Bolivien / Politik

Parteiinterne Vorwahlen für das Präsidentenamt in Bolivien

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Am 27. Januar fanden in Bolivien die ersten parteiinterne Vorwahlen für das Präsidentenamt statt
Am 27. Januar fanden in Bolivien die ersten parteiinterne Vorwahlen für das Präsidentenamt statt

La Paz. Am 27. Januar haben zum ersten Mal in der Geschichte Boliviens parteiinterne Vorwahlen stattgefunden, bei denen neun politische Organisationen ihre Kandidaten für die Präsidentschaft und die Vize-Präsidentschaft bestimmten. Sie verliefen ohne Zwischenfälle und waren von einer geringen Beteiligung gekennzeichnet. Von insgesamt 1,6 Millionen registrierten Parteimitgliedern hatten sich lediglich 25 Prozent beteiligt. Dennoch sprach die Präsidentin des Obersten Wahltribunals von Bolivien (TSE), María Eugenia Choque, von einem "demokratischen Fest". Vertreter der Institution erklärten die geringe Partizipation mit der Freiwilligkeit der Stimmabgabe im Gegensatz zu Präsidentschafts- und Parlamentswahlen. Laut dem bolivianischen Parteiengesetz reicht bereits eine positive Stimme eines Parteimitglieds in den Vorwahlen, damit die registrierten Kandidaten an den Präsidentschaftswahlen im Oktober 2019 teilnehmen können. In jeder Partei stand lediglich ein Kandidatenduo zur Wahl.

Die Kandidaten der Regierungspartei Bewegung zum Sozialismus (MAS), der amtierende Präsident Evo Morales und sein Vizepräsident Álvaro García Linera, erhielten 406.301 Stimmen, was etwas mehr als 41 Prozent der registrierten Parteimitglieder entspricht. Bemerkenswert ist der hohe Anteil an ungültigen Stimmen und Enthaltungen, die zusammen auf rund zehn Prozent kamen. Die Opposition wertete dieses Resultat als "mangelnde Unterstützungsbereitschaft der Parteibasis für die illegale Aufstellung" von Morales und García Linera, die ihre Kandidatur zurückziehen sollten. Der amtierende Kommunikationsminister der Regierung hingegen betonte, dass die MAS "weiterhin eine der Parteien Lateinamerikas ist, die im Verhältnis zum offiziellen Wählerverzeichnis die höchste Anzahl an Parteimitgliedern aufweist".

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Die beiden aussichtsreichsten Oppositionsbündnisse zur amtierenden Regierung hatten die Einführung der Vorwahlen scharf kritisiert und zum Boykott aufgerufen, um ein Zeichen des Protestes gegen die Nominierung des Duos Morales/García Linera zu setzen. Nicht einmal sieben Prozent aller Mitglieder der Allianz Bolivien sagt Nein stimmten ab. Auch die Mitglieder der Allianz Bürgergemeinschaft folgten dem Boykott-Aufruf von Ex-Präsident Carlos Mesa und seinem damaligen Minister für nachhaltige Entwicklung, Gustavo Pedraza. Nicht einmal sechs Prozent der Parteimitglieder gaben ihre Stimme ab. Die verbleibenden sechs Oppositionsparteien folgten diesem Trend.

Erklärtes Ziel der Opposition war es, lediglich das notwendige Minimum an Stimmen zu erreichen, um an den Präsidentschaftswahlen teilnehmen zu können. Nach ihrer Meinung hätten Morales und García Linera ausgeschlossen werden müssen, denn der Artikel 168 der Verfassung legt fest, dass der Präsident und sein Vize lediglich einmal wiedergewählt werden dürfen. Bei einem Referendum am 21. Februar 2016 stimmte eine knappe Mehrheit der Bevölkerung gegen eine Verfassungsänderung und damit gegen eine erneute Kandidatur Morales‘. Durch einen darauffolgenden Entscheid des Verfassungsgerichts wurde jedoch die unbegrenzte Wiederwahl bei Präsidentschafts-, Parlaments- und Regionalwahlen erlaubt. Entsprechend ließ die Oberste Wahlbehörde die Beteiligung des amtierenden Regierungsgespanns an den Vorwahlen zu. Das Urteil stieß bei der Opposition und Teilen der Gesellschaft auf Ablehnung.