Kolumbien: Hunger führt zu Protesten in der Hauptstadt

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Soziale Organisationen verteilen in Kolumbiens Hauptstadt während der Corona-Pandemie Lebensmittel
Soziale Organisationen verteilen in Kolumbiens Hauptstadt während der Corona-Pandemie Lebensmittel

Bogotá. Nach einem Monat in Quarantäne und der Verlängerung der Ausgangssperre bis voraussichtlich 11. Mai werden die weitreichenden Auswirkungen der Pandemie immer spürbarer. Durch den Zusammenbruch des informellen Sektors, in dem in den Großstädten des Landes knapp 50 Prozent der Bevölkerung arbeiten, haben Tausende ihre einzige Einnahmequelle verloren.

"Wir sterben nicht an dem Virus, sondern am Hunger", so eine Frau aus Ciudad Bolívar. Zwar haben die Regierung und die Bürgermeisterin von Bogotá, Claudia López, Hilfe angekündigt, diese läuft jedoch aus technischen und bürokratischen Gründen nur schleppend an. So mussten festgestellte Unregelmäßigkeiten in der Datenbank des Programms zum Solidaritätseinkommen (Ingreso Solidario) erst überprüft werden. Ein weiteres Problem sei, dass viele der Familien und Einzelpersonen, die während der Quarantäne in Not geraten sind, nicht in den Unterstützungssystemen der Regierung registriert sind. Für die Verzögerungen bat López nun öffentlich um Entschuldigung.

Insbesondere im Süden Bogotás, einem der ärmsten Gebiete der Hauptstadt, kommt es vermehrt zu Protesten. So kamen trotz der Quarantäne die Menschen zu "cacerolazos", einer lautstarken Form des Protestes, und zu Straßenblokaden zusammen, um ihre Unzufriedenheit mit der Bewältigung der Krise zum Ausdruck zu bringen. Im Stadtbezirk Ciudad Bolívar der Hauptstadt wurden Plünderungen von Supermärkte berichtet, die von der Polizei beendet wurden. "Der Hunger wartet nicht. Es ist gut, dass die Quarantäne verlängert wird, denn sie ist zum Wohle und zur Gesundheit aller, aber die Folgen sind schwerwiegend, was den Mangel an Nahrung betrifft", sagte eine Bewohnerin aus Chapinero.

In Anbetracht der Situation ergriffen nun verschiedene soziale Organisationen die Initiative und sammeln Spenden, um den Bedürftigen zu helfen. Sie verteilen Nahrungsmittel, Hygieneartikel und Haustierfutter in verschiedenen Stadtteile der Hauptstadt. Unter den Helfern sind auch Mitglieder der sogenannten Blauschilder, einer Gruppierung der "Ersten Linie" (Escudos Azules, Primera Línea), die sich bei den jüngsten Großdemonstrationen organisiert haben, sowie die Basisbewegung Kongress der Völker (Congreso de los Pueblos). Sie kündigten an, diese Solidaritätssammlungen für die Dauer der Pandemie fortzusetzen. Einer der Helfer sagte dazu: "Unser Ziel ist es, diese Art von Runden wöchentlich in den am stärksten betroffenen Stadtvierteln der Hauptstadt durchführen zu können. Aber dafür brauchen wir die Hilfe und Solidarität der Kolumbianer, die verstehen, dass diese Krise nicht durch Einsperren, sondern durch den Aufbau und die Ausweitung von Solidaritätsnetzwerken und durch gegenseitige Unterstützung der Bevölkerung überwunden werden kann. Echte, wirksame und würdige Unterstützung".

In Kolumbien gibt es derzeit nach offiziellen Angaben 7.006 bestätigte Fälle von Covid-19, 314 Todesfälle und 1.551 geheilte Patienten (Stand: 2. Mai).