Brasilien / Politik

Empörung nach Razzia und Verhör von Lula da Silva in Brasilien

Wohnung des Ex-Präsidenten durchsucht. Verhör durch Bundespolizei. Regierende Arbeiterpartei (PT) kritisiert "politisch motiviertes Spektakel"

São Bernardo do Campo, Brasilien. Die brasilianische Bundespolizei hat am Freitagmorgen die Wohnung des ehemaligen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva in São Bernardo do Campo im Bundesstaat São Paulo durchsucht. Mehr als 200 Polizisten waren bei der Operation im Einsatz. Auch im Instituto Lula, einer gemeinnützigen Stiftung der regierenden Arbeiterpartei PT und im Haus eines der Söhne da Silvas liefen laut Presseberichten Razzien ab. Zudem wurde der Ex-Präsident zu einem dreistündigen Verhör in den Flughafen Congonhas abgeführt. In São Paulo und São Bernardo do Campo kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Anhängern und Kritikern da Silvas, bei denen mindestens vier Menschen verletzt wurden.

Laut Aussage der Bundespolizei gebe es Hinweise darauf, dass da Silva von dem Korruptionsnetz beim Erdölkonzern Petrobras profitiert habe. So sollen Baufirmen Schmiergelder aus dem "Petrolão-Skandal" in mehrere Immobilien des PT-Mitbegründers investiert haben. Seit 2014 wird im Rahmen der Operation "Lava Jato" (Autowäsche) gegen Politiker und Manager des Konzerns ermittelt.

Die rechtsgerichtete Opposition begrüßte den Polizeieinsatz. Der ehemalige Präsidentschaftskandidat der neoliberalen Partei der brasilianischen Sozialdemokratie (PSDB), Aécio Neves, erklärte, Brasilien habe es verdient, "die Wahrheit zu kennen". Der PSDB-Präsident des Bundesstaates Minas Gerais, Domingos Sávio, sagte, dass die Justiz da Silva "direkt ins Gefängnis schicken soll".

Das brasilianische Medienmonopol Globo verbreitete die Geschehnisse von Freitag fälschlicherweise als "Lulas Festnahme". Seit Wochen steht der ehemalige Gewerkschaftsführer und Präsident im Fokus des Senders. Kritiker sehen in der medialen Kampagne auch den Versuch, die Regierung von Präsident Dilma Rousseff zu stürzen.

Die regierende Arbeiterpartei PT kritisierte die Ereignisse scharf. Der Großeinsatz der Polizei und das anschließende Verhör da Silvas sind laut dem ehemaligen Präsidenten der Anwaltskammer von Rio de Janeiro und Bundesstellvertreter der PT, Wadih Damous, unrechtmäßig gewesen, weil er sich bisher keiner richterlichen Vorladung zur Aussage im Fall Lava Jato widersetzt habe.

Da Silva äußerte sich nach dem Verhör vor Parteigenossen im PT-Hauptquartier und erklärte, dass er sich wie ein Gefangener gefühlt habe. "Die Medienshow wird mehr geschätzt als eine ernsthafte und verantwortungsvolle Untersuchung. Wie auch immer, nichts davon verringert meinen Willen, sie haben in mir die Flamme entfacht, so dass der Kampf weitergeht", sagte der 70-Jährige. Seine Unterstützer rief er dazu auf, wieder auf die Straße zu gehen.

In São Paulo versammelten sich am Abend mehrere tausend Anhänger der PT zu einer Kundgebung in einem Gewerkschaftsgebäude. Bürgermeister Fernando Haddad verurteilte auf der Bühne die Ereignisse des Tages als "Putsch gegen den demokratischen Staat". Die gesamte Operation "war ein reines Spektakel. Lula hat immer mit der Polizei zusammengearbeitet. Aus diesem Grund müssen wir von einer medialen Entführung sprechen. Was heute passiert ist sollte in keiner Weise zur Aufklärung des Falles beitragen und hat eine klare politische Motivation", sagte der PT-Politiker Alexandre Padilha im Gespräch mit amerika21.

Die PT ruft für die kommenden Tage zu Demonstrationen im ganzen Land auf. Auch rechte Regierungsgegner haben eine Großdemonstration am 13. März in São Paulo geplant.