Caracas. Venezuelas regierende Vereinte Sozialistische Partei (PSUV) hat die Wahlen am vergangenen Sonntag mit einer großen Mehrheit der Stimmen für sich entschieden. Laut der ersten offiziellen Mitteliung der Wahlbehörde (CNE) nach Auszählung von 92,3 Prozent der Stimmen hat sie 591 der 623 Stadt- und Gemeinderatsmandate gewonnen. 51 politische Organisationen nahmen teil, 20,49 Millionen Bürger konnten in 14.382 Wahllokalen in den 355 Verwaltungsbezirken ihre Stimmen abzugeben.
Präsident Nicolás Maduro sprach der Partei seine Glückwünsche aus und forderte die Gewählten auf, umgehend die Arbeit aufzunehmen, um die großen Probleme beim Transport und den öffentlichen Dienstleistungen zu lösen. Er betonte zudem, dies seien die fünften Wahlen in 18 Monaten gewesen, die neunten seit seinem Amtsantritt und die 25. seit dem Wahlsieg von Hugo Chávez 1998.
Die Beteiligung lag laut CNE bei 27.4 Prozent und damit weit unter der bei anderen Wahlen in den vergangenen Jahren, wie etwa bei der Präsidentschaftswahl im Mai (46 Prozent). Allerdings war sie bei früheren Stadt-und Gemeinderatswahlen oft ähnlich gering: 2000: 23,8; 2005: 32; im Jahr 2013, als zugleich auch Bürgermeister und Abgeordnete der Regionalparlamente gewählt wurden, lag sie dagegen bei 58,4 Prozent.
Wie bei vorhergehenden Wahlen war die Opposition in der Frage der Teilnahme gespalten. Vier der größten Parteien, Gerechtigkeit Zuerst (Primero Justicia,PJ), Volkswille (Voluntad Popular), Demokratische Aktion (Acción Democrática) und Eine neue Zeit (Un Nuevo Tiempo) erklärten sie für betrügerisch. Diese Parteien waren nicht zugelassen, da sie sich dem rechtlichen Prozedere der Überprüfung ihres Parteistatus‘ verweigert hatten. Sie riefen zum Boykott auf.
Andere Oppositionsparteien wie Progressiver Fortschritt (Avanzada Progresista), Bewegung zum Sozialismus (Movimiento al Socialismo) und die christlich-soziale Copei nahmen teil. Auch Parteien wie die evangelikale Hoffnung auf den Wandel (Esperanza por el Cambio) riefen zur Abstimmung auf.
Es gab einige überrraschende Ergebnisse, nicht nur wegen des teilweisen Boykotts der rechten Opposition und ihrer Spaltung, sondern auch wegen des Wettstreits innerhalb des chavistischen Lagers an mehreren Orten.
Im traditionell von der Opposition beherrschten Baruta im Teilstaat Miranda gewann die PSUV neun von elf Sitzen und kann damit dem rechten Bürgermeister die Hände binden. Ein ähnliches Bild gab es auch in anderen Oppositionshochburgen. Rechten Parteien gelang es andererseits, die Kontrolle über wichtige Stützpunkte zu halten.
In anderen Regionen erlitt die Regierungspartei Niederlagen durch Verbündete, die sich hinter Kandidaten aus den chavistischen Basisstrukturen stellten, oft aus Protest gegen die Bürokratie und Hierachrchie in der PSUV. Im Bezirk Simon Planas im Teilstaat Lara, wo die landesweit bekannte Kommune El Maizal ansässig ist, unterstützten deren Anführer die Partei Vaterland für alle (Patria Para Todos), die gegen die PSUV gewann. Dieser Wahlsieg kommt genau ein Jahr nachdem der EL Maizal-Vertreter Angel Prado auf der Liste der PPT mit 57 Prozent der Stimmen zum Bürgermeister gewählt wurde, das Amt dann aber wegen eines angeblichen Formfehlers doch an den unterlegenen PSUV-Mann Jean Ortiz ging. Ähnlich im Bezirk Libertador in Monagas, wo der von der Kommunistischen Partei (PCV) unterstützten Kandidatin Regulo Reina 2017 ebenfalls der Sieg vorenthalten wurde. Hier kamen PCV-Kandidaten nun auf 45 Prozent, rund fünf Prozent mehr als die Pro-Regierungskoalition.
In anderen Regionen konnte die PSUV ihre politische Position festigen. Im Hauptstadtbezirk 23 de Enero, der für seine kämpferische Geschichte bekannt ist, und in den Teilstaaten Portuguesa und Apure konnte sie sich zudem gegen Kandidaten aus den chavistischen Basisstrukturen durchsetzen.
Teilnehmer an der internationalen Wahlbegleitung, zu denen auch Vertreter der Lateinamerikanischen Wahlexpertenkommission gehörten, erklärten bei einer Pressekonferenz am Montag, die Wahlen seien insgesamt ruhig verlaufen und hoben das weit entwickelte elektronische Wahlsystem hervor. Sie lobten auch die zahlreichen Kontrollen, die im Rahmen des Wahlprozesses durchgeführt wurden, in keinem lateinamerikanischen Land gebe es so viele. Für die Zukunft empfahlen sie eine längere Wahlkampf-Periode und mehr Informationen über die Bedeutung der Stadt-und Gemeinderäte, um eine höhere Wahlbeteiligung zu erreichen.
Der einzige größere Zwischenfall am Sonntag wurde aus dem Verwaltungsbezirk Gran Sabana im Teilstaat Bolívar gemeldet. Am Samstag war ein Angehöriger der indigenen Gemeinde bei einem Zusammenstoß mit der Polizei getötet worden, als diese gegen illegalen Bergbau im Nationalpark vorging. Lokale indigene Anführer hatten daraufhin verlangt, den Urnengang zu suspendieren. Der CNE hat angekündigt, einen neuen Termin anzusetzen.