird gefährdet. Der Anbau der Monokultur nimmt anderen Lebensmitteln wie Reis, Bohnen, Fleisch und Knollenfrüchten, die zur täglichen costaricanischen Kost gehören, den Raum. Bauern werden infolge der Umstrukturierungen zu Lohnarbeitern.

Nicht zuletzt deswegen fordern die Gemeinderäte von der Regierung Chinchilla ein gesamt-nationales Moratorium und zumindest die Unterbindung der weiteren Expansion von Ananasplantagen.