Venezuela / Politik

Oppositionsmehrheit im Parlament von Venezuela ignoriert Gerichtsurteil

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Die vom Obersten Gericht suspendierten Abgeordneten Julio Haron Ygarza, Nirma Guarulla und Romel Guzama aus dem Bundesstaat Amazonas bei der Vereidigung
Die vom Obersten Gericht suspendierten Abgeordneten Julio Haron Ygarza, Nirma Guarulla und Romel Guzama aus dem Bundesstaat Amazonas bei der Vereidigung

Caracas. Das Oppositionsbündnis Tisch der Demokratischen Einheit (MUD) hat am ersten regulären Sitzungstag des neu gewählten Parlaments in Venezuela die Entscheidung der Wahlkammer des Obersten Gerichtshofes (TSJ) zur vorläufigen Suspendierung von drei ihrer Abgeordneten ignoriert und sie vereidigt.

Nur wenige Tage vor der konstituierenden Sitzung des Parlaments am 5. Januar hatte der Oberste Gerichtshof die Vereidigung aller Abgeordneten aus dem Staat Amazonas blockiert, darunter auch drei Vertreter der Opposition. Die Beschwerde war von einer Abgeordneten der regierenden Vereinigten Sozialistischen Partei (PSUV) wegen des mutmaßlichen Kaufs von Stimmen eingereicht worden. Die PSUV-Fraktion verkleinert sich damit vorerst von 55 auf 54 Mandate. Der MUD muss auf drei Abgeordnete verzichten – und verliert damit zunächst wieder die Zweidrittelmehrheit.

Oppositionsvertreter hatten zwar angekündigt, trotz des Urteils zur Parlamentseröffnung mit allen 112 Gewählten anzutreten. Bei der Sitzung am Dienstag kam es jedoch noch nicht zum Eklat,  es blieb – wohl auch wegen starker internationaler Medienbeachtung – beim Protest: Einige MUD-Abgeordnete hielten Schilder mit der Aufschrift "Wir sind 112" hoch.

Einen Tag später, bei der ersten ordentlichen Sitzung des  Parlaments, überging die neue Leitung der Nationalversammlung unter Führung von Parlamentspräsident Ramos Allup mit Unterstützung der MUD-Mehrheit das Urteil der Wahlkammer und vereidigte die Abgeordneten Julio Haron Ygarza, Nirma Guarulla und den Indigenen-Vertreter Romel Guzama aus dem Bundesstaat Amazonas.

Die PSUV-Fraktion protestierte scharf dagegen und kündigte an, gegen dieses Vorgehen Beschwerde beim TSJ einzulegen. Die Vereidigung von suspendierten Abgeordneten sei ein Verstoß gegen die Verfassung, sagte der PSUV-Abgeordnete Diosdado Cabello. Damit seien auch alle Abstimmungen und Entscheidungen, die unter Vorsitz von Allup und mit Beteiligung dieser drei Abgeordneten herbeigeführt werden, null und nichtig.