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"Falsos Positivos": Militär in Kolumbien gibt Morde an 247 Menschen zu

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Die Mütter der Falsos Positivos (Mafapo) fordern Gerechtigkeit für ihre vom Militär ermordeten Söhne
Die Mütter der Falsos Positivos (Mafapo) fordern Gerechtigkeit für ihre vom Militär ermordeten Söhne

Bogotá. Die Sonderjustiz für den Frieden (Jurisdicción Especial para La Paz, JEP) in Kolumbien hat einen Erfolg für die Opfer staatlicher Gewalt in Kolumbien erzielt. 22 Soldaten der Armee und der General im Ruhestand Paulino Coronado sowie ein hochrangiger Beamter haben zugegeben, für die außergerichtliche Tötung von mindestens 247 Menschen verantwortlich zu sein. Sie wurden als gegnerische Kämpfer dargestellt, um Erfolge gegen die Guerilla vorzutäuschen.

Laut JEP-Präsident Eduardo Cifuentes Muñoz ist das Geständnis seitens des Militärs besonders wichtig für die Wahrheitsfindung, weil es die strukturellen Hintergründe der Taten offenlegt: Diese Hinrichtungen, die auch als "Falsos Positivos" (Falschmeldungen) bezeichnet werden, wurden von Befehlshabern der Streitkräfte in Auftrag gegeben und waren keine Einzeltaten. Zu dieser staatlichen Politik gehörten zudem einerseits Anreize für die Soldaten für diese Morde ‒ wie freie Tage, Zusatzzahlungen oder Aufstiegschancen ‒ und andererseits Druck seitens hochrangiger Kommandeure auf ihre Untergebenen, "Gefallene im Kampf" vorzuweisen.

Was Angehörige von Opfern und die linke Opposition in Kolumbien schon seit Jahren behauptet hatten, wurde damit bestätigt.

Nun besteht auch erneut Hoffnung auf Exhumierungen auf Grundlage der neuen Beweise, die das Militär vorgelegt hat, und damit für die Suche nach den über 80.000 Verschwundenen im Land.

Missmut herrscht gegenüber der Sonderjustiz für den Frieden vor allem, weil ihre Urteile für die Geständigen niedrige individuelle Strafen nach sich ziehen: Sie können mit fünf bis maximal acht Jahren Freiheitsentzug bestraft werden, während derer sie zu Arbeiten wie Minenräumung oder Beteiligung an Infrastrukturarbeiten verpflichtet sind. Wie Cifuentes erklärte, werden die übrigen, nicht geständigen Angeklagten nun einem normalen strafgerichtlichen Verfahren unterzogen und können mit bis zu 20 Jahren Gefängnis bestraft werden.

Die Zahl der "Falsos Positivos" ist umstritten. Laut Staatsanwaltschaft gab es zwischen 1988 und 2014 2.200 Opfer, 60 Prozent seien allein zwischen 2006 und 2008 ermordet worden. Ein Bericht des Ex-Polizisten Omar Rojas spricht von 10.000 Fällen zwischen 2002 und 2010, das heißt während der beiden Amtszeiten von Álvaro Uribe, der als Mentor des aktuellen Präsidenten Iván Duque gilt.

Vor der JEP wurden in diesem Jahr 25 Angehörige der Armee und ein Zivilist wegen Mordes und gewaltsamen Verschwindenlassens angeklagt, darunter zwei hochrangige Kommandeure. Diese Taten werden als Verbrechen gegen die Menschheit eingestuft.

Die "Jurisdicción Especial para La Paz" wurde mit dem Friedensabkommen zwischen der Regierung und der inzwischen aufgelösten Farc-Guerilla geschaffen, um Menschenrechtsverletzungen, Kriegsverbrechen sowie weitere schwere Verbrechen während des bewaffneten Konflikts juristisch aufzuklären und Schuldige zu verurteilen.