Chile / Politik

Michelle Bachelet ist neue Präsidentin von Chile

Kandidatin des Bündnisses Nueva Mayoria siegt mit 62 Prozent. Bildung, soziale Gerechtigkeit und neue Verfassung Hauptziele. Geringe Wahlbeteiigung

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Die Siegerin der Präsidentschaftswahlen in Chile: Michelle Bachelet
Die Siegerin der Präsidentschaftswahlen in Chile: Michelle Bachelet

Santiago de Chile. Mit 62,16 Prozent der abgegebenen Stimmen ist Michelle Bachelet, die Kandidatin des Mitte-Links-Bündnisses Nueva Mayoría, zum zweiten Mal zur Präsidentin des Landes gewählt worden. Sie wird ihr Mandat am 11. März 2014 antreten. Ihre Gegnerin, die Kandidatin der regierenden Rechtsallianz, Evelyn Matthei, erhielt 37,83 Prozent der Stimmen. Die Wahlbeteiligung lag bei nur 47 Prozent. Dies war ein historischer Tiefstand, der von zahlreichen Politik- und Medienvertretern bedauert wurde.

Laut der spanischen Tageszeitung El País gingen viele Chilenen lieber an den Strand oder machten Weihnachtseinkäufe, da erstmals durch die Aufhebung der Wahlpflicht, der Gang zu den Urnen freiwillig erfolgte. Eine weitere Erklärung sei, dass der Sieg Bachelets so offensichtlich war, dass viele es nicht für notwendig hielten ihre Stimme abzugeben.

Camila Vallejo, ehemalige Studentenführerin und frisch gewählte Parlamentarierin, führt die geringe Wahlbeteiligung auf strukturelle Mängel an staatsbürgerlicher Bildung zurück. Politik und Politiker würden generell in einem schlechten Licht gesehen.

Ein weiterer Aspekt liegt in der Desillusionierung vieler potentieller Wähler hinsichtlich einer zweiten Amtszeit von Bachelet. Viele Menschen glauben nicht, dass die neu gewählte Präsidentin und ihr Wahlbündnis Nueva Mayoria einen wirklichen Wandel in Chile bewirken werden. So hatte etwa Marcel Claude, der für die Humanistische Partei in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen angetreten war, zu einem Boykott der Stichwahlen aufgerufen. “Wenn das Votum keinen Sinn macht, sollte man nicht wählen“ , so Claude. „Heute gewinnen die Transnationalen Konzerne, die unser Kupfer rauben, die das chilenische Land verschmutzen.“

In ihrer Wahlkampagne unter dem Motto "Chile für alle“ hatte Michelle Bachelet durchaus den Wunsch nach einem tiefergehenden Wandel aufgenommen. Nach ihrer Vereidigung am 11. März 2014 will sie die seit Jahren in den Studentenprotesten geforderte Reformation des Bildungssektors durchführen.

Bachelet dankte hunderten Anhängern vor dem Hotel Plaza San Francisco in der Hauptstadt Santiago de Chile für die Wahl und sprach zudem die Jugendlichen und Studenten an, die sich in den vergangenen Jahren an Bildungsprotesten beteiligt hatten: "Dank der Jugendlichen hat sich kraftvoll das große Bedürfnis der Chilenen nach einem öffentlichen Bildungssystem gezeigt. Vom heutigen Tag an wird nicht mehr Profitstreben der Motor des Bildungssektors sein", sagte die erneut gewählte Präsidentin.

"Heute triumphieren diejenigen, die  auf die Notwendigkeit bestehen, die Ungleichheit zu besiegen", so Bachelet weiter. Zudem betonte sie, dass sie "in den Kampf für eine neue Verfassung" ziehen werde. Ziel sei, dass nie wieder die gewählte Mehrheit von einer Minderheit zum Schweigen gebracht wird. Mit diesem Zitat spielte sie auf die noch immer gültige Verfassung aus Zeiten der Militärdiktatur von Augusto Pinochet (1973-1990) an, die nach wie vor einer kleinen Minderheit von Senatoren ein Vetorecht gegen alle Gesetzesvorlagen einräumt. Die Verfassungsänderung ist auch eine ausdrückliche Forderung, der Kommunistische Partei Chiles (PCCh), dem neuen Partner von Bachelets Sozialistischer Partei im Wahlbündnis der Nueva Mayoria.

Guillermo Teillier der Vorsitzende der PCCh hat nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses Bachelet seine vollste Unterstützung ausgesprochen. Ob die PCCh einen Posten im Ministerkabinett erhalten werde, hänge von Bachelets Entscheidung in den folgenden Wochen ab, so Teillier.

In einem öffentlich übertragenen Telefongespräch gratulierte der aktuelle Präsident Sebastián Piñera der Wahlsiegerin und empfahl ihr, zunächst ein paar Tage Urlaub zu nehmen, bevor sie ihr Mandat am 11. März 2014 antrete.

Die Verliererin und Kandidatin der noch regierenden Rechtsallianz erklärte Medienvertretern nach Auszählung von rund 80 Prozent der Stimmen kurz angebunden: "Es ist offensichtlich, dass sie (Bachelet) gewonnen hat und ich beglückwünsche sie dazu."