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Bildungsproteste in Chile flammen wieder auf

Studierende und Bildungsarbeiter halten Aktionen seit über einem halben Jahr aufrecht. Verhandlungen mit Regierung

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Proteste der Studierenden in Chile
Proteste der Studierenden in Chile

Santiago de Chile. In Chile sind die Proteste von Studierenden und Angestellten des Bildungssektors wieder aufgeflammt. Die Aktionen begannen am Donnerstag in Valparaíso. Während die Regierung die Verantwortung für die Bildung den Kommunen übertragen will, fordern die Gegner die generelle Verantwortung des Staates für das Bildungswesen ein, heißt es in einem Bericht des lateinamerikanischen Fernsehsenders Telesur.

Protestteilnehmer äußerten indes die Befürchtung, dass die Pläne der Regierung auf weitere Privatisierungen hinauslaufen. "Die Protestbewegung fordert daher die Abkehr von der Verantwortung der Kommunen für die Bildung und von weiteren Privatisierungen des Bildungswesens", berichtet die Telesur-Korrespondentin Beatriz Michell. Nach mehr als sechs Monaten ständiger Proteste habe die Regierung für die kommenden Wochen eine Gesetzesinitiative angekündigt, um die Schulen neu zu strukturieren. "Die Protestteilnehmer fürchten, dass auch dabei die Privatisierungen vorangetrieben werden", so Michell.

"Es ist notwendig, die Verantwortung der Kommunen für die Bildung zu beenden", sagte ein führender Studierendenvertreter gegenüber dem Sender. Dies müsse aber "so geschehen, wie es die Bewegung fordert: ohne Privatisierungen!"

Mit den Demonstrationen Ende der Woche kritisierten die Teilnehmer auch die Haftentlassung des Militärpolizisten Miguel Millacura, der für die Ermordung des 16-jährigen Miguel Gutiérrez verantwortlich ist. Der Jugendliche war während der Proteste Ende August erschossen worden. Ein Militärgericht hatte entschieden, dass Millacura im laufenden Prozess aus der Untersuchungshaft entlassen werden kann. "Wir sind weiterhin uneingeschränkt solidarisch mit der Familie und werden diesen Fall weiter beobachten", versicherte ein Vertreter der Studierendenorganisationen.

Nach Angaben des Senders fordern die Studierenden zudem eine Beteiligung an den Entscheidungen über die Bildungsgesetzgebung. "Die Menschen wollen selbst entscheiden, was mit der Bildung geschieht und wie die Proteste weitergehen", so Alfredo Vielma, ein Sprecher der Oberstufenschüler.

Am Ende der Demonstration am Freitag und unmittelbar vor der Abschlusskundgebung in der Hauptstadt Santiago kam es zu gewaltsamen Zwischenfällen. So wurde der Protest wegen Konflikten zwischen Studenten und der Polizei vorzeitig beendet.

Noch am Morgen hatten sich Studierendenvertreter mit dem Regierungsminister Andrés Chadwick getroffen. Die Aktivisten forderten ein Memorandum über das Bildungsgesetz. Der Minister sagte zu, den Protestvertretern einen Entwurf des neuen Gesetzes zukommen zu lassen. In der kommenden Woche sollen die Gespräche dann fortgesetzt werden.

"Wir sprechen derzeit darüber, die Verantwortung für die regionalen Schulen an das Bildungsministerium zurückzugeben", sagte Jaime Gajardo, der Vorsitzende des Lehrerverbandes: "Das könnte der Beginn einer neuen öffentlichen Bildung sein - im Gegensatz zu einem Bildungswesen, das lediglich von Marktinteressen geleitet ist."

Am 24. November sollen zeitgleich zu Aktionen in Kolumbien weitere Proteste in Chile stattfinden. Auch Studierende in anderen Staaten wie Peru oder Argentinien kündigten ebenfalls Proteste an.