Problematische Landrückgabe an Vertriebene

Vertriebene in Kolumbien unzufrieden mit Gesetzentwurf zur Landrückgabe. Santos Entwicklungsplan fördert Landkonzentration

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Logo des "Nationalen Komitees der Opfer"
Logo des "Nationalen Komitees der Opfer"

Bogotá. Diese Woche startete im kolumbianischen Parlament die Debatte über das "Gesetz zu Opfer und Land", das die Rückgabe geraubter Ländereien an Binnenvertriebene verspricht. Das "unverzichtbare Minimum" zu einer fairen Landrückgabe sei allerdings in dem Entwurf des Gesetzes nicht vorhanden, beklagte ein Kommuniqué des "Nationalen Komitees der Opfer".

Die Kommission zur Überwachung der Politik für Vertriebene begrüßte, dass die Rechte der Opfer des bewaffneten Konflikts überhaupt einen Platz auf der Agenda von Santos Regierung gefunden haben. Trotzdem befürchtet der Ausschuss, dass insbesondere einige juristische Figuren des Gesetzes den Opfern eher schaden könnten. Eine von ihnen berücksichtigt, dass aktuelle Nutzer weggenommener Grundstücke diese weiter nutzen dürfen, solange sie den entsprechenden Besitz "in Treu und Glauben" bekommen haben. Die Vertriebenen würden dann ein regelmäßiges Einkommen als Kompensation erhalten. Diese Prozedur führe schließlich zur Legalisierung von Landaneignungen, die mittels Strohmänner durchgeführt wurden, versicherte die Kommission. Außerdem seien "unmögliche Rückerstattungen" von Ländereien vorgesehen, wenn die geraubten Äcker aktuell der "Gemeinnützlichkeit" durch Megaprojekte dienen. Die Kommission erinnerte daran, dass viele Megaprojekte direkt für Vertreibung verantwortlich seien.

Schon im September 2010 verkündete Präsident Santos die Absicht, zwei Millionen Hektar geraubten Landes innerhalb von zwei Jahren ihren legitimen Besitzern zurückzugeben. Dieser Vorsatz sei nur ernst zu nehmen, wenn die Streitkräfte mit "der traditionellen Parteilichkeit zugunsten der Großgrundbesitzer brechen" und die Regierung die korrupten Beziehungen der Armee zum Paramilitarismus unterbindet. Denn die Nutznießer der Vertreibung, die mit solchen bewaffneten Akteuren zusammenhängen, "werden das Land nicht einfach so preisgeben", schrieb der Kolumnist von El Espectador Alfredo Molano.

In der Tat sind allein zwischen August und Dezember 2010 elf Bauernaktivisten ermordet worden, welche sich für die Wiedererlangung von Ländereien einsetzten. Zum Schutz einiger von ihnen hatte die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte sogar Präventivmaßnahmen gefordert. Doch wie sein Vorgänger Uribe, ließ Santos Regierung die Landarbeiter ungeschützt.

Laut dem Oppositionssenator Jorge Robledo soll außerdem das "Gesetz zu Opfer und Land" vom Entwicklungsplan der Regierung ablenken, welcher die Landkonzentration steigere. Der Plan schaffe die gesetzlichen Grenzen staatlicher Landzuteilung ab und öffne diese für jeden beliebigen Investor, sei es eine Bank, ein Großgrundbesitzer, ein Kolumbianer oder ein Ausländer. So verstöße Santos Regierung gegen das Gesetz 160 aus dem Jahr 1994, das die kleinen Grundbesitzer bei staatlichen Landzuteilung förderte und beschützte, erklärt Robledo weiterhin. Um das genannte Gesetz zu ändern, nutze Santos aus, dass Entwicklungspläne durch die Exekutive ohne Kongreßdebatten erstellt werden. Allein in der östlichen Region Orinoquía sollen sieben Millionen Hektar großen Agrarunternehmen zugeteilt werden.