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ELN in Kolumbien: Keine Angriffe auf Sicherheitskräfte trotz Ende der Waffenruhe

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Mitglieder der Friedensdelegationen (v.li.n.re.): Aureliano Carbonell, Pablo Beltrán (ELN), Vera Grabe, Senator Iván Cepeda (Regierung)
Mitglieder der Friedensdelegationen (v.li.n.re.): Aureliano Carbonell, Pablo Beltrán (ELN), Vera Grabe, Senator Iván Cepeda (Regierung)

Bogotá. Die ELN-Guerilla hat die Einstellung der militärischen Operationen gegen die kolumbianischen Streitkräfte, die Polizei und die staatlichen Sicherheitsorgane trotz des Endes des Waffenstillstandes angekündigt. Dies teilte das Zentralkommando (Coce) am Dienstag in einem Kommuniqué mit, nachdem Verteidigungsminister Iván Velázquez die Wiederaufnahme der Angriffsoperationen gegen die ELN bekannt gegeben hatte.

Am 3. August ging die befristete Waffenruhe zu Ende, die ein Jahr zuvor in Kraft getreten war. Da die Friedensgespräche zwischen Regierung und ELN auf Eis liegen, wurde sie bisher nicht verlängert.

"Wenn es keinen Waffenstillstand gibt, was die Aussetzung der Offensivoperationen der Streitkräfte impliziert, bedeutet das natürlich, dass diese Offensivoperationen wieder aufgenommen werden. Und das ist der Befehl des Generalkommandanten der Streitkräfte und auch des Generaldirektors der Nationalpolizei", sagte Minister Velásquez.

Zu Beginn des Jahres geriet der Friedensprozess ins Stocken, da die ELN der Regierung von Gustavo Petro vorwarf, die unterzeichneten Abkommen nicht eingehalten zu haben. Trotz der Spannungen zwischen den beiden Dialogparteien wurden die landesweiten Treffen verschiedener gesellschaftlicher Gruppen zur Ausarbeitung eines Plans über Inhalt und Form des Friedens in Kolumbien fortgesetzt.

Im Mai unterzeichneten die Friedensbeauftragten der Regierung und der ELN die Ergebnisse dieser Treffen in Form eines Abkommens (amerika21 berichtete). Wenig später äußerte die ELN jedoch die Erwartung, dass die Regierung ihre Versäumnisse bei der Umsetzung der unterzeichneten Abkommen korrigiere, bevor der Friedensdialog fortgesetzt werde.

Dazu gehöre, so die ELN, die Streichung dieser Guerilla von der Liste der organisierten bewaffneten Gruppen (Gao). Als solche klassifizieren die Streitkräfte bewaffnete Strukturen wie die der nicht demobilisierten Ex-Farc-Mitglieder und die der kriminellen paramilitärischen Banden des Clan del Golfo. Für die ELN verletzt die Einstufung als Gao und somit die Gleichsetzung mit Drogenbanden und Paramilitärs die vereinbarte Anerkennung des politischen Charakters der Organisation.

Die Regierung hätte im Juni 2023 ein Dekret erlassen sollen, um die ELN von dieser Liste zu streichen, so die letzte Mitteilung des Zentralkommandos. "Wir haben keine Erklärung dafür erhalten, warum dies nicht geschehen ist", heißt es in dem Dokument. Die ELN sei bereit, den Friedensdialog fortzusetzen, sobald ein solches Dekret veröffentlicht werde. Damit wolle sie bis zum 23. August warten.

Die ELN beklagte in den letzten Monaten auch andere Aspekte des Friedensprozesses: Der Mechanismus zur Überwachung des Waffenstillstands funktioniere nicht gut, die Streitkräfte hätten die ELN während des Waffenstillstands angegriffen und koordinierten sich mit den Paramilitärs. Die humanitäre Hilfe für die Gemeinden in den kritischen Gebieten sei blockiert und die humanitären Maßnahmen für die Gefangenen aus der ELN seien nicht umgesetzt worden. Ebenso sei der Multispenderfonds zur Finanzierung von Friedensaktivitäten nicht eingerichtet worden.

Die Friedensdelegation der Regierung teilte ihrerseits Ende Juli in einem Kommuniqué mit, sie habe sich stets um eine Fortsetzung des Dialogs mit der ELN bemüht, sei aber auf "Lügen und eine arrogante Haltung der ELN-Führung und ihres Kommandanten Antonio García" gestoßen. Sie frage sich, ob die ELN einen echten Friedenswillen habe oder den Friedensprozess nur nutze, um militärisch stärker zu werden.

Die ELN wies dies Anfang August zurück. Die Aktionen der Allianz aus Militär, Polizei, Paramilitärs und Ex-Farc-Strukturen, die alle mit Bergbauprojekten in Verbindung stünden, hätten die Sicherheit der Guerilla während des Waffenstillstands gefährdet und ihre Positionen verschlechtert.

Organisationen wie die Menschenrechtskoordination Kolumbien, Europa und USA fordern die ELN und die Regierung auf, den Friedensprozess fortzusetzen. Sie appellieren an die Guerilla, die Entführungen einzustellen und an die Regierung, gegen die Ausbreitung des Paramilitarismus vorzugehen.