Falsos Positivos: Klage in Argentinien gegen Ex-Präsident von Kolumbien

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Während der Amtszeit von Álvaro Uribe ermordeten die kolumbianischen Streitkräfte Zivilisten, die sie als gefallene Guerillakämpfer ausgaben
Während der Amtszeit von Álvaro Uribe ermordeten die kolumbianischen Streitkräfte Zivilisten, die sie als gefallene Guerillakämpfer ausgaben

Bogotá/Buenos Aires. Angehörige von Mordopfern der kolumbianischen Streitkräfte haben vor einem argentinischen Gericht Klage gegen den ehemaligen Präsidenten Álvaro Uribe (2002–2010) eingereicht.

Das Bundesgericht in Buenos Aires soll die strafrechtliche Verantwortung Uribes für die Verbrechen gegen mehr als 6.000 Zivilisten zwischen 2002 und 2008 untersuchen. Neben elf Angehörigen der Opfer sind drei Organisationen für Menschenrechte Kläger:innen in dieser Sache.

Sie suchen Gerechtigkeit für Tausende ermordeter Menschen, die so genannten "Falsos Postitivos". Während der Amtszeit Uribes töteten die Streitkräfte Zivilisten, die sie als gefallene Guerillakämpfer ausgaben, um "Erfolge im Kampf gegen den Terrorismus" zu verbuchen. Mittlerweile ist bekannt, dass Soldaten mit Prämien für bestimme Quoten belohnt wurden. Laut den Berichten der kolumbianischen Sondergerichtsbarkeit für den Frieden (JEP) gab es 6.402 solcher Fälle.

Die Kläger:innen berufen sich dabei auf das Weltrechtsprinzip. Dies ist ein Grundsatz des Völkerrechts, der es Staaten ermöglicht, gegen die Täter:innen schwerer Verbrechen (Völkermord, Verbrechen gegen die Menschheit, Kriegsverbrechen, Folter und gewaltsames Verschwindenlassen) zu ermitteln, sie vor Gericht zu stellen und zu bestrafen. Dies kann unabhängig von der Nationalität der Opfer oder der Täter:innen geschehen, sofern die Länder, in denen die Verbrechen begangen wurden, selbst keine Ermittlungen einleiten.

Aktuell wird in Argentinien wegen schwerer Menschenrechtsverletzungen in Venezuela, Nicaragua, Myanmar und Spanien ermittelt. Am bekanntesten ist der Prozess, der wegen Verbrechen der spanischen Diktatur unter Francisco Franco (1936-1973) geführt wird.

Die Kläger:innen argumentieren, dass eine Reihe von Entscheidungen und Dekreten auf höchster Staatsebene einen Kontext geschaffen haben, der die Morde durch die Armee begünstigt hat. Einer dieser Faktoren sei die Einschränkung der Grundrechte durch die Verhängung des Ausnahmezustands und die Kontrolle des Militärapparats gewesen.

Das Vorgehen kann als historischer Schritt für den Kampf gegen die anhaltende Straflosigkeit in Kolumbien gelten. Es wäre das erste Mal, dass gegen einen kolumbianischen Staatschef wegen der von Sicherheitskräften begangenen Morde und des gewaltsamem Verschwindenlassens von Personen ermittelt würde.

Der Ex-Präsident wies über X (früher Twitter) jede Schuld von sich und erklärte, das Anwaltskollektiv, das in Argentinien gegen ihn klagt, begehe seit mehr als 30 Jahren "Schandtaten" gegen ihn und berufe sich auf die Menschenrechte, "um die Gewalt linker Terroristen zu schützen".