Gericht in Chile erkennt die Mapuche als Nation an und gibt verpachtetes Land zurück

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Mapuche-Gemeinden in Chile fordern ein Ende der Militarisierung und die Rückgabe ihrer Ländereien
Mapuche-Gemeinden in Chile fordern ein Ende der Militarisierung und die Rückgabe ihrer Ländereien

Valdivia. Das Berufungsgericht von Valdivia hat erstmals die indigene Mapuche-Gemeinschaft als Nation anerkannt, dies im Rahmen eines Urteilsspruchs, der einen Pachtvertrag für ihre Ländereien aus dem Jahr 1989 auf Basis von nationalem und internationalem Recht für ungültig erklärte. Vertreter:innen der Mapuche sprechen von einem wichtigen Schritt in die richtige Richtung, kritisieren aber zugleich, dass die chilenische Regierung weiterhin die geltende Rechtsprechung breche.

Als "indigene Ländereien" deklariertes Gebiet darf in Chile weder an nichtindigene Personen verkauft, noch vermietet oder verpachtet werden. Dennoch wurde dies gerade während der Militärdiktatur von 1973 bis 1990 gemacht. Häufig durch Betrug ergatterten sich Unternehmen Land der Mapuche. Im vorliegenden Fall wurde ein Vertrag im Jahr 1989 für eine Laufdauer von 99 Jahren abgeschlossen, zu einer Jahrespacht von gerade einmal rund 100 Euro.

Vicente Painel, Menschenrechtsaktivist der Mapuche und Gouverneurskandidat für die Araucanía, kommentiert das Urteil gegenüber amerika21: "Seit mehreren Jahren werden solche Verträge von Gerichten für ungültig erklärt. Neu ist allerdings, dass das Gericht von uns als Nation spricht."

Dabei hat sich das Gericht in seiner Rechtsprechung nicht nur auf nationale Gesetze gestützt, sondern insbesondere auch auf die Konvention 169 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO). Sie sieht vor, dass die Kultur und Lebensweise der indigenen Völker respektiert und gefördert werden müssen. Chile hat sie 2008 unterschrieben. In Bezug darauf stellte das Gericht fest: "Der Zugang zu Land stellt eine Essenz der Kultur der Nation der Mapuche dar", und deshalb sei der Verkauf oder die Verpachtung an Nicht-Mapuche illegal.

Für Painel zeigt diese neue Argumentation "einen starken Sinneswandel", der in der Judikative stattgefunden habe: "Vor ein paar Jahren mussten wir vor internationalen Gerichtshöfen die Anwendung der ILO 169 noch erstreiten, heute setzen die Gerichte die internationale Gesetzgebung selbstständig um."

Das Problem sei allerdings die Exekutive: "Hier sehen wir eine gewollte Falschinterpretation der ILO 169, die zu einer mangelhaften Anwendung in der staatlichen Politik führt."

So kämpfen etwa im Zentrum der Regionalhauptstadt Temuco Mapuche seit Jahren dafür, ihre landwirtschaftlichen Produkte direkt und vor Ort verkaufen zu dürfen. Sie berufen sich dabei auf die ILO-Konvention, da auch wirtschaftliche Lebensweisen der Indigenen vom Staat gefördert werden müssen. "Der vorliegende Rechtsspruch, in dem sich aktiv auf die ILO 169 berufen wird, gibt uns Hoffnung, dass nun auch in anderen Fällen die internationale Gesetzgebung besser angewandt wird", sagt Painel.