Kolumbien / Politik

Kolumbien: Ex-Anführer der Paramilitärs und der Farc sagen vor Wahrheitskommission aus

Beide zeigten Reue, baten um Vergebung. Kritiker bleiben trotzdem skeptisch. Aussagen auch vor der Sonderjustiz für den Frieden?

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Salvatore Mancuso bei seiner Aussage vor der Wahrheitskomission
Salvatore Mancuso bei seiner Aussage vor der Wahrheitskomission

Bogotá. Der ehemalige Chef der paramiltärischen Gruppe "Vereinte Selbstverteidigungskräfte Kolumbiens" (AUC), Salvatore Mancuso, hat während einer Anhörung vor der Wahrheitskommission (CEV) den kolumbianischen Staat und seine Institutionen der gezielten Tötung linker Politiker der Partei Patriotische Union (UP) in den 1990er Jahren in Kolumbien beschuldigt. Mancuso hatte am vergangenen Mittwoch zusammen mit Ex-Farc Chef Rodrigo Londoño, alias Timochenko, vor der Wahrheitskommission (Comisión de la verdad) ausgesagt.

Die Wahrheitskommission wurde als Teil des Friedensprozesses zwischen der ehemaligen Farc-Guerilla und dem kolumbianischen Staat als außergerichtliche Institution gegründet, um Verbrechen während des bewaffneten Konfliktes aufzudecken und die Anliegen der Opfer zu stärken.

Während des virtuellen Treffens wurde Mancuso aus dem Gefängnis in Georgia (USA) zugeschaltet. Er war 2008 wegen Drogenhandels an die USA ausgeliefert und zu einer Freiheitsstrafe von mehr als 15 Jahren verurteilt worden. Momentan wartet er jedoch auf eine frühzeitige Haftentlassung und eine damit verbundene Rückkehr nach Kolumbien.

Sowohl Mancuso als auch Londoño bereuten vor der Wahrheitskommission ihre Taten und baten um Vergebung. Londoño erkannte als ehemaliger Oberkommandeur der Farc an, dass es bestimmte Guerilla Aktivitäten gäbe, die er zu hassen beginne. Er bedankte sich bei der Wahrheitskommission für ihre "Großzügigkeit", als ehemaliger Chef einer Kriegspartei angehört zu werden. Mancuso dagegen kündigte an, für den Rest seines Lebens daran arbeiten zu wollen, die Würde der vom Konflikt betroffenen Territorien wiederherzustellen und den dort ansässigen Gemeinden zu dienen.

Die Erwartungen an das Treffen waren im Vorfeld hoch. Die Frage inwieweit Mancuso und Londoño tatsächlich dazu beigetragen haben, Einblick in die Dynamiken des Krieges und seine tödlichen Konsequenzen zu gewähren, wird von Analyst:Innen unterschiedlich bewertet. Vor allem Antworten auf die Fragen nach dem Grund für die während des Krieges verübten Gräueltaten blieben die beiden schuldig.

Vertreter:Innen von Opferorganisationen zeigten sich kritisch gegenüber den Aussagen und Bekenntnissen der beiden Führer der Kriegsparteien. "Wir wollen eine aufrichtige Wahrheit, die die beiden unterstützen sollen und keine Annäherung an die Opfer, wodurch sie juristisch letztendlich selber profitieren würden", urteilte Martha Aguirre, Präsidenten der Stiftung "Lächeln und Farben" (Sonrisas y Colores).

Der Ex Paramiltär-Chef betonte zudem seine Bereitschaft, vor der Sonderjustiz für den Frieden (JEP) über die Verbrechen an den sogenannten "falschen Verdächtigen" (falsos positivos) aussagen zu wollen.

Die JEP ist eine im Friedensvertrag verankerte, speziell eingerichtete Übergangsjustiz, vor der Verbrechen während des 53 Jahre andauernden bewaffneten Konfliktes in Kolumbien verhandelt werden. Bei den falsos positivos handelt es sich um Zivilisten, die vorsätzlich als Guerillakämpfer:Innen bezichtigt wurden, um sie deswegen gezielt töten zu können. Mancuso kündigte seine Bereitschaft an, durch seine Aussagen daran mitzuwirken, dass die Verstrickungen zwischen Paramilitärs und dem kolumbianischen Militär bei diesen außergerichtlichen Hinrichtungen aufgedeckt werden.