Santiago de Chile. Der Zusammenschluss "Chile Mejor Sin TPP" (Chile besser ohne TPP), in dem über 90 Organisationen der chilenischen Zivilgesellschaft vertreten sind, kritisiert die Auswirkungen des kürzlich fertig verhandelten Freihandelsabkommens TPP (Transpazifische Partnerschaft) und beklagt, dass dieses Menschenrechte verletze. Das Bündnis hat einen Brief mit diesem Inhalt an Präsidentin Michelle Bachelet übergeben.
"Wir fordern Sie zu einer breiten und öffentlichen Debatte um den Vertrag auf, und wir fordern Sie auf, zu garantieren, dass die Menschenrechte der Bevölkerung bewahrt werden, auch in Einklang mit den internationalen Verpflichtungen, die der Staat eingegangen ist", erklärte "Chile Mejor Sin TPP" zur Übergabe des Briefes am 10. Dezember, dem internationalen Tag der Menschenrechte. Das Bündnis repräsentiert Umweltschutz-, Bildungs-, Menschenrechts- und indigene Organisationen sowie einzelne Bürger und Abgeordnete und verlangt unter anderem, dass das Parlament die Unterzeichnung des Abkommens verweigert.
Das Schreiben weist Präsidentin Bachelet darauf hin, dass TPP im Widerspruch zu anderen internationalen Abmachungen stehe. Konkret beziehen die Kritiker sich auf Artikel 6 des Übereinkommens 169 der Internationalen Arbeitsorganisation, nach dem Regierungen indigene Völker konsultieren müssen, wenn legislative oder administrative Maßnahmen erwogen werden, die diese betreffen könnten. Dies wäre bei TPP der Fall: Investitionen, die sich durch TPP ergeben, fänden in Chile vorrangig im Zusammenhang mit der Ausbeutung natürlicher Ressourcen statt, wie im Minenbau, in der Lachszucht oder der kommerziellen Nutzung der Wälder. Diese wiederum befinden sich meist auf indigenen Territorien. Chiles Regierung hätte also indigene Vertreter zumindest vorher konsultieren müssen.
Aufgrund dieses Sachverhaltes sind Vertreter der Mapuche-Indigenen mit einer Klage bei den Vereinten Nationen vorstellig geworden, in der sie dem chilenischen Staat vorwerfen, ihre Rechte zu verletzen.
Daneben kritisiert das Bündnis den strengen Patentschutz für Medikamente, der durch TPP festgelegt wird, und die Entwicklung günstiger und somit für alle Menschen verfügbaren Nachahmerpräparate verhindert. So erklärte Jorge Cardenas, chemischer Pharmazeut und Mitglied des Bündnisses: "Dies kann fatale Folgen für die Gesundheit der Chilenen haben. Eigentlich wollten wir den Außenminister fragen, wie lange es dauert, bis das Patent auf ein neues Medikament es ermöglicht, seinen Preis zu senken - fünf oder acht Jahre?" Insbesondere Menschen mit geringem oder keinem Einkommen würden die Auswirkungen zu spüren bekommen und könnten sich viele Medikamente nicht mehr leisten.
Weitere Kritikpunkte sind die Anpassung nationaler Gesetze an Regelungen des Freihandelsabkommens: Starke Regulierungen des Internets werden als Hindernis für den freien Zugang zu Informationen angesehen. Die privaten Schiedsgerichte würden institutionelle Möglichkeiten schaffen, mit denen Unternehmen Staaten auf entgangene Profite in Milliardenhöhe verklagen können.
TPP wurde über fünf Jahre hinweg von Pazifik-Anrainern wie den USA, Australien, Peru, Mexiko, Chile, Japan, Kanada, Vietnam und Singapur verhandelt. Die Verhandlungen fanden im Geheimen unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt und wurden im Oktober beendet. Die Ratifizierung soll innerhalb der nächsten zwei Jahre stattfinden. Die nationalen Parlamente können jedoch nur für oder gegen das Abkommen stimmen, ohne die Möglichkeit, jetzt noch Einfluss auf den Vertragstext zu nehmen.