ROG: Weitgehend freies Internet in Lateinamerika

Reporter ohne Grenzen stellt Jahresbericht über "Feinde des Internets" vor. Venezuela nicht weiter "unter Beobachtung". Kritik an Kuba

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"Weltkarte der Internetzensur" von Reporter ohne Grenzen
"Weltkarte der Internetzensur": In schwarz sind die Staaten eingezeichnet, die laut ROG "Feinde des Internets" sind. In rot die Länder "unter Beobachtung".

Paris. Die Organisation "Reporter ohne Grenzen" (ROG) hat den Ländern Lateinamerikas ein weitgehend freies Internet bescheinigt. Dies geht aus dem Bericht über die "Feinde des Internets" hervor, den die Organisation am Montag anlässlich des "Welttags gegen Internetzensur" vorstellte. Dem Bericht zufolge ist Kuba das einzige Land des Kontinents, das zu den weltweit zwölf "Feinden des Internets" gehört.

Dem Karibikstaat wird allerdings weniger die Zensur des Internets vorgeworfen, als eine mangelhafte Infrastruktur. Das "Regime" halte die meisten Kubaner davon ab, Zugang zum Internet zu erhalten, heißt es in dem Bericht. Lediglich zwei Prozent der Bevölkerung haben laut ROG dieses Privileg. Die Regierung "besetze" dieses Feld, um der Opposition "keinen Cyberspace zu lassen". Keine Erwähnung findet dabei der Einfluss der Wirtschaftsblockade durch die USA auf diese Situation. Tatsächlich ist die Versorgungslage in Bezug auf den Zugang zum Internet in Kuba äußerst prekär, unter anderem, weil teure Satellitenverbindungen genutzt werden müssen.

Dass aber nicht allein der Kontrollwahn der Regierung Schuld an der Situation ist, erkannte auch die Open Net Initiative (ONI). Die Initiative von Wissenschaftlern US-amerikanischer Universitäten kam zu dem Ergebnis, dass Kuba nicht die Ressourcen hat, um seine Bevölkerung flächendeckend mit Internetzugängen zu versorgen - insbesondere, wenn man die "durch das US-Handelsembargo verursachten höheren Preise" in Betracht ziehe. Zwar kritisiert auch die ONI "schwere Strafen" und "Selbstzensur" in Kuba, gleichzeitig verfügt sie jedoch über keine Daten bezüglich Zensurmaßnahmen des Internets in Kuba. Durch so genanntes "Reverse Filtering" aus den USA würden jedoch Kubaner beim Zugang zu Internetseiten außerhalb Kubas beschränkt, so der Bericht der ONI.

Auch der Bericht von Reporter ohne Grenzen führt keine Zensurmaßnahmen in Kuba auf. Er kritisiert vor allem, dass Regierungsanhänger einen "unaufhörlichen Kampf im Internet" und "Diffamierungskampagnen" gegen "alternative" Blogger führe, die der Regierung kritisch gegenüberstehen. Auch die deutsche Sektion von ROG schreibt in ihrer Pressemitteilung: "In Kuba tragen Regierungsanhänger und Oppositionelle ihre Auseinandersetzungen vor allem im Internet aus." Konkrete Versuche der kubanischen Regierung, das Internet zu zensieren, führt der Bericht hingegen nicht auf.

Zu veränderten Einschätzungen gelingt der Bericht hingegen in Bezug auf Venezuela. Nachdem das Land im vergangenen Jahr "unter Beobachtung" gestellt wurde, entfernte ROG das südamerikanische Land im diesjährigen Bericht wieder von der Liste. Der Zugang zum Internet "bleibt uneingeschränkt", stellen die Autoren fest. Im vorherigen Bericht, der im März 2011 veröffentlicht wurde, hatte ROG den Beobachtungsbedarf Venezuelas mit einem Ende 2010 verabschiedeten neuen Mediengesetz begründet. Die Befürchtungen, dass das Gesetz zu einer Zensur des Internets führen würde, erfüllten sich jedoch nicht. Es habe in der Praxis keine negativen Auswirkungen gehabt. Dennoch bleibe man "wachsam".

ROG listet insgesamt zwölf Staaten weltweit als "Feinde des Internets" auf. Dazu gehören neben China, Iran, Kuba, Myanmar, Nordkorea, Saudi-Arabien, Syrien, Turkmenistan, Usbekistan und Vietnam seit diesem Jahr auch Bahrain und Belarus. Sie hatten zuvor den Status "unter Beobachtung" inne. Neben Venezuela wurde auch Libyen von der Liste der beobachteten Länder entfernt. Nach dem gewaltsamen Sturz und der Ermordung Muammar Al-Gaddafis habe sich die Situation dort verbessert.