USA "beunruhigt" über russische Militärpräsenz in Lateinamerika

Gerüchte über russisches Spionageschiff und neue Militärbasis auf Kuba. Rechte Politiker kritisieren "Machtprojektion" Russlands in der Region

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Das russische Schiff "Yantar"
Das russische Schiff "Yantar"

Washington. Politiker und Militärs in den USA zeigen sich zunehmend "besorgt" über vermeintliche oder tatsächliche militärische Aktivitäten der Russischen Föderation in Mittel- und Südamerika. Jeffrey Duncan, Abgeordneter für die Republikanische Partei im Repräsentantenhaus und Mitglied des Auswärtigen Ausschusses, erklärte vergangene Woche, die russische "Machtprojektion" in der westlichen Hemisphäre sei "zutiefst verstörend". Seine republikanische Parteikollegin, Ileana Ros-Lehtinen, die bis vor kurzem als Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses amtierte, schloss sich der Kritik an. Die exilkubanische Abgeordnete meinte, die russische Präsenz in Lateinamerika habe das Ziel, die "Gegner von Demokratie, Transparenz und Vorrang des Rechts" in der Region zu stärken.

Unlängst hatten Gerüchte die Runde gemacht, dass Russland eine Militärbasis auf Kuba einrichten könnte. Dem widersprach diese Woche Alexander Schetinin, der Leiter der Lateinamerikaabteilung des russischen Außenministeriums. "Unsere Beziehungen mit Kuba gehen in eine völlig andere Richtung", so Schetinin. Außerdem betonte er Kubas Recht, Guantánamo wieder zu erlangen.

Der Umstand, dass Russland auf 90 Prozent der Altschulden Kubas bei der Sowjetunion verzichtet, hatte Gerüchte aufkommen lassen, was Havanna im Gegenzug Moskau versprochen haben mag. Doch nicht nur verzichtete die Russische Föderation auf 35 Milliarden US-Dollar Schulden, sondern vergab auch noch einen neuen Kredit über 1,4 Milliarden Dollar sowie die Zusicherung, eine kubanische Stahlmühle für umgerechnet 100 Millionen Dollar zu modernisieren.

Mit Staatsbesuchen in Kuba, Argentinien, Nicaragua und Brasilien im Juli 2014 zeigte der russische Präsident Wladimir Putin, dass Russland enge Partner in der Region hat. Bei seinem Kuba-Besuch kamen erneut Gerüchte auf, dass Moskau den Horchposten im nordkubanischen Lourdes öffnen will. Diesen hatte die Sowjetunion im Jahr 1962 in der Nähe von Havanna eröffnet, um nordamerikanische Kommunikation abfangen zu können. Zu Hochzeiten arbeiteten dort 3.000 sowjetische Technikerinnen und Techniker. Als Zeichen des guten Willens gegenüber Washington ließ Präsident Putin im Jahr 2002 die Basis schließen.

Für Aufsehen in den USA sorgte im Oktober auch die Fahrt eines russischen Schiffes namens Yantar nach Kuba. Während Vertreter des Pentagons erklärten, es handle sich um ein Spionageschiff, das die Internet-Unterseekabel im westlichen Atlantik ausspähe, beharrten russische Vertreter darauf, dass die Yantar ein ozeanographisches Schiff sei. Rund 95 Prozent des globalen Internetdatenverkehrs laufen durch die Kabel auf dem Grund des Westatlantiks.

Auch in anderen Ländern Lateinamerikas zeigte Russland zuletzt vermehrt militärische Aktivitäten. So landeten russische Überschallbomber auf venezolanischen Luftwaffenbasen. Die russische Luftwaffe führt seit einiger Zeit verstärkt Patrouillenflüge in Golf von Mexiko durch. US-Experten vermuten, dass es Strategie Russlands sei, keine vollwertigen Militärbasen, sondern mit russischem Militärgerät kompatible "Plätze" einzurichten. Dies würde der US-Strategie des "Places, not Bases" entsprechen. Solche "Plätze" könnten sich in Kuba, Nicaragua und Venezuela befinden.

Vertreter des nicaraguanischen Militärs hatten im April diesen Jahres erklärt, dass Nicaragua russische Kampfflugzeuge des Typs MiG-29 und Patrouillenboote kaufen wolle. Angesichts des langjährigen nicaraguanisch-kolumbianischen Seestreits im Golf von Mexiko befürchten US-Experten, dass Moskau den langjährigen US-Verbündeten in Bogotá dort indirekt herausfordern wolle. Die Einrichtung von Bodenstationen des russischen Systems für satellitengestützte Navigation (Glonass) sahen einige US-Politiker und Militärs auch in einem militärischen Zusammenhang und vielleicht als Vorwand für neue Horchposten á la Lourdes in Nicaragua und Kuba.

Im Februar 2014 hatte der russische Verteidigungsminister Sergei Schoigu angekündigt, dass Russland anstrebt, Marinebasen in Argentinien, Kuba und Nicaragua zu errichten. Der russische Außenminister Sergei Lawrow spezifizierte einen Monat darauf, dass es Moskau nicht um vollwertige Basen, sondern um materiell-technische Versorgungspunkte gehe. Diese dienen der Auffüllung der Vorräte der russischen Marineschiffe, Erholungspausen der Mannschaft und der Reparatur von Schiffen.