Schiedsverfahren: Kolumbien gewinnt millionenschweren Rechtsstreit im Fall Meritage

Immobilienplaner klagten wegen Eigentumsverlust. Erstmals staatliche Schutzinteressen gegenüber der Drogenwirtschaft anerkannt

world_bank_building_at_washington.jpeg

Sitz des ICSID im Weltbankgebäude in Washington
Sitz des ICSID im Weltbankgebäude in Washington

Washington. Im Fall Seda und Andere gegen Kolumbien um das Immobilienprojekt Meritage in Medellin hat das Internationale Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID) in Washington das Urteil zugunsten des kolumbianischen Staates verkündet.

Die US-Investoren hatten von Kolumbien eine Entschädigungszahlung in Höhe von 255 Millionen US-Dollar wegen des Eigentumsverlusts gefordert.

Mit dem Urteil akzeptierte das Gericht die Argumentation der kolumbianischen Verteidigung auf Grundlage einer Regelung zur "wesentlichen Sicherheitsausnahme". Diese basierte auf dem Vorwurf, dass das Land, auf dem die Luxusimmobilien entstehen sollten, aus den Händen von Paramilitärs und Drogenkartellen stammte.

2016 hatte die Generalstaatsanwaltschaft in Kolumbien ein Verfahren zur Einziehung des Vermögenswerts eingeleitet. 55 Hektar des Grundstücks sollen durch das "Oficina de Envigado", eine paramilitärische Vereinigung, im Zuge des bewaffneten Konflikts enteignet worden und später an die Investorengruppe verkauft worden sein.

Ángel Samuel Seda, Vertreter der Royal Reality Group, hatte den Staat daraufhin auf Schadensersatz verklagt. Die Klage der Investoren wurde bereits im März 2019 beim ICSID, das zur Weltbankgruppe gehört, registriert.

Auf dem Grundstück im Sektor Las Palmas in Medellín sollten Geschäftsräume, Luxuswohnungen und Landhäuser entstehen. Die Intervention der Generalstaatsanwaltschaft habe die Fertigstellung eines der ehrgeizigsten Wohnungs- und Hotelprojekte des Landes behindert, klagten die Investoren des Meritage-Projekts. Sie hatten den Vorwurf der Verbindungen zu kriminellen Banden im Rahmen der Kaufhandlungen zurückgewiesen. Durch die Aussagen verschiedener ehemaliger Narco-Paramilitärs über den Besitz des Grundstücks und Kokainschulden verdichteten sich jedoch die Beweise.

Die Ausnahmeregelung im Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen der Welthandelsorganisation erlaubt es Staaten, Maßnahmen zu ergreifen, die zum Schutz ihrer grundlegenden Interessen angesichts erheblicher Bedrohungen wie dem Drogenhandel notwendig sind. Sie wurde jedoch bisher nicht vor einem internationalen Gericht durchgesetzt. Auch aus diesem Grund ist das Urteil für Kolumbien als besonderer Erfolg zu werten.

Laut einem Bericht des Anwaltskollektivs José Alvear Restrepo (Cajar) und des Transnationalen Instituts (TNI) ist der Fall Seda eine von insgesamt 21 Klagen, die gegen Kolumbien von ausländischen Investoren zwischen 2016 und März 2023 eingereicht wurden.

2018 war Kolumbien weltweit das Land mit den meisten Investor-Staat-Schiedsverfahren. Diese wurden überwiegend von Bergbaufirmen initiiert. Lediglich der Fall Seda betrifft das Baugewerbe. Cajar und TNI beklagen, dass solche Investitionsschutzabkommen grundlegende Funktionen des Staates, wie nationales Recht, in Teilen untergraben würden.