Venezuela / Wirtschaft

Venezuela baut seine Ölanlagen um, US-Sanktionen dauern an

Mischanlage für Öl in Exportqualität in Betrieb genommen. US-Gericht erlaubt kanadischem Konzern Beschlagnahmung von venezolanischem Vermögen

venezuela_petropiar.jpg

Petropiar im Bundesstaat Anzoategui ist in eine Mischanlage umgewandelt worden
Petropiar im Bundesstaat Anzoategui ist in eine Mischanlage umgewandelt worden

Caracas. Der Öl-Konzern Chevron hat vom US-Finanzministerium eine Ausnahmegenehmigung für 90 Tage erhalten, um seine Venezuela-Aktivitäten fortzusetzen. Wie das staatliche venezolanische Erdölunternehmen PDVSA mitteilte, hat die Petropiar-Anlage ihre Arbeit zur Aufbereitung von Schweröl im Bundesstaat Anzoátegui aufgenommen. Die Mischanlage befindet sich zum Teil im Besitz des US-Ölriesen Chevron und produziert 210.000 Barrel exportierbares "synthetisches" Rohöl am Tag, das aus dem Orinoco-Gürtel gewonnen wird. Es wird erwartet, dass das Joint Venture nun 130.000 Barrel des sogenannten Merey 16-Rohöls produzieren wird.

Nach dem Ölembargo des US-Finanzministeriums im Januar verlor Venezuela den Zugang zu US-amerikanischen Raffinerien, dem Hauptziel für sein extra-schweres Orinoco-Rohöl. PDVSA bemühte sich um neue Käufer und hat daran gearbeitet, seine Anlagen in Mischanlagen umzuwandeln, um exportierbare Qualitäten für andere Märkte zu produzieren.

Neben Petropiar verfügt PDVSA über drei weitere umgerüstete Anlagen im Industriekomplex Jose Antonio Anzoategui: Petrocedeño (teilweise im Besitz von Total Frankreich und Equinor Norwegen), Petromonagas (Joint Venture mit Rosneft aus Russland) und Petrosanfelix (vollständig im Besitz von PDVSA).

S&P Global Platts berichtete unlängst, dass PDVSA laut einem internen Bericht die Produktion von synthetischem Orinoco-Rohöl im August einstellen werde. Venezuela würde damit auf einen weiteren Rückgang seiner Ölproduktion zusteuern, so die Einschätzung des Informationsdienstes für den Handel mit Energie, Rohstoffen und Agrarprodukten.

Merey 16 ist eine Mischung aus extra-schwerem Rohöl aus dem Orinoko-Gürtel mit Verdünnungsmitteln und soll Venezuelas Hauptexportgut werden. Die Pläne zur Umstellung der Produktion werden jedoch durch US-Sanktionen behindert, die den Import von Verdünnungsmitteln immer schwieriger gemacht und zu einem Kraftstoffmangel im ganzen Land beigetragen haben.

Die Mitteilung von PDVSA über die Inbetriebnahme der Aufbereitung fiel zeitlich zusammen mit Sondergenehmigungen, die Chevron und vier weiteren Mineralölunternehmen in letzter Minute gewährt wurden, nachdem sie monatelang Lobbyarbeit bei der Trump-Administration betrieben hatten. Die Unternehmen hatten sechs Monate Zeit gehabt, um ihre Aktivitäten in Venezuela Ende Januar einzustellen. Die Frist wurde nun vom Finanzministerium um 90 Tage verlängert.

Laut Bloomberg wurde die Verlängerung von anderen US-Behörden abgelehnt und wird wahrscheinlich nicht erneuert werden. Chevron erhält aus seinen Joint Ventures mit PDVSA derzeit eine Lieferung von rund 40.000 Barrel.

Die Fristverlängerung für Chevron kommt zu einem Zeitpunkt, nachdem der Dollarwert der venezolanischen Exporte im Mai laut Torino Capital auf den historisch niedrigsten Wert von 1,11 Milliarden US-Dollar gefallen war. Diese Zahl, die überwiegend Ölverkäufe beinhaltet, markiert einen Rückgang von 36,9 Prozent im Vergleich zum April und einen Rückgang von 52 Prozent gegenüber Januar, als die Regierung von US-Präsident Donald Trump ihr Ölembargo bekannt gab. Venezuelas Ölproduktion ist aufgrund niedriger Investitionen, mangelnder Wartung und verschärften US-Sanktionen kontinuierlich gesunken, von durchschnittlich 1,911 Millionen Barrel pro Tag im Jahr 2017 auf 1,354 Millionen im Jahr 2018, nach den US-Finanzsanktionen im August 2017.

Seit Januar ist die Produktion aufgrund neuer Strafmaßnahmen sowie der landesweiten Stromausfälle im März und April weiter eingebrochen und liegt seither leicht unter 750.000 Barrel. Die Juli-Zahlen wurden von der OPEC noch nicht veröffentlicht.

Die venezolanische Ölindustrie erlitt am Montag einen weiteren Rückschlag: Ein US-Gericht wies einen Widerspruch der PDVSA zurück, der die Vermögenswerte ihrer US-Tochter Citgo vor der Beschlagnahmung durch den kanadischen Bergbaukonzern Crystallex hätte schützen sollen. Die PDVSA hatte die Berufung gegen ein Urteil des US-Gerichtshofs vom August 2018 eingelegt, das Crystallex erlaubte, Citgo-Gelder als Entschädigung zu beschlagnahmen.

Crystallex erhielt 2016 von einem Schiedsgericht der Weltbank als Reaktion auf die 2008 vollzogene Verstaatlichung der Goldmine Las Cristinas im venezolanischen Bundesstaat Bolívar eine Entschädigung in Höhe von 1,2 Milliarden US-Dollar zugesprochen. Die Gesamtsumme ist seitdem um weitere 200 Millionen Dollar aufgelaufener Zinsen angestiegen.

Die venezolanische Regierung hatte Berichten zufolge im November einen Vergleich mit der kanadischen Firma erreicht, aber das Unternehmen beschuldigte Caracas später, die Vereinbarung verletzt zu haben.

Der rechtliche Stand wird durch die laufenden gerichtlichen Auseinandersetzungen um die Kontrolle von Citgo weiter verkompliziert. Das US-Finanzministerium ließ die Vermögenswerte des Unternehmens im Januar einfrieren und Vertreter des selbsternannten InterimspräsidentenJuan Guaidó und der venezolanischen Regierung sitzen in einem Streit um die Kontrolle vor US-Gerichten fest.

Nach dem Crystallex-Urteil teilte der venezolanische Generalstaatsanwalt Tarek William Saab mit, dass eine strafrechtliche Untersuchung gegen José Ignacio Fernández eingeleitet worden sei, der im Februar von Guaidó als "Sonderstaatsanwalt" eingesetzt wurde. Fernández soll den von Guaidó ernannten Ad-hoc-Vorstand der PDVSA in den letzten Verfahren vertreten haben. Die Generalstaatsanwaltschaft wies jedoch darauf hin, dass Fernández früher in einem Rechtsstreit gegen den venezolanischen Staat als Sachverständiger für Crystallex gearbeitet habe und seine Klagen somit "Verrat" und einen Interessenkonflikt darstellen könnten.