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Schwere Vorwürfe gegen Behörden in Mexiko im Fall Iguala

Unabhängigen Experten wird Akteneinsicht und Zugang zu Beweismaterial verweigert. Verzögerte Ermittlungen im Zusammenhang mit Spur zum Drogenhandel

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Die Eltern der 43 Lehramtsstudenten fordern Ermittlungen "Bis die Wahrheit festgestellt ist, bis es Gerechtigkeit gibt, bis sie gefunden sind!"
Die Eltern der 43 Lehramtsstudenten fordern Ermittlungen "Bis die Wahrheit festgestellt ist, bis es Gerechtigkeit gibt, bis sie gefunden sind!"

Mexiko-Stadt. Die unabhängige Expertenkommission (GIEI), die seit November 2014 an der Aufklärung des Verschwindenlassens der 43 Lehramtsstudenten aus Ayotzinapa arbeitet, hat über zahlreiche Hindernisse bei ihren Ermittlungen berichtet. Die jungen Männer waren im September 2014 von Polizisten verschleppt und mutmaßlich ermordet worden.

Die fünfköpfige Expertenkommission, die von der Interamerikanischen Menschenrechtskommission (CIDH) eingesetzt wurde, kritisierte bei einer Pressekonferenz am 22. Februar in Mexiko-Stadt die diversen, gleichzeitig laufenden Vorermittlungen, die die Unterabteilung für Bekämpfung der organisierten Kriminalität unter der Obhut der Generalstaatsanwaltschaft (PGR) eingeleitet hat. Diese wurden getrennt von den Hauptermittlungen und ohne Einbeziehung der GIEI durchgeführt.

Auf die Forderungen der Experten nach Akteneinsicht und Aushändigung von beglaubigten Kopien der Ermittlungsakten sind die Behörden bis heute nicht eingegangen. Zudem wurde ihnen der Zugang zu Video- und Fotomaterial des 27. Militärbataillons über die polizeilichen Angriffe auf die Lehramtsstudenten in der Nacht vom 26. zum 27. September 2014 bis heute nicht gewährt.

Die GIEI-Mitarbeiter äußerten sich sehr überrascht über die neueste, mittlerweile fünfte Erklärung der mexikanischen Regierung, dass nur 17 der 43 jungen Männer in der Müllkippe von Cocula verbrannt worden wären. Diese These sei aus bisheriger Sicht inkonsistent. Zudem stelle sich die Frage nach der Motivation der Regierung für eine neue Erklärung eineinhalb Jahre nach dem mutmaßlichen Massaker. Die PRG hatte im November 2014 zunächst erklärt, die 43 Studenten seien unmittelbar nach ihrer Verschleppung ermordet und in der Müllkippe verbrannt worden. Argentinische Forensiker hatten diese Version widerlegt.

Im Rahmen ihrer Untersuchungen hatte die GIEI im Dezember 2015 von der Generalstaatsanwaltschaft gefordert, einen Antrag auf Rechtshilfe bei den Behörden der US-amerikanischen Stadt Chicago zu stellen. Es bestehe der dringende Verdacht des Tranportes von Heroin aus dem Bundesstaat Guerrero nach Chicago in mexikanischen Reisebussen unter Beteiligung der lokalen Regierung und der nationalen Streitkräfte. Dies wird wiederum mit den Vorfällen in Iguala und dem Verschwinden der Lehramtsstudenten in Zusammenhang gebracht: sie hatten am 26. September mehrere Reisebusse gekapert, um nach Mexiko-Stadt zur Gedenkdemonstration des Studentenmassakers vom 2. Oktober 1968 zu fahren. Einer der Busse soll Heroin geladen haben, wovon die Studenten nichts ahnen konnten. Das Rechtshilfeersuchen wurde jedoch erst in diesem Monat in Gang gebracht.

Die Experten prangerten darüber hinaus die herabsetzende Darstellung über sich in den Medien an, die von rechtskonservativen Kreisen und Militärs vorangetrieben werde, ohne dass die mexikanische Regierung bis heute dazu Stellung genommen habe.

Im Fall des Mordes und der Folter an Julio Cesar Mondragón, der in der Nacht des Überfalls auf der Straße tot aufgefunden wurde, haben die 22 beteiligten und schwer belasteten Polizisten Berufung eingelegt, die von den zuständigen Richtern "auf Grund mangelnder Beweise" jetzt zugelassen wurde.

Indes haben die Eltern der verschwundenen jungen Männer am 22. Februar erneut eine Karawane in die Bundesstaaten Nuevo León und Tamaulipas gestartet. Sie wollen die Orte aufsuchen, wo die Ermittlungen gegen die 22 Polizisten eingestellt wurden und erhoffen sich Gespräche mit den zuständigen Richtern. Nach wie vor fordern sie die Befragung des 27. Militärbataillons, das in der Nacht des Geschehens im Einsatz war und dass die Verantwortlichen vor Gericht gebracht werden.