Hilferuf der Waiãpi aus Brasilien

Aktivist Emyra Waiãpi ermordet. Internationale Welle der Solidarität. Brasilianische Regierung hält den Mord für nicht erwiesen

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Die Waiãpi leben an der Grenze zu Französisch Guyana
Die Waiãpi leben an der Grenze zu Französisch Guyana

Pará, Brasilien. Fast zehn Tage nach dem Mord an einem der führenden Waiãpi-Indigenen rufen die Waiãpi international um Hilfe. Sie wollen so den Druck auf die brasilianische Regierung erhöhen. Die schickte am vergangenen Sonntag Mitarbeiter der Bundes- und Militärpolizei in die Region Amapá im Norden des Landes, um in dem Fall zu ermitteln.

Nach Angaben der Waiãpi wurde der 68-jährige Emyra Waiãpi am 22. Juli von mindestens einem Dutzend Goldsuchern ermordet. Anderen Berichten zufolge sind bis zu 50 illegale Goldsucher in das Gebiet eingedrungen und haben die Bewohner bedroht. Der leblose Körper des Mannes wurde einen Tag später auf dem indigenen Schutzgebiet in der Gemeinde Pedra Branca do Amapari gefunden.

Einer offiziellen Stellungnahme der Bundespolizei zufolge sind bisher keine Spuren von Eindringlingen oder Nicht-Indigenen in dem weitläufigen Gebiet gefunden worden. Präsident Jair Bolsonaro hatte bereits am Montag erklärt, es gebe "keinen starken Beweis" für einen Mord. Gleichzeitig hatte Bolsonaro in den letzten Tagen und Wochen die Ankündigungen aus seinem Wahlkampf wiederholt und betont, den Bergbau auf indigenen Gebieten unbedingt freigeben zu wollen. Er erklärte dazu: "Die NGOs aus anderen Ländern wollen, dass Indigene weiterhin in einem Zoo wie Tiere gefangen gehalten werden, so als wäre er ein vorhistorischer Mensch."

Angesichts der zunehmenden Gewalt gegenüber Indigenen haben Künstler, Politiker und Intellektuelle die brasilianischen Behörden aufgerufen, den Fall angemessen aufzuklären und dem Hilfegesuch der Waiãpi nachzukommen. Der Sänger und Komponist Caetano Veloso erklärte in einem Video auf Instagram: "Ich bitte die brasilianischen Behörden im Namen der Würde Brasiliens in der Welt, auf diesen Hilfeschrei zu hören."

Neben dem Indigenenrat (Cimi) sprach auch die Vereinigung "Richter für die Demokratie" (AJD) ihre Besorgnis aus und kritisierte in einem offenen Brief: "Der aktuelle Regierungschef infantilisiert die ursprünglichen Völker und wiederholt damit einen altbekannten Diskurs von höchst kolonialem Charakter, zu dem es dazugehört, indigene Völker als unterlegen und unfähig darzustellen." Die tragischen Folgen davon seien bekannt: Der Tod von Millionen Indigenen im Verlauf der Jahrhunderte.

Unlängst hat auch die ehemalige Präsidentin von Chile und heutige UNO-Menschenrechtskommissarin Michele Bachelet den Tod einer der wichtigsten Referenzen der Waiãpi als Mord bezeichnet und verurteilt. Sie rief die brasilianische Regierung auf, die "Invasion der indigenen Gebiete zu stoppen". Erst vor wenigen Wochen hatten die Yanomami im Norden Brasiliens von einer Masseninvasion durch Goldsucher in ihren Gebieten berichtet.