Indigene in Mexiko setzen nach Protesten Bürgermeisterin ab

Proteste gegen Politikerin der Grünen Partei. Bewegung richtet sich gegen die Macht von feudal herrschenden Politikerfamilien

Tuxtla Gutiérrez, Mexiko. Nach monatelangen Protesten hat eine indigen geprägte Protestbewegung im südmexikanischen Bundesstaat Chiapas ihr Ziel erreicht: Die Bürgermeisterin María Gloria Sánchez Gómez von der Grünen Partei Mexikos (PVEM) hat am 5. Februar ihren Rücktritt eingereicht. Zuvor hatte seit ihrer umstrittenen Wahl im Juli 2015 eine breite Oppositionsbewegung ihren Amtsantritt verhindert. Sánchez war von 2005 bis 2007 bereits Bürgermeisterin des 115 Gemeinden zählenden Bezirks Oxchuc gewesen. Ihr Ehemann Norberto Sántiz López regierte die Gemeinde ebenfalls zwei Mal und war auch Abgeordneter der Partei der Institutionalisierten Revolution (PRI) von Mexikos Präsident Enrique Peña Nieto. Die Protestbewegung bezichtigt die Familie des Wahlbetrugs und besetzte das Bürgermeisteramt.

Am 8. Januar eskalierte die Situation, als das Innenministerium des ebenfalls von der Grünen Partei regierten Bundesstaates Chiapas die Anführer des Protests zu Verhandlungen in das nahe gelegene San Cristóbal de Las Casas einlud, dort jedoch 37 Indigene verhaftete. Demonstranten besetzten daraufhin die Bundesstraße zu Palenque, zündete mehrere Häuser der Politikerfamilie an und lieferten sich Straßenschlachten mit einem Großaufgebot der Polizei, die trotz Helikopter- und Tränengaseinsatzes nicht Herr der Lage wurde. 27 Polizisten wurden von der aufgebrachten Bevölkerung festgesetzt.

Auch Touristen, darunter viele Europäer, gerieten an diesem Tag auf der beliebten Route zum Touristenort Palenque zwischen die Fronten: "Die Unsicherheit im Bus war groß. Wir wussten nicht, was los ist, hörten jedoch die Helikopterflüge und gelangten letztlich nach vielen Stunden über einen großen Umweg an unser Ziel", berichtet eine Deutsche gegenüber amerika21. Andere hatten weniger Glück, wurden von den Busfahrern im Stich gelassen, ihre Busse mitsamt Gepäck angezündet. Die Touristen, die mit dem Schrecken davonkamen, beklagten fehlende Entschädigungen der Busunternehmen und verdächtigten die Behörden, den Vorfall aus Imagegründen vertuschen zu wollen.

Die am Tag der Auseinandersetzungen von der Bevölkerung festgehaltenen Polizisten wurden kurz darauf gegen die verhafteten indigenen Anführer ausgetauscht. Die Protestbewegung von Oxchuc machte mit weiteren großen und friedlichen Demonstrationen auf sich aufmerksam. Kurz vor dem Besuch von Papst Franziskus, der am 15. Februar in San Cristóbal de Las Casas erwartet wird, scheint der lokale Machtkampf entschieden. Nun sollen die 115 Dörfer von Oxchuc ihre neue Vertretung nach indigenen Bräuchen bestimmen. Diese muss dann vom chiapanekischen Parlament bestätigt werden.

Oxchuc zählt laut mexikanischem Geografieinstitut zu den ärmsten Bezirken in ganz Mexiko. Von den gut 43.000 Bewohnern leben über 30.000 in extremer Armut. Doch umliegende Gemeinden sind von Marginalisierung und politischer Korruption ähnlich hart betroffen. Auch in Altamirano, Chanal und Ixtapa formiert sich Widerstand gegen die in feudalem Stil herrschenden Politikerfamilien, der sogenannten Kaziken.

"Was in Oxchuc begann, ist der Kampf gegen die politischen Kaziken, welche in der Mehrheit der 122 Bezirke in Chiapas regieren", kommentierte der Journalist und Beobachter Isain Mandujano die Krise. "Oxchuc ist nur ein Teil der schwelenden Konflikte, die noch nicht offen ausgebrochen sind."