Venezuela / Politik

Regierung und Opposition in Venezuela bilanzieren das Jahr 2017

Präsident Maduro erhöht Mindestlohn und lädt Bevölkerung zur Diskussion des Wahlprogramms ein. Oppositionsbündnis will 2018 Regierungswechsel erreichen

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Der Präsident von Venezuela, Nicolás Maduro, bei seiner Ansprache am 31. Dezember
Der Präsident von Venezuela, Nicolás Maduro, bei seiner Ansprache am 31. Dezember

Caracas. In Venezuela haben sowohl Regierungs- als auch Oppositionsvertreter öffentlich Bilanz über das vergangene Jahr gezogen. Dabei versuchten sie auch, sich angesichts der 2018 anstehenden Präsidentschaftswahlen zu positionieren.

Präsident Nicolás Maduro betonte, Venezuela habe entgegen der feindseligen Berichterstattung in vielen Medien seine Beziehungen zu anderen Ländern gestärkt und in internationalen Organisationen eine aktive Rolle gespielt. Erneut nahm Maduro auch auf den "Wirtschaftskrieg" Bezug, dem Venezuela laut der Regierung ausgesetzt ist. 2017 sei "ein Jahr der Bedrohung" der venezolanischen Bevölkerung durch wirtschaftliche Destabilisierung, Gewalt, Sabotage, internationale Kampagnen und finanzielle Blockade gewesen, sagte er am Sonntag während seiner Botschaft zum Jahresende. Dennoch sei es gelungen, den sozialen Frieden und die politische Stabilität zu bewahren.

Der Präsident betonte, dass das Land mit der angekündigten Schaffung der Kryptowährung Petro neue währungs- und finanzpolitische Wege gehen wolle. Der Wert des Petro soll, im Gegensatz zu herkömmlichen Kryptowährungen wie dem Bitcoin, durch Venezuelas natürliche Ressourcen wie Öl und Edelmetalle gedeckt sein.

Angesichts der galoppierenden Inflation im Land kündigte der Staatschef per 1. Januar eine Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns um 40 Prozent sowie einen Zuschlag von 30 Prozent auf Lebensmittelgutschriften an. Auch die Renten werden im Einklang mit dem Mindestlohn angehoben.

Mit Blick auf die Präsidentschaftswahlen 2018 lud Maduro die Amtsträgerinnen und Amtsträger der regierenden Vereinten Sozialistischen Partei (Partido Socialista Unido de Venezuela, PSUV) und Vertreter sozialer Bewegungen für das erste Janaurwochenende zu einer ersten Diskussion über das Wahl- und Regierungsprogramms für die Periode 2019-2025 ein. Er wolle mit einem "Plan des Volkes zur Fortführung der sozialistischen Revolution, unserer Revolution des 21. Jahrhunderts" zu den Wahlen antreten, so Maduro. Der Präsident rief alle Venezolanerinnen und Venezolaner auf, sich an der Ausarbeitung dieses Planes zu beteiligen.

Auch das Oppositionsbündnis Tisch der demokratischen Einheit (MUD) bilanzierte in einer Botschaft zum Jahresende die vergangenen zwölf Monate. Nie zuvor habe Venezuela ein "so trauriges und schmerzhaftes Jahresende" erlebt, schrieb die Allianz in der Mitteilung. So sei die Inflation die höchste der Welt und die Knappheit an Nahrungsmitteln und Medikamenten die schlimmste Lateinamerikas. Das "Regime von Maduro" habe im vergangenen Jahr "sein grausamstes und autoritärstes Gesicht gezeigt", schrieb der MUD, der sich gleichzeitig rühmte, "an der Spitze der längsten und massivsten Proteste in der Geschichte des Kontinents" gestanden zu haben.

Bei gewaltsamen Ausschreitungen gegen die Regierung kamen in Venezuela zwischen März und Juli 2017 über 120 Menschen zu Tode, darunter zahlreiche Angehörige der Sicherheitskräfte und unbeteiligte Passanten. Zeitweise kam es zu regelrechten Hetzjagden gegen vermeintliche "Chavisten", wie die Anhänger der Regierung genannt werden. Mehrere Personen wurden bei lebendigem Leibe angezündet. Auch zahlreiche Gebäude von Regierungsinstitutionen, Krankenhäuser und andere öffentliche Einrichtungen wurden im Zuge der Proteste angegriffen und teilweise zerstört.

Der MUD gestand denn auch "Fehler und Versäumnisse" ein, was das vergangene Jahr betrifft. So sei es nicht gelungen, der Bevölkerung klarzumachen, dass die Wahlen "die Fortsetzung derselben Schlacht war, die wir das ganze Jahr über führten". Tatsächlich gewann das Regierungslager alle drei Urnengänge 2017 haushoch: Die Wahl zur verfassunggebenden Versammlung im Juni (die von den MUD-Parteien boykottiert wurde), die Regionalwahlen im Oktober und die Gemeindewahlen im Dezember (die einige Oppositionsparteien ebenfalls boykottierten).

Für 2018 kündigte der MUD "eine sichere und unvermeidliche Zunahme sozialer Konflikte" an. Das Bündnis bekräftige seine Absicht, "die Regierung auszuwechseln, um die soziale Krise unseres Volkes zu beheben", und rief die Bevölkerung zum "Kampf gegen die Diktatur" auf. "Die schwierige Situation, die auf uns zukommt", könne durch "Einheit und Intelligenz" bewältigt werden und "zum Vorspiel von Ereignissen werden, die uns dem Ziel des politischen Wechsels näherbringen", heißt es kryptisch in der Mitteilung. Ob der MUD an den Präsidentschaftswahlen dieses Jahr teilnehmen wird und wer für das Bündnis antreten könnte, ist bisher nicht bekannt.