Córdoba. In der argentinischen Provinz Córdoba sind Bewohner und Umweltschützer, die sich gegen den Bau einer Anlage des US-amerikanischen Saatgutunternehmen Monsanto wehren, von Schlägertrupps angegriffen worden. Die Demonstranten hatten seit zwei Monaten gegenüber der Baustelle in der Gemeinde Malvinas zwölf Kilometer östlich von der Provinzhauptstadt Córdoba ein Camp eingerichtet. Hier soll die größte lateinamerikanische Produktionsanlage für genetisch verändertes Saatgut entstehen.
Die Bewohner der Gemeinde Malvinas fordern, selbst über den Bau der Anlage abzustimmen. Außerdem soll eine unabhängige Bewertung der Umweltbelastungen durch die mit 27 Hektar und 260 Silos dann größten Produktionsanlage für Gen-Mais in Lateinamerika durchgeführt werden.
Am Morgen des 28. November wurden die Umweltaktivisten in ihrem Camp von rund 60 Männern mit Knüppeln und Steinen angegriffen. Die Schläger kamen nach Angaben der Aktivisten mit mehreren LKWs, verletzten zwanzig Menschen, verwüsteten das Lager, legten Feuer und stahlen persönliche Gegenstände und Mobiltelefone.
Die "Bürgerversammlung Malvinas Kampf für das Leben" beschuldigt die Bauarbeitergewerkschaft UOCRA, den Überfall organisiert zu haben. Die Polizei sei nicht eingeschritten.
Ein Delegierter der UOCRA hingegen behauptete, dass die Gewerkschaft die Aktionen der Umweltschützer zwar kritisiere, da sie den Fortgang der Arbeiten verhinderten und Arbeitsplätze gefährdeten. Die Tumulte hätten sich jedoch erst entwickelt, weil die Protestierenden Baufahrzeuge zerstörten und zwei "Banden" versuchten, das Baugelände zu besetzen. Die Männer hätten lediglich versucht, den LKWs die Zufahrt auf das Baugelände zu sichern. Die Staatsanwaltschaft hat bereits Untersuchungen zur Identifikation der Angreifer eingeleitet.
Monsanto steht in Argentinien in schwerer Kritik, da dem transnationalen Saatgutkonzern die unkontrollierte Anwendung von Agrarchemikalien nachgewiesen wurde. Die Giftstoffe werden entgegen wissenschaftlicher Empfehlungen und gesetzlicher Begrenzungen eingesetzt.
Laut einem Bericht des lateinamerikanischen Fernsehsenders Telesur vom Oktober sind die Toxine verantwortlich für die Gesundheitsprobleme in Santa Fe, der ertragreichsten Anbauprovinz für Getreide. Zwar hat die Provinzregierung den Einsatz landwirtschaftlicher Chemikalien näher als 500 Meter zu bewohnten Gebieten verboten, die Sojasaat werde aber bis auf 30 Meter an die Wohnhäuser besprüht. Die Bewohner der Anbaugebiete seien so 24 Stunden täglich Herbiziden wie Glyphosat und anderen ausgesetzt. Die Häufigkeit von Krebserkrankungen in Santa Fe durch den exzessiven Einsatz von Agrochemikalien ist laut dem Bericht bis zu vier Mal höher als im Durchschnitt. Im Nordosten haben sich Missbildungen bei Neugeborenen seit Beginn der Anwendung der Biotechnologie durch Monsanto in den 1990er Jahren vervierfacht. Achtzig Prozent der untersuchten Kinder weisen Spuren von Pestiziden im Blut auf. Das weit verbreitete, auch für den Hausgebrauch hergestellte Herbizid ist das unspezifisch wirkende "Roundup" und wird vom Konzern weiterhin als ungefährlich und sicher beworben, obwohl Monsanto von einem französischen Gericht bereits 2007 wegen unlauterer Werbung zu einer hohen Geldstrafe verurteilt wurde.
Monsanto bestreitet jeden Zusammenhang der Erkrankungen mit den Pestiziden und bezweifelt die Untersuchungsergebnisse.
1996 hat die damalige argentinische Regierung in einem Schnellverfahren die Produktion von genetisch verändertem Soja unter der Anwendung von Glyphosat genehmigt, nachdem die von Monsanto durchgeführten Verträglichkeitsuntersuchungen für Mensch und Umwelt von Monsanto ungeprüft beglaubigt wurden.