Spanien lehnt die Auslieferung eines Diktaturverbrechers an Uruguay ab

uruguay_gallo.jpg

Fleming Gallos Ausweis aus dem Jahr 1982
Fleming Gallos Ausweis aus dem Jahr 1982

Madrid. Die spanische Justiz hat die Auslieferung von Fleming Gallo abgelehnt, dem in Uruguay Folter und Verbrechen gegen die Menschheit vorgeworfen werden, die während der Diktatur (1973–1985) gegen linke Aktivisten begangen wurden.

Damit bestätigte das Oberste Gericht die Position der Staatsanwaltschaft, die Ende November bei der Auslieferungsanhörung das Gesuch mit der Begründung zurückwies, die von Gallo begangenen Straftaten der Folter seien verjährt. Sie argumentierte zudem, dass das Gesetz über Verbrechen gegen die Menschheit und ihre Unverjährbarkeit in Spanien erst seit 2004 in Kraft ist, die Gallo vorgeworfenen Taten jedoch bis 1979 dokumentiert sind, so dass es – rückwirkend – nicht anwendbar sei.

Fleming Julio Gallo Sconamiglio war ein Aktivist der Kommunistischen Jugend (Unión de Juventudes Comunistas) und wurde 1976 im Alter von 19 Jahren verhaftet. Von da an wurde er, so die Ermittlunsgergebnisse in Uruguay, zum Informanten und Folterer und gehörte dem Marine-Schützenkorps (Fusna) der Nationalen Marine bis mindestens 1980 an. Ab 1982 arbeitete er laut einem Ausweis des Militärs offenbar als Bauarbeiter.

Gallo wurde im April 2021 in Fraga in der Autonomen Region Aragón in Spanien,  wo er mit seiner Familie lebte, aufgrund eines Interpol-Haftbefehls festgenommen. Im Mai beantragte der uruguayische Sonderstaatsanwalt für Verbrechen gegen die Menschheit, Ricardo Perciballe, seine Auslieferung aufgrund einer Strafanzeige von Rechtsanwältin Mariana Felártigas, die die Aussagen von drei ehemaligen politischen Gefangenen aufgenommen hatte. Sie waren im August 1979 auf den Hinweis von Gallo hin verhaftet und an die Fusna überstellt worden, wo sie verhört und gefoltert wurden. Die Frauen sagten aus, dass ihr ehemaliger Genosse auch daran aktiv beteiligt war. Ihnen sei zuvor bereits bekannt gewesen, dass Gallo nach seiner Festnahme zusammengebrochen war und Agenten der Diktatur zu Mitgliedern des Jugendverbandes führte.

Ein Gerichtsurteil von 2009 stellte fest, dass Gallo zu einer Gruppe namens "Der Rechner" gehörte, die innerhalb der nachrichtendienstlichen Struktur (S2) der Fusna mit dem Ziel arbeitete, "Informationen aus operativen Einsätzen und Verhören unter Folter zu verarbeiten". Dem "Rechner-Team" wurden laut Fusna "die Vernichtung der militanten sozialistischen Vereinigungen, die Festnahme der Führung des Kommunistischen Jugendverbandes und die Zerschlagung des bewaffneten Apparats der Kommunistischen Partei in der Gewerkschaft UTE" zugerechnet.

Laut dem Urteil hat Gallo in dieser Gruppe "aktiv mitgewirkt". Unter anderem legte er Akten über Häftlinge oder gesuchte Person an, führte Verhöre durch und nahm an Einsätzen teil. Er wird in mindestens drei weiteren Verfahren wegen Verbrechen gegen die Menschheit beschuldigt, an der Identifizierung seiner ehemaligen Mitkämpfer beteiligt gewesen zu sein und sie auch gefoltert zu haben. Mehr als vierzig ehemalige politischen Gefangene nannten seinen Namen im Zusammenhang mit Folterungen in der Fusna.

Bei der Anhörung in Madrid im November erklärte Gallo, er sei "unschuldig" und zum Zeitpunkt der ihm vorgeworfenen Straftaten inhaftiert gewesen. Sein Anwalt forderte die sofortige Freilassung: Im Gefängnis habe Gallo gegen seine Genossen ausgesagt, dies sei eine Zusammenarbeit mit der Justiz gewesen, "und das ist kein Verbrechen".