Ermittlungen gegen DAS in Europa

Eine Gruppe von EU-Abgeordneten ruft dazu auf, weitere Details einer verdeckten Operation des kolumbianischen Geheimdienstes (DAS) aufzuklären, deren Ziel es ist, die Autorität des Europäischen Parlaments zu untergraben.

Kürzlich veröffentlichte Dokumente, die beim DAS durch die kolumbianische Generalstaatsanwaltschaft beschlagnahmt worden waren, beleuchten die Inhalte einer "Operation Europa." Die Aktion umfasst das Abhören von Telefongesprächen und das Abfangen von E-Mails in Europa.

Ziel des kolumbianischen Geheimdienstes sei es, "den Einfluss der europäischen Justiz, des Menschenrechtsausschuss des Europäischen Parlaments und des Büros des Hochkommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte zu neutralisieren", heißt es in den Dokumenten, die euobserver.com eingesehen hat.

Der Text deutet darauf hin, dass die Diskreditierung dieser Institutionen, als ein "juristischer Krieg“ durchgeführt werden soll. Die Nachricht, dass der kolumbianische Geheimdienst nationale und internationale Menschenrechtsaktivisten, NGOs und demokratische Organisationen im Rahmen einer "Operation Europa" zum Ziel hat, war nur ein Aspekt eines von den kolumbianischen Medien im Frühjahr 2009 aufgedeckten Geheimdienstskandals.

Als sich der Skandal auswuchs, kündigte der amtierende rechte Präsident Álvaro Uribe neue Gesetzesvorschriften und eine grundlegende Umstrukturierung des umstrittenen Geheimdienstes an, um die öffentliche Kritik einzudämmen. Das neue Geheimdienstgesetz muss noch durch den Gesetzgeber des Landes genehmigt werden.

Aber eine Gruppe von Abgeordneten, vor allem aus der Fraktion der Grünen im Europäischen Parlament, halten dies für nicht ausreichend und befürchten, dass die Geheimdienst-Kampagne, die Überwachung und Einschüchterung gegen Kritiker, einfach unter anderen Vorzeichen weitergeführt werde.

Ihr Anliegen wird unter anderem von einer kolumbianischen Juristen-Kommission und von einer Gruppe Menschenrechtsaktivisten unterstützt, die argumentieren, dass das Gesetz zur Geheimdienstkontrolle keine "angemessene, wirksame und unabhängige Aufsicht über nachrichtendienstliche Aktivitäten" etabliert.

Die Grüne Europa-Abgeordnete Ulrike Lunacek war daran beteiligt, Anfragen an die Europäische Kommission und den Ministerrat zu stellen. Sie sagt, die Antworten, die sie von dieser Seite erhalten hat, seien "nicht zufrieden stellend."

In Reaktion auf die Anfragen hatte die Kommission letzten Monat erklärt, dass "sehr wohl Berichte über illegale Spionage durch das DAS" vorliegen und dass man die Angelegenheit mehrfach mit den kolumbianischen Behörden erörtert habe.

Die EU-Exekutive geht davon aus, dass die aktuelle Untersuchung, welche durch die kolumbianische Generalstaatsanwaltschaft und den Ombudsmann geführt wird, zu einem neuen Gesetzentwurf, zur Auflösung des DAS und der Einrichtung eines neuen Geheimdienstes führt.

Andere wollen jedoch mehr.

"Es sollte eine umfassende polizeiliche und juristische Untersuchung der Verbrechen geben", sagte der Mitte-Links-Abgeordnete Richard Howitt. "Alle von uns auf der Ebene der Mitgliedstaaten und innerhalb der europäischen Institutionen sollten sich verantwortlich dafür einsetzen, sicherzustellen, dass eine solche Untersuchungen durchgeführt wird."

Hoffnungen auf die belgische Präsidentschaft

Unzufrieden mit dem aktuellen Stand der Maßnahmen, erklärte Frau Lunacek, sie habe größere Hoffnungen in die nächsten sechs Monate, wenn Spanien im Rahmen der rotierenden Präsidentschaft der EU am 1. Juli ersetzt wird.

"Die spanische Regierung hat sehr zu Gunsten des Freihandelsabkommens mit Kolumbien eingesetzt [im Mai unterzeichnet], und wollte nichts unternehmen, was dies gefährdet", so die österreichische Abgeordnete gegenüber euobserver.com. "Aber dann werden die Belgier den Vorsitz übernehmen, und sie haben die Bürger, die erwiesenermaßen zum Opfer der Abhöraktionen durch das DAS wurden."

Einer der belgischen Bürger, die davon ausgehen, Opfer der DAS-Aktivitäten zu sein, ist Paul-Emile Dupret, politischer Berater der Vereinigten Europäischen Linken (GUE). "Mein Name wird in den DAS-Dateien mehrmals erwähnt", sagt er und glaubt, dass dies auf die Beteiligung seiner Organisation an den Protesten gegen Uribe im Jahr 2004 zurückgeht, als der kolumbianische Präsident das Europäische Parlament besuchte.

Mehrere Monate nach dem Protest wurde Dupret nach der Landung in den Vereinigten Staaten verhaftet. "Ich wurde verhört, als ich landete, kam ich für 24 Stunden ins Gefängnis, und man stellte Dutzende Fragen zu meinen Ansichten über Kolumbien", sagt er. "Seitdem ist meine Rückkehr in die USA verhindert worden. Sie halten mich jetzt für einen Terroristen."

Die engen Beziehungen zwischen Washington und Bogotá sind bekannt.

Der belgische Staatsbürger arbeitet derzeit mit einer Gruppe von anderen Opfern und einem Team von Anwälten daran, ihren kollektiven Fall gegen den kolumbianischen Geheimdienst als erste europäische Bürger im Juli vor einem belgischen Gericht zu präsentieren.

Einige weitere europäische NGOs gehen ebenfalls davon aus, das Ziel einer konzertierten Aktion geworden zu sein, um ihre Aktivitäten zu diskreditieren und ihren Ruf schädigen können. Unter ihnen ist die belgischen NGO Broederlijk Delen, deren Vertreterin Patricia Verbauwhede in dieser Woche an einer Pressekonferenz im EU-Parlament teilnahm.

"Die EU muss sich zum DAS äußern", forderte sie. "Wir verlangen eine Untersuchung des DAS auf europäischem Boden, und wir gehen davon aus, dass die EU das Freihandelsabkommen mit Kolumbien nicht nicht abschließen sollte."

Bisher haben weder diese Forderungen noch die Untersuchungen Ergebnisse gezeitigt.


Übersetzung mit Genehmigung des Autoren