Bolivien / Politik

Demonstrationen in Bolivien für und gegen Wiederwahl von Morales

Weitgehend friedliche Proteste. Polizei setzte Tränengas gegen Blockierer ein. Streikaufrufe in La Paz, Cochabamba und Santa Cruz wurden teilweise befolgt

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Demonstration in Cochabamba zur Unterstützung von Präsident Evo Morales
Demonstration in Cochabamba zur Unterstützung von Präsident Evo Morales

La Paz et al. Große Demonstrationen sowohl von Anhängern des Präsidenten Evo Morales als auch von seinen Gegnern kennzeichneten die Situation am 21. Februar in den großen Städten Boliviens. Streiks legten Teile des öffentlichen Lebens lahm. Vereinzelt gab es Zusammenstöße zwischen Demonstranten der MAS und Morales-Gegnern, die Straßen blockierten. Teilweise hat die Polizei unter Einsatz von Tränengas Blockaden aufgelöst. Insgesamt blieb die Lage aber meist friedlich.

Anlass war der Jahrestag des Referendums, in dem vor zwei Jahren über eine Verfassungsänderung abgestimmt wurde. Sie sollte die erneute Wiederwahl des seit 2006 regierenden und zweimal wiedergewählten Präsidenten ermöglichen. Morales hatte das Referendum knapp verloren und sprach von einer von den Rechten gesteuerten Kampagne. Nach einer Verfassungsbeschwerde beschloss der Oberste Gerichtshof jedoch, dass weitere Kandidaturen für Amtsträger zulässig sind. In der Beschwerde hieß es, die Begrenzung der Wiederwahl schränke die politischen Rechte ein, die Bolivien mit der Unterzeichnung der Amerikanischen Menschenrechtskonvention von 1969 anerkannt habe. Das Gericht begründete das Urteil mit der Anwendung des Artikels 256 der aktuellen Verfassung, nach dem Menschenrechte in internationalen Verträgen dann Vorrang vor nationalem Recht genießen, sofern sie diese begünstigen. Die Menschenrechtskonvention sei in Bezug auf die politischen Rechte die zu bevorzugende Gesetzgebung.

In der Hauptstadt La Paz kam es zu Straßenblockaden der Morales-Gegner, die von der Polizei teilweise unter Einsatz von Tränengas aufgelöst wurden. Diese hatten auch zu einem Generalstreik aufgerufen. Parallel dazu demonstrierten Anhänger der Regierungspartei Bewegung für den Sozialismus (MAS) von Präsident Morales und sagten ihm Unterstützung für seine erneute Kandidatur zu.

In Santa Cruz kamen nach Angaben des regionalen Verantwortlichen für das Erziehungswesen, Salomon Morales, 60 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer dem Streikaufruf nicht nach. Es kam dennoch zu Unterrichtsausfällen, da durch den Ausstand der Transportbetriebe weder Lehrkräfte noch Schülerinnen und Schüler die Lehranstalten erreichen konnten. Fernando Cuéllar, Vorsitzender des Kommitees für Santa Cruz, in dem die Morales-Gegner organisiert sind, bezeichnete den Streik insgesamt aber als Erfolg. Er forderte den Präsidenten auf, seine erneute Kandidatur zu überdenken. In Santa Cruz kam es zu Zusammenstößen mit der Polizei, die Straßenblockaden auflösen wollte. Die MAS hatte dort bereits am Vortag demonstriert.

Weitgehend friedlich blieben die Demonstrationen in Cochabamba. Im Norden und im Zentrum der Stadt, den eher wohlhabenden Gegenden, legten Blockaden der Organisationen der Stadtviertel den Verkehr lahm. Der Aufruf zum Streik wurde befolgt, viele Schulen und die Mehrzahl der Geschäfte waren geschlossen. Anders im ärmeren Süden, dort gab es kaum Straßenblockaden, auch auf dem größten Markt, der Cancha, war das Bild gemischt. Vor allem die mobilen Händler aus dem Umland boten ihre Waren an, Läden waren geschlossen. Bereits am frühen Morgen hatten die Morales-Gegner Straßensperren errichtet. Teilweise kam es dort zu Rangeleien und Pöbeleien zwischen beiden Gruppen, insgesamt blieb die Lage aber ruhig. Am Vormittag gehörte das Stadtzentrum den Anhängern der MAS. Nach Angaben der Veranstalter waren zirka 30.000 Menschen dem Aufruf gefolgt, Morales zu unterstützen. Die ländlichen Regionen der Provinz Cochabamba sind eine Hochburg der MAS, viele Menschen waren mit Bussen aus dem Umland zur Demonstration und Kundgebung auf der zentralen Plaza del 14 de Septiembre angereist. Zahlreiche Organisationen aus dem Umfeld der MAS erklärten dort, dass sie eine erneute Kandidatur von Morales unterstützen. Ab 17 Uhr gehörten die Straßen dann den zivilgesellschaftlichen Organisationen aus Cochabamba, die sich zu einer Gegendemonstration versammelten.