Diplomatisches Ränkespiel um Venezuela nach US-Besuch

US-Außenminister Tillerson schmiedet Allianzen gegen die sozialistische Führung in Caracas. Kritik aus Bolivien und Kuba

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Außenminister der Lima-Gruppe: Venezuela ist nicht willkommen beim Amerikagipfel in Peru im April
Außenminister der Lima-Gruppe: Venezuela ist nicht willkommen beim Amerikagipfel in Peru im April

La Paz/Bogotá/Lima/Caracas. Boliviens Präsident Evo Morales hat die Union südamerikanischer Nationen (Unasur) aufgefordert, sich auf einem Dringlichkeitsgipfel mit den Drohungen der USA gegenüber Venezuela zu befassen. Einen Tag zuvor hatte sich der venezolanische Generalstaatsanwalt Tarek William Saab zu Wort gemeldet und von einer geplanten US-Militärintervention gegen Venezuela gesprochen. Diese sei vom Nachbarland Kolumbien aus geplant. Kolumbien hingegen wies dies zurück.

US-Außenminister Rex Tillerson hatte während seines Lateinamerikabesuchs Anfang Februar betont, dass die USA die für den 22. April angesetzten Präsidentschaftswahlen in Venezuela nicht anerkennen werden. Für Unmut hatte zudem ein Tweet des Senators Marco Rubio von den Republikanern gesorgt. Darin heißt es, dass "die Welt das venezolanische Militär unterstützen würde, falls es sich zum Schutz des Volkes und zur Wiederherstellung der Demokratie durch die Absetzung des Diktators entscheiden würde". Im August des vergangenen Jahres hatte US-Präsident Donald Trump ebenfalls von einer "möglichen Militäroption" gesprochen, falls dies notwendig sei.

Morales bekräftigte demgegenüber seine solidarische Haltung gegenüber Venezuela, dessen Souveränität respektiert werden müsse. "Ich glaube, dass Tillerson mehrere Länder besucht, um ihre Präsidenten der Rechten zu überzeugen oder zu beeinflussen, damit sie sich an einer militärischen Intervention oder der Zerstörung Venezuelas beteiligen", so das bolivianische Staatsoberhaupt.

Kolumbien dementierte unterdessen die Version des venezolanischen Generalstaatsanwaltes und spricht sich gegen eine militärische Option in Venezuela aus. Die kolumbianische Außenministerin María Ángela Holguín wies mutmaßliche Militärmaßnahmen von kolumbianischen Territorium aus zurück: "Wir haben genügend Probleme in Kolumbien, um die wir uns kümmern müssen, anstatt über eine Militärintervention in Venezuela nachzudenken. Wir haben niemals darüber nachgedacht", so Holguín gegenüber Journalisten. Sie unterstrich damit noch einmal die Position des kolumbianischen Präsidenten Juan Manuel Santos. Dieser hatte sich während der Zusammenkunft mit Tillerson am 7. Februar im kolumbianischen Präsidentenpalast für die Wiederherstellung der Demokratie in Venezuela ausgesprochen, allerdings auf demokratischem Wege. Die "Diktatur Maduros" ist seiner Meinung nach für die humanitäre Katastrophe an der Grenze zwischen Venezuela und Kolumbien verantwortlich. Aktuell sorgt die verstärkte Emigration von Venezolanern nach Kolumbien für eine problematische Situation an der Grenze beider Länder. Für eine "kontrollierte, geordnete und rechtmäßige" Migration hatte Santos unter anderem 3.000 Militärs und Polizisten an mehr als 250 Grenzpunkten positioniert und die Region militarisiert, was die diplomatischen Beziehungen beider Länder weiter anspannt.

Auf seiner Lateinamerikareise hatte Tillerson dafür geworben, auf dem kommenden Amerika-Gipfel am 13. und 14. April 2018 in Peru eine Erklärung gegen Venezuela zu verabschieden und Sanktionen auf regionaler Ebene durchzusetzen. Auch solle Präsident Nicolás Maduro nicht teilnehmen dürfen. Daraufhin zog die peruanische Außenministerin Cayetana Aljovín am 13. Februar während eines Treffens der Lima-Gruppe die Einladung der venezolanischen Regierung zum Gipfel zurück. Die Entscheidung sei von Perus Präsident Pedro Pablo Kuczynski höchstpersönlich gefällt worden und werde von den zwölf Ländern der sogenannten Lima-Gruppe (Argentinien, Brasilien, Chile, Costa Rica, Guatemala, Honduras, Kanada, Kolumbien, Mexico, Panama, Paraguay und Peru) und den USA unterstützt. Der Grund dafür sei der "verfassungswidrige Bruch mit der demokratischen Ordnung" in Venezuela und die Einberufung der Präsidentschaftswahlen in Venezuela für den 22. April 2018.

Die Lima-Gruppe hatte sich am 8. August 2017 als Ad-hoc-Zusammenschluss gegründet, um ihre Nicht-Anerkennung der verfassunggebenden Versammlung in Venezuela zum Ausdruck zu bringen, nachdem Sanktionen gegen Venezuela innerhalb der OAS aufgrund des Widerstands der karibischen Länder verhindert worden waren. Nur Bolivien und Kuba wandten sich bisher gegen die Ausladung Venezuelas für den Gipfel im April. Nicolás Maduro erwiderte am 15. Februar, dass er zum Gipfel nach Peru reisen werde, koste es was es wolle. Daraufhin kündigte die peruanische Premierministerin Mercedes Aráoz an, dass ihr Land die Einreise Maduros unterbinden werde.

Kubas Außenministerium wies das Vorgehen der meist rechtsgerichteten Staaten der "Peru-Gruppe" gegen Venezuela indes als Einmischung in die inneren Angelegenheiten des südamerikanischen Landes zurück. Auch kritisierte Havanna die Ausladung Venezuelas vom Amerika-Gipfel. Die Klassifizierung Venezuelas als "Gefahr für die nationale Sicherheit", die schon unter der Regierung von Präsident Barack Obama vorgenommen worden war, schaffe zudem die Gefahr einer militärischen Intervention der USA, hieß es aus Havanna.

In Peru bezeichneten zwei ehemalige Außenminister und ein bekannter Politanalytiker die Ausladung Venezuelas vom Amerika-Gipfel als Fehler. Eine solche Entscheidung stehe dem Gastgeberland nicht zu, urteilten die Ex-Minister Diego García Sayán und Eduardo Ferrero. Wie auch der Politologe Farid Kahhat kritisierten die Politiker die Entscheidung der konservativen Regierung von Präsident Pedro Pablo Kuczynski, selbst eine mögliche Einreise Maduros verhindern zu wollen. Diese Ankündigung hatte die amtierende Außenministerin Mercedes Aráoz Ende der Woche nochmals bekräftigt. Kahhat ging in der Debatte davon aus, dass diese einmalige Haltung auf direkten Druck von US-Außenminister Tillerson zurückzuführen ist.