Brasilien / Politik

Spaltung der Rechten in Brasilien?

Oppositionspartei PSDB bricht mit Unterhauspräsident Cunha. Vorwurf der Bestechlichkeit. Auch Linke übt scharfe Kritik und fordert Absetzung

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Demonstration gegen Cunha und die Sparpolitik in São Paulo am Sonntag
Demonstration gegen Cunha und die Sparpolitik in São Paulo am Sonntag

Brasília. Die größte Oppositionspartei im brasilianischen Kongress, die neoliberale PSDB, hat am Mittwoch ihren Bruch mit dem Präsidenten der Abgeordnetenkammer, Eduardo Cunha, verkündet. Die Partei erklärte, dass sie eine Absetzung unterstützen werde, sollte es Cunha nicht gelingen vor der Ethikkommission genügend Beweise zu präsentieren, die seine Unschuld im Skandal um den halbstaatlichen Ölkonzern Petrobras belegen.

Der Politiker der Mitte-Rechts "Partei der Brasilianischen Demokratischen Bewegung" (PMDB) wird beschuldigt, Bestechungsgelder in Millionenhöhe erhalten zu haben und über mindestens vier geheime Konten in den Schweiz zu verfügen. Anfang November leitete die Ethikkommission der Abgeordnetenkammer ein Absetzungsverfahren gegen Cunha ein.

Dieser bezeichnete die jüngste Entscheidung der PSDB als Akt der "Untreue". Der Abgeordnete Paulinho da Força, enger Vertrauter Cunhas sagte, dass die PSDB mit ihrem Verhalten "die Seiten gewechselt" habe und Cunha der Arbeiterpartei PT "ausliefert". Seine  PMDB ist zwar Koalitionspartnerin der regierenden PT, jedoch gilt der 57-Jährige als scharfer Widersacher der Regierung.

Cunha wird als Präsident der Abgeordnetenkammer über ein mögliches Amtsenthebungsverfahren gegen Präsidentin Dilma Rousseff entscheiden. Auch gegen Rousseff wird im Petrobras-Korruptionsskandal ermittelt. Ende Oktober hatte die Opposition einen Antrag auf Amtsenthebung eingereicht, der nun von Cunha auf seine Rechtmäßigkeit geprüft und im Falle seiner Zustimmung zur Abstimmung an das Parlament weitergeleitet wird. Cunha erklärte, dass die Positionierung der PSDB "in keiner Weise" seine Entscheidung über das Amtsenthebungsverfahren beeinflussen werde.

Auch linke Politiker und Bewegungen üben scharfe Kritik an Cunha. Am vergangenen Sonntag gingen im ganzen Land Zehntausende gegen den umstrittenen Unterhauspräsidenten auf die Straße. An der größten Demonstration in São Paulo beteiligten sich laut Veranstaltern rund 40.000 Menschen. Die Kritik richtet sich vor allem gegen die derzeitige neoliberale Sparpolitik, hinter der maßgeblich Cunha und PMDB-Finanzminister Joaquim Levy stehen. "Wir sind gegen die Haushaltskürzungen weil sie die Arbeitsrechte einschränken, Sozialprogramme kürzen und die Arbeiter die Rechnung für die ökonomische Krise zahlen lässt", erklärte der Sprecher der Wohnungslosenbewegung MTST Guilherme Boulos.

Cunha, Mitglied der evangelikalen Pfingstkirche "Assembly of God",  gilt zudem als Kopf der Evangelikalen-Lobby im Kongress. Erst kürzlich billigte der Parlamentsausschuss einen Gesetzentwurf, der die Familie lediglich als Vereinigung zwischen Mann und Frau festlegen und homosexuelle Paare von bestimmten Rechten ausschließen soll. Zudem kämpft die "Bibel-Lobby" – mit Cunha an ihrer Spitze – derzeit für eine Erschwerung von Schwangerschaftsabbrüchen. In den vergangenen Wochen kam es im ganzen Land zu feministischen Demonstrationen, organisiert vom Bündnis "Frauen gegen Cunha",  gegen den Rechtsruck im Parlament.