Lateinamerikas Linke fordert vor UNO Kampf gegen Armut und Krieg

Präsidenten verweisen auf systematische Fehler und fordern Eindämmung der Ursachen von Flucht und Vertreibung. Correa: Armut schlimmste Form der Gewalt

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Argentiniens Präsidentin Cristina Fernández
Argentiniens Präsidentin Cristina Fernández

New York. Vertreter linksgerichteter Regierungen in Lateinamerika haben sich bei der Generaldebatte im Rahmen der 70. UN-Generalversammlung für eine Politik ausgesprochen, die auf globaler Ebene die wachsenden sozialen Probleme in Angriff nimmt. Armut, Krieg und die Auswirkungen des Klimawandels standen im Zentrum ihrer Reden, in denen das kapitalistische System mehrfach als Ursache für die globale ökonomische und humanitäre Krise bezeichnet wurde.

So erinnerte die argentinische Präsidentin Cristina Fernández an den Ausbruch der globalen Finanzkrise in den USA im Jahr 2008. "Die Krise begann hier, im Herzen der globalen Finanzen", bekräftigte sie bei ihrer Rede in New York. Dennoch würden bis heute keinerlei Maßnahmen zur Regulierung der internationalen Finanzmärkte getroffen. Anstatt sich für die wirklich Hilfsbedürftigen einzusetzen, würden die großen, weltweit dominanten Unternehmen gefördert. Die daraus entstehende soziale Ungleichheit bezeichnet sie als großes Problem für die Zukunft der Menschheit: "Ein Prozent der globalen Bevölkerung besitzt 50 Prozent des kompletten Reichtums. Wie lange kann sich eine Welt mit einer solchen Ungleichheit halten?"

Ähnlich argumentierte auch Venezuelas Präsident Nicolas Maduro, der die Ungleichheit als "Mutter allen Elends" bezeichnet. Zu den 17 neu verabschiedeten Entwicklungszielen der UN, die unter anderem vorsehen, Hunger und Armut bis 2030 zu beseitigen und allen Menschen weltweit Zugang zu sauberem Wasser und Bildung zu garantieren, stellte Maduro fest: "Ohne eine Veränderung des ökonomischen Modells werden diese ersehnten, noblen, notwendigen und gerechten Ziele nicht durchführbar sein."

Als weiteres gravierendes globales Problem bezeichnete der venezolanische Präsident die humanitäre Katastrophe im Mittleren und Nahen Osten. Anstatt die Fluchtwege zu verhindern, um die Flüchtlingsströme nach Europa einzudämmen, solle man sich darauf konzentrieren, die Fluchtursachen zu bekämpfen. "Ich frage mich, ob die mächtigen Länder an die Entwicklung in Afrika, Afghanistan und Syrien denken. Oder ob sie nur daran denken, ihre nuklearen Waffen zu vervielfachen." Scharfe Kritik übte er in diesem Zusammenhang an den USA, denen er die Destabilisierung des Nahen Ostens und die Kurzsichtigkeit ihres "imperialistischen militärischen Eingreifens" vorwarf: "Nach all diesen Kriegen, gibt es einen stabileren Irak? Gibt es ein besseres Afghanistan?"

Nach Auffassung des ecuadorianischen Präsidenten Rafael Correa ist die heute gängige Definition von Frieden als Abwesenheit von Krieg falsch. Stattdessen müsse man zu einer positiven Friedensdefinition übergehen, die ein menschenwürdiges Leben, Gerechtigkeit, Freiheit, Demokratie und soziale Entwicklung mit einschließe. Armut sei, so Correa weiter, "die schlimmste Form von Gewalt" und habe ihren Ursprung nicht in natürlichen und unveränderlichen Gegebenheiten, sondern in den "perversen Machtstrukturen" und einem ungerechten und ausschließenden wirtschaftlichen und politischen System. Auch er ging auf die Flüchtlingskrise im Nahen Osten und Europa ein und argumentiert wie Maduro, dass diese nur durch die Beseitigung der Fluchtursachen gelöst werden könne: "Die Lösung besteht nicht aus mehr Grenzen, sie besteht aus Solidarität, Menschlichkeit und darin, Wohlstand und Frieden zu schaffen". 

Boliviens Präsident Evo Morales bezeichnete das kapitalistische System in seiner Rede als gescheitert. Er sei weder eine Lösung für das Leben, und noch weniger für die Menschheit. Das kapitalistische System sei zudem wesentlich mitverantwortlich für die vielen Kriege und bewaffneten Konflikte, mit denen sich die Welt derzeit konfrontiert sieht. Zum einen sei "der Krieg das beste Geschäft des Kapitalismus", zum anderen spalte er die Menschheit in Arm und Reich, was für zunehmende soziale Spannungen sorge. Ohne soziale Gerechtigkeit könne es auch keinen Frieden geben, so Morales.