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So reformiert Kuba seinen Finanzsektor

Steuererleichterungen, die graduelle Freigabe der Preisbildung und eine Entwicklungsbank für die Landwirtschaft sollen Exporte fördern, den Binnenmarkt beleben und die Währung stärken

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Mit zahlreichen neuen Maßnahmen will Kuba Exporte fördern und die Landeswährung stärken
Mit zahlreichen neuen Maßnahmen will Kuba Exporte fördern und die Landeswährung stärken

Havanna. Im Rahmen ihrer neuen Wirtschaftsstrategie will Kubas Regierung auch den Finanzsektor reformieren. Die Ministerin für Finanzen- und Preise, Meisi Bolaños Weiss, und Zentralbankministerin Marta Wilson González erläuterten in der TV-Informationssendung "Mesa Redonda" (Runder Tisch) Maßnahmen, mit denen Anreize für Exporteure und für die Belebung des Binnenmarkts geschaffen werden sollen. Hierzu zählen neben Steuererleichterungen auch die graduelle Freigabe der Preisbildung sowie die Gründung einer landwirtschaftlichen Entwicklungsbank.

Prinzipien der Strategie seien:

  • Aufrechterhaltung der zentralisierten Planung
  • Verteidigung der nationalen Produktion und Verbannung der Importmentalität
  • Regulierung des Marktes, hauptsächlich durch indirekte Methoden.
  • Komplementarität der Wirtschaftsakteure
  • Mehr Autonomie im Management für den Unternehmenssektor
  • Förderung der Konkurrenzfähigkeit und Sicherstellung der effizienten Nutzung der materiellen und finanziellen Ressourcen; Einsparungen; Erhöhung der Produktivität und der Arbeitsmotivation.

Wie die Finanzministerin erklärte, habe die Corona-Pandemie riesige Löcher in den Staatshaushalt gerissen. Dennoch werde dieses Jahr ein neuer Investitionsfonds aufgelegt, mit dem vor allem Infrastrukturprojekte realisiert werden sollen. Um das Haushaltsdefizit zu senken, werden Staatsanleihen an Unternehmen und Privatpersonen verkauft. Damit sollen alle Wirtschaftsakteure "zur finanziellen Nachhaltigkeit des Haushalts beitragen können", so Bolaños Weiss.

Künftig spielt der Haushalt der Gemeinden eine größere Rolle. Durch die 2019 verabschiedete Verfassung erhalten diese erstmals eigene Budgets. Durch lokale Steuereinnahmen über kommunale Unternehmen sollen sie schon bald viele Vorhaben in Eigenregie planen und durchführen. Dabei werden lokale "Mini-Industrien" zur Lebensmittelverarbeitung besonders im Fokus stehen.

Ein neues Steuersystem soll stärkere Anreize für Exporte liefern. Staatsunternehmen erhalten bei Exporten bis zu 40 Prozent Nachlass auf die Umsatzsteuer, Joint Ventures zwischen 10 und 30, Kooperativen zwischen 5 und 20 Prozent. Privatbetriebe können mit einer Reduzierung der Einkommenssteuer zwischen 5 und 15 Prozent rechnen, falls sie sich an Exporten beteiligen. Als Exporte gelten auch Verkäufe in die Sonderwirtschaftszone von Mariel. Die neuen staatlichen High-Tech-Betriebe werden ebenfalls unter einem differenzierten Steuersatz arbeiten.

Wie bereits in den "Leitlinien zur Wirtschafts- und Sozialpolitik" von 2011 festgelegt, wird Kuba die Preisbildung weitgehend freigeben. Die verschiedenen Subventionen, Festpreise und andere Verzerrungen sollen graduell durch eine Preisbildung mittels Angebot und Nachfrage abgelöst werden, wobei der Staat bei politisch sensiblen Preisen weiterhin eingreift. Die Werkzeuge, mit denen gegen Spekulation vorgegangen und der Markt reguliert wird, sollen weiterentwickelt und effizienter werden.

Steuern und Kredite werden in dem neuen Modell eine größere Rolle spielen als bisher. Wie Bolaños ankündigte, sollen künftig weitere Sozialversicherungen eingeführt werden, welche den Staatshaushalt entlasten. Zwar gibt es auch heute schon Sozialabgaben auf Kuba, allerdings sei "bisher der Finanzierungsanteil durch den Staatshaushalt sehr viel höher als der Beitrag durch die Personen", führte Bolaños Weiss aus. Die Corona-Krise habe gezeigt, dass insbesondere im Privatsektor weitere Absicherungsmaßnahmen für die Beschäftigten notwendig seien.

Neuerungen gibt es auch im Bankensektor. Das staatliche Finanzsystem soll über einen öffentlichen Schuldenmarkt und die Förderung von Transaktionen zwischen den Banken rekapitalisiert werden, erklärte Zentralbankministerin Marta Wilson González. Die Banken sollen eigene Devisenfonds aufbauen. Damit könne der kubanische Peso als Landeswährung stabilisiert und langfristig in Fremdwährungen umgetauscht werden. Ob sich die Wechselkurse am Markt orientieren oder zentral festgelegt werden, ist noch unklar. Details zur bevorstehenden Währungsreform wurden nicht bekanntgegeben.

Der Erfolg der neuen Wirtschaftsmaßnahmen soll mit einem Kreditprogramm für Privatunternehmen und Konsumenten unterfüttert werden. Hierzu werden in einem ersten Schritt bisherige "faule" Kredite abgeschrieben.

Mit der Gründung einer landwirtschaftlichen Entwicklungsbank, die sich ausschließlich den Bedürfnissen der Landwirte und Agrarkooperativen widmet, soll die Lebensmittelproduktion gezielt angekurbelt werden. Konsumentenkredite für nationale Produkte sollen darüber hinaus die Binnennachfrage anregen.