Staatliche "Hetzjagd" gegen Aktivisten in Kolumbien

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"Sozialer Aktivist zu sein ist kein Verbrechen": Kolumbianische NGOs wehren sich gegen Kriminalisierung
"Sozialer Aktivist zu sein ist kein Verbrechen": Kolumbianische NGOs wehren sich gegen Kriminalisierung

Bogotá. In einer "solidarischen Eilaktion" haben kolumbianische und internationale Organisationen, Politiker und Akademiker die sofortige Freilassung der vergangene Woche verhafteten Aktivisten Teoófilo Acuña, Adelso Gallo und Robert Daza verlangt. Das kolumbianisch-internationale Menschenrechtsnetzwerk Red de Hermandad y Solidaridad con Colombia (REDHER) fordert in einer Petition, die Rolle der sozialen Aktivisten und Anführer und ihren Status als mögliche Opfer einer juristischen Konstruktion anzuerkennen sowie Untersuchungen zur politischen Instrumentalisierung von Ermittlungs- und Justizbehörden einzuleiten.

Hintergrund hierfür ist, dass von staatlicher Seite die Festnahmen der Aktivisten damit begründet werden, dass sie Mitglieder der Guerilla-Gruppe ELN (Nationale Befreiungsarmee) seien und es ihre Aufgabe wäre, soziale Organisationen zu infiltrieren und diese im Interesse der Guerilla zu beeinflussen.

Die drei festgenommenen Sprecher des nationalen Kleinbauernverbands CNA (Coodinador Nacional Agrario) und des Kongresses der Völker (Congreso de los Pueblos) sind aufgrund ihres jahrzehntelangen Engagements u.a. für Menschenrechte, Umwelt und Demokratie über Kolumbien hinaus bekannt. Im Rahmen von Rundreisen des REDHER in Nordamerika und Europa prangerten sie Paramilitarismus, Staatsverbrechen und Landvertreibung sowie die Zerstörung der Umwelt an, welche durch nationale und internationale Großkonzerne in ihren Regionen verursacht würden. Sie waren in den letzten Jahren bei allen landesweiten Agrarstreiks der NGO Cumbre Agraria Campesina Étnica y Popular aktiv und sind bedeutende Aktivisten im aktuellen Streikbündnis gegen die Regierung, der sie Wahlfälschung, Zerstörung des Friedensprozesses, Drogengeschäfte und Parapolitik vorwerfen.

Franklyn Castañeda von der Koordination Kolumbien-Europa-USA erklärt, dass "in den letzten Jahren die Justizialisierung sozialer Führungspersönlichkeiten zur bevorzugten Strategie der Nationalen Staatsanwaltschaft geworden ist, wodurch die Garantien für Menschenrechtsengagement in hohem Maße gefährdet werden. So wurden in den letzten sieben Jahren in Kolumbien fast 250 Menschenrechtsverteidiger strafrechtlich verfolgt. Und seit 2017 wird diese Politik gegenüber Mitgliedern des Kongresses der Völker verschärft."

Schon im Bericht des Sonderberichterstatters für Menschenrechte, Michel Forst, über die Situation von Menschenrechtsverteidigern, der den Vereinten Nationen in diesem Jahr vorgelegt wurde, wird auf drei Aspekte aufmerksam gemacht, die Anlass zur Sorge geben: die systematische Ermordung von Oppositionellen und Menschenrechtsverteidigern, die Stigmatisierung von gesellschaftlichen Führungspersönlichkeiten sowie die Justizialisierung der sozialen Sprecher.

Die Verhaftungen der Aktivisten des Congreso de los Pueblos könnten, wie auch das Online-Portal marcha resümiert, Teil dieser Muster sein, die von den Menschenrechtsorganisationen und dem UN-Bericht angeprangert werden. So wie im Fall von Julian Gil: Er war, nachdem er fast 30 Monate lang seiner Freiheit beraubt wurde, im November von der Anklage freigesprochen worden, da keine Beweise für eine Verurteilung vorgelegt werden konnten.