Ministerin in Chile tritt nach Polemik um Abtreibung zurück

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Grafitto in Chile: "Die reichen Frauen treiben ab, die armen Frauen sterben − Heuchler!"
Grafitto in Chile: "Die reichen Frauen treiben ab, die armen Frauen sterben − Heuchler!"

Santiago. Chiles Gesundheitsministerin Helia Molina hat ihren Rücktritt erklärt. Zuvor war sie wegen Äußerungen zu Abtreibungen in Reichenkliniken heftiger Kritik ausgesetzt worden. Die  Regierung distanzierte sich von ihr. In einem Interview hatte die Medizinerin ausgeführt, dass in allen Kliniken der Oberschicht viele konservative Familien ihre Töchter abtreiben lassen haben. Leute mit viel Geld bräuchten keine Gesetze, so Molina weiter, denn sie verfügten über die nötigen Mittel, um nach Miami, Argentinien oder Kuba zu fahren, um dort legal abzutreiben. Zugleich hatte sie die Einbringung einer Gesetzesvorlage für Mitte Januar 2015 angekündigt, nach der Schwangerschaftsunterbrechung in drei Fällen erlaubt sein sollten: bei Gefahr für das Leben der Mutter, bei einer Missbildung des Fötus und bei einer Schwangerschaft infolge einer Vergewaltigung.

Während Frauenrechtlerinnen Molinas Äußerungen so kommentierten, dass endlich eine Wahrheit ausgesprochen worden sei, die sich bisher keine Behörde gewagt habe, öffentlich zu bekennen, lösten sie bei rechten Politikern und beim Klinikverband scharfe Reaktionen aus, die in der Forderung nach ihrem Rücktritt gipfelten.

Aus dem Präsidentenpalast verlautete, die Äußerungen der Ministerin stellten deren persönliche Auffassung dar und gäben nicht die Vorstellung der Regierung wieder. Unterstützung erhielt Molina von der Bürgermeisterin der Hauptstadt Santiago: "Wir alle wissen, daß ein Verbot nicht verhindert, dass gut bemittelte Frauen sicher abtreiben können. Helia Molinas Haltung angesichts der Ungleichheit ist anerkennenswert."

In Chile wird von mindestens 70.000 heimlichen Abtreibungen jährlich ausgegangen, andere Schätzungen sprechen sogar von bis zu 140.000 Schwangerschaftsabbrüchen. Da eine Abtreibung als Straftat gilt, gibt es keine verlässlichen Angaben.

Die jetzt ausgebrochene Polemik erinnert an die heftige Diskussion im Jahre 2013, als ein von seinem Stiefvater sexuell missbrauchtes und geschwängertes 13-jähriges Mädchen aufgrund der Gesetzeslage gezwungen war, das Kind auszutragen, das dann nur vier Tage lebte.