Kolumbien: Erdölunternehmen unter Druck

Gewerkschaften und soziale Organisationen beenden Streik. Bewohner fordern Mitbestimmung bei Investitionen in soziale Infrastrukturen

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Streikende in Arauca
Streikende in Arauca

Arauca. Gewerkschaften und soziale Organisationen im kolumbianischen Bundesstaat Arauca haben Mitte der Woche einen zehntägigen Generalstreik für die Beteiligung an den Naturressourcen der Region vorläufig ausgesetzt.

  Die Regierung von Präsident Manuel Santos erklärte sich zu Gesprächen über ihre Forderungen an die Erdölunternehmen der Region bereit. Die Streikenden forderten die rechtliche Anerkennung einer Kommission aus Vertretern der Bevölkerung, die dazu befugt sein soll, gemeinsam mit den Erdölunternehmen und den zuständigen Organen des Staates über die sozialen Investitionen in der Region zu entscheiden, so die Anwältin der Menschenrechtsorganisation "Joel Sierra", Sonia López, gegenüber amerika21.de.

Nach Protesten der indigenen Organisationen, der Bauernverbände sowie der Gewerkschaften und Nachbarschaftsorganisationen hatte sich die Regierung Santos im Mai 2012 dazu verpflichtet, ein Gesetz zu erlassen, um die Mitbestimmung der Bevölkerung in einer derartigen Kommission abzusichern. Da die Regierung dies bis Ende Januar nicht umgesetzt hatte, haben die sozialen Organisationen die Eingänge der Erdölfelder an mehreren Punkten des Bundesstaats blockiert und Mitte Februar einen Generalstreik begonnen.

Der Gouverneur von Arauca, José Facundo Castillo, setzte daraufhin die Spezialeinheit "Schwadron für Aufstandsbekämpfung", die Streitkräfte und die Polizei gegen die Teilnehmer des Streiks ein. Mehrere Personen wurden brutal geschlagen und mehr als 170 teilnehmende Bauern und Indigene wurden für einige Stunden festgenommen. Zudem wurden Haftbefehle gegen den Gewerkschafter Pedro León Carrillo und den Anführer der Bauernorganisation ASONALCA, Ernesto Roa, erlassen, so López.

Hintergrund der Aktionen der sozialen Organisationen Araucas sei es, "die sozialen und humanitären Schulden" der Erdölunternehmen gegenüber der Bevölkerung in der Region einzulösen. Die Erdölförderung durch die das Unternehmen Oxy löschte seit ihren Anfängen in den achtziger Jahren komplette indigene Gemeinden aus, Bauern wurden vertrieben und schwere Umweltschäden angerichtet, erkläutert Sonia López. Auch die Unternehmen Britisch Petroleum (BP) und Perenco seien für die Zerstörungen in dem Bundesstaat mitverantwortlich. Mit einer aktuell geplanten, fast tausend Kilometer langen Pipeline mit dem Namen Bicentenario durch die Firmen Pacific Rubiales und Ecopetrol besteht die Gefahr, dass sich diese Geschichte wiederholt.

Die genannten Konzerne fördern täglich über 70.000 Barrel Erdöl in Arauca. Bei den aktuellen Erdölpreises entspricht dies etwa einem Wert von sieben Millionen US-Dollar. Trotzdem seien die Lebensgrundlagen der Einwohner von Arauca äußerst schlecht, argumentiert López. Als Antwort auf die Forderungen der Bevölkerung hätten die Erdölkonzerne auf den Paramilitarismus zurückgegriffen, um Anführer der sozialen Organisationen zu vertreiben oder zu töten.

Eine andere Methode besteht darin, Mitglieder der sozialen Bewegung ins Gefängnis zu schicken. So seien in den letzten Jahren Prozesse gegen 3.000 Aktivisten und Einwohner von Arauca durchgeführt worden, sagt López. Zwischen 2003 und 2009 sind ungefähr 10.000 Menschen festgenommen worden - bei einer Gesamtbevölkerung von 250.000 Menschen in Arauca, bestätigt ein Aktivist der Kolumbienkampagne gegenüber amerika21.de.

Die sozialen Organisationen erwarten nun, dass nach den laufenden Gesprächen mit der Regierung, das versprochene Gesetz endlich erlassen wird. Anschließend sollen Diskussionsforen durchgeführt werden, bei denen die Regierung, Vertreter der Erdölfirmen und der Bevölkerung gemeinsam eine neue Investitionspolitik festlegen sollen. "Trotzdem bleibt die Bewegung wachsam und weiter vorbereitet. Sollte irgendetwas scheitern, wird sie die Streiks mit Sicherheit wieder aufnehmen", lautet die Einschätzung der Kolumbienkampagne.