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Maduro: Korruption ist "nationaler Notstand"

Venezuelas Präsident will Sondervollmachten für den Kampf gegen die Korruption. Parlament muss zustimmen

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Präsident Maduro am vergangenen Freitag im Nationaltheater in Caracas
Präsident Maduro am vergangenen Freitag im Nationaltheater in Caracas

Caracas. Venezuelas Präsident Nicolás Maduro hat am vergangenen Freitag erneut angekündigt, dass er vor dem Parlament um Sondervollmachten ersuchen wird, um den Kampf gegen die Korruption verstärken zu können. Es sei notwendig, einen legislativen, politischen und verfassungsrechtlichen Notstand zu erklären. Vor allem aber bedürfe es "eines Volkes, das die Korruption und die alte kapitalistische Ethik bekämpft, die das Land auffrisst, um es wieder zu übernehmen", sagte Maduro bei einer Zusammenkunft mit den Kandidaten der Regierungspartei PSUV für die kommenden Kommunalwahlen im Nationaltheater in Venezuelas Hauptstadt Caracas.

Die geforderten Sondervollmachten, die der Verfassung nach das Parlament vergeben kann, erlauben dem Staatschef das Regieren per Dekret etwa in einem Bereich, der zum nationalen Notstand erklärt worden ist. Dazu muss er jedoch vor dem Gesetzgeber zunächst die Zustände und die Themen rechtfertigen, die er in einem bestimmten Zeitraum anzugehen gedenkt. Das Parlament muss mit Dreifünftelmehrheit den geforderten Sondervollmachten zustimmen und begrenzt sie zugleich zeitlich.

Am Mittwoch informierte bereits der Vizepräsident des Landes, Jorge Arreaza, dass der Staatsrat auf Antrag von Maduro in einer Dringlichkeitssitzung im Präsidentenpalast zusammengetroffen sei, um das Vorgehen im Kampf gegen die Korruption zu analysieren.

Schon bald nach der Amtsübernahme von Präsident Nicolás Maduro begann eine verstärkte Regierungsaktivität gegen die Korruption im Land. Eine neue Aufsichtsbehörde, die noch durch den verstorbenen Vorgänger im Amt, Hugo Chávez, gegründet worden war, spielte dabei offenbar eine große Rolle. Auf diese Behörde soll die Aufdeckung eines ausgedehnten Netzes der Korruption in der Verbraucherschutzbehörde des Landes (Indepabis) sowie in mehreren nationalisierten Unternehmen zurückgehen. Bei der Gründung war die Aufgabe ausdrücklich auf die administrativen und wirtschaftlichen Strukturen der Regierung, einschließlich der Sozialprogramme, erstreckt worden.

In den vergangenen Tagen sind hochrangige Funktionäre des von der Opposition regierten Bundesstaates Miranda in das Zentrum einer Antikorruptionsermittlung geraten. Allein in den vergangenen zwei Wochen ist von etwa 50 Verhaftungen wegen Korruptionsvorwürfen berichtet worden. Einzelheiten der Fälle nannte die Generalstaatsanwältin Venezuelas, Luisa Ortega Díaz, auf einer Pressekonferenz. So wurden unter anderen acht leitende Angestellte des Staatsbetriebes Ferrominera del Orinoco – der größten Eisenhütte Venezuelas – verhaftet, fünf weitere werden per Haftbefehl gesucht. Sie sprach von einem "frontalen Angriff" auf die Korruption, bezeichnete die Festnahmen und die rechtlichen Verfahren in diesen Fällen gleichwohl als "nicht ausreichend".

Die Regierungsoffensive gegen das verbreitete Übel der Korruption ist erst jüngst von einem der bedeutendsten Publizisten des Landes, der auch in der größten privaten venezolanischen Tageszeitung Últimas Noticias breiten Raum erhält, unterstützt worden. José Vicente Rangel sprach in seiner regelmäßig erscheinenden Kolumne "Der Spiegel" von nichts Geringerem als der Gefahr des Zusammenbruchs der Republik durch die Auswirkungen von Korruption. Eine landesweite Debatte müsse eröffnet werden, um Verantwortlichkeiten, rechtliche und politische Mittel und die wirksame Partizipation der Bevölkerung sowie die Möglichkeit der sozialen Kontrolle zu diskutieren. Er gehe um eine demokratische Reaktion, so Rangel weiter, "um in die Räuberhöhlen derjenigen einzudringen, die das Doppelgesicht von Politikern und Verbrechern vereinen."

Rangel legte in seinem Beitrag den Akzent darauf, dass das Leben in Venezuela durch mächtige Gruppen belastet würde, die Verbrechen fördern, straflos das Gesetz missachten und politische Verbindungen zu wichtigen ökonomischen Gruppen hätten. Der Präsident der Republik müsse, um das Erbe von Hugo Chávez beim Kampf gegen die Korruption beanspruchen zu können, für einen klaren Schnitt mit dem Übel sorgen, das die venezolanische Gesellschaft heimsuche.