Kuba / Wirtschaft

Kuba modernisiert die Zuckerindustrie

Investitionen werden verdreifacht. Bisher Verluste von 13 Milliarden US-Dollar durch US-Blockade

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Zuckerfabrik in der Provinz Holguín
Zuckerfabrik in der Provinz Holguín

Havanna. Durch Investitionen und eine Reihe von Modernisierungsmaßnahmen soll die kubanische Zuckerindustrie in den nächsten Jahren leistungsfähiger und international wieder wettbewerbsfähig werden. Das kündigte der Vorsitzende des Verbands der kubanischen Zuckerfachkräfte (ATAC), Eduardo Lamadrid, auf dem 50. Kongress der Organisation an, der vom 5. bis 7. September im Tagungszentrum Palacio de Convenciones in Havanna stattfand. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Prensa Latina erklärte Lamadrid, dass grundlegende Veränderungen in der strukturellen, organisatorischen und strategischen Ausrichtung des Wirtschaftssektors geplant seien.

Der stellvertretende Direktor der – nach der Auflösung des früheren Zuckerministeriums – im Oktober letzten Jahres gegründeten staatlichen Unternehmensgruppe Azcuba (Grupo Azucarero), Wilson Morel, bestätigte konkrete Vorhaben zur Stärkung der technischen und administrativen Bereiche sowie zur Steigerung der Produktion und der Einnahmen. Dies seien Voraussetzungen dafür, dass die kubanische Zuckerindustrie wieder eine Spitzenposition in der Welt einnehme.

Um das ehrgeizige Ziel zu erreichen, müssten die Investitionen von derzeit drei Millionen auf künftig zehn Millionen US-Dollar pro Jahr angehoben werden, zitiert die bolivianische Tageszeitung La Razón Morel. Azcuba werde im laufenden Jahr knapp 63 Prozent seiner Deviseneinnahmen aus dem Export in neue Maschinen und Technologie investieren. Bisher seien zum Beispiel 27 neue Erntemaschinen importiert worden, deren Zahl bis Ende des Jahres auf 100 erhöht werden soll. Bis zum Jahr 2015 sollen zehn modernisierte Zuckerfabriken – zusätzlich zu den 46 während der letzten Ernte – in Betrieb genommen werden, um die Erträge um 20 Prozent jährlich auf 2,4 Millionen Tonnen zu steigern. Die Ertragssteigerung um 16 Prozent in der aktuellen Saison (2011-2012) sei zwar positiv, aber nicht ausreichend.

Während Kuba früher weltweit (mit über acht Millionen Tonnen im Jahr 1989) zu den wichtigsten Zuckerproduzenten und -exporteuren gehörte, war die Produktion nach der Auflösung des sozialistischen Lagers, zwei verheerenden Hurricanes und den Auswirkungen der weltweiten Finanzkrise im Jahr 2010 auf 1,1 Millionen Tonnen zurückgegangen, der niedrigsten Ernte seit 2005.

Bürokratie, Inkompetenz und Nachlässigkeit einiger leitender Verantwortlicher verschärften die Lähmung des nach wie vor wichtigen Sektors, von dem eine große Zahl Arbeitskräfte, die Versorgung der Bevölkerung und Deviseneinnahmen abhängen. Durch die Wirtschaftblockade der USA gegen Kuba seien, zusätzlich zu den genannten Problemen, Verluste von über 13 Milliarden US-Dollar im Zuckersektor der Insel verursacht worden, kritisierten die Teilnehmer des ATAC-Kongresses.

Die jetzt angekündigten Pläne gehören – wie die Auflösung des früheren Zuckerministeriums und die Gründung von Azcuba – zu längerfristigen Maßnahmen, die eine Modernisierung und Stärkung der kubanischen Wirtschaft zum Ziel haben. Im April 2011 hatte der VI. Parteitag der Kommunistischen Partei 311 Richtlinien (Lineamientos) beschlossen, deren Hauptziel darin besteht, die ökonomischen Rahmenbedingungen so zu verändern, dass insgesamt eine höhere Leistungsfähigkeit und Arbeitsproduktivität der gesamten Volkswirtschaft erreicht wird.

Der 1927 gegründete Verband ATAC (Asociación de Técnicos Azucareros de Cuba) ist eine der ältesten Zusammenschlüssen von Fachkräften auf Kuba. An dem Kongress in Havanna haben sich 200 Spezialisten aus Kuba sowie 40 Experten aus acht weiteren Ländern – darunter auch aus Deutschland – beteiligt.

Bei der Eröffnung am 5. September hatten die Teilnehmer zudem die sofortige, bedingungslose Freilassung der fünf kubanischen Antiterroristen gefordert, die seit 14 Jahren in US-Gefängnissen festgehalten werden.