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Amtszeit der Generaldirektorin der "Junta" von Puerto Rico beendet

Die USA setzten für ihr Außengebiet eine Aufsichtsbehörde zur Regulierung der Schuldenkrise ein. Neoliberale Rezepte und Vormundschaft

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Aufnahme vom Höhepunkt der Proteste gegen die "Junta" 2019
Aufnahme vom Höhepunkt der Proteste gegen die "Junta" 2019

San Juan. Gestern ist die Amtszeit der bisherigen Generaldirektorin des "Financial Oversight & Management Board for Puerto Rico" (FOMBPR), Natalie Jaresko, zuende gegangen. Das Gremium wird im puerto-ricanischen Volksmund die "Junta" genannt und ist für die Durchsetzung von Austeritätsmaßnahmen auf dem US-Außengebiet und ohne demokratische Kontrolle zuständig. Der Gouverneur der Insel, Pedro Pierluisi, drängt auf ein zeitnahes Ende des FOMBPR.

Im Jahr 2014 stuften mehrere Finanzinstitutionen puerto-ricanische Regierungsanleihen auf Ramschniveau ein. Es begann eine Schuldenkrise, die es in der Geschichte des Gebietes noch nie gegeben hatte. Ein Jahr darauf erklärte der damalige Gouverneur des Außengebiets, dass Puerto Rico nicht mehr seine Schulden bedienen könne. Im Sommer 2016 verabschiedete dann der US-Kongress den "Puerto Rico Oversight, Management and Economic Stability Act" (PROMESA). Als Teil dieses Gesetzes entstand das Aufsichtsgremium FOMBPR. Die "Junta" untersteht einem Vorsitzenden, wird geleitetet von einer Generaldirektorin und hatte ursprünglich sieben Direktoriumsmitglieder. Alle Mitglieder der "Junta" werden von der US-Regierung ernannt. Das FOMBPR hat die alleinige Kontrolle über das Budget des Außengebiets und soll eine Neustrukturierung der puerto-ricanischen Schulden begleiten. Bis zum 15. März diesen Jahres dauerte das Insolvenzverfahren Puerto Ricos an.

Von Anfang an richtete sich Protest gegen die Einsetzung der "Junta", sowohl auf Puerto Rico als auch im Mutterland. Bei Demonstrationen im Sommer 2019 forderten Hunderttausende in der Hauptstadt San Juan, dass das FOMBPR aufgelöst werden soll. Der bekannte linke US-Senator Bernie Sanders votierte gegen die Einsetzung der "Junta". Die puerto-ricanisch-stämmige US-Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez brachte ein Gesetz zur Beendigung der US-Fremdbestimmung und auch der "Junta" ein. Kritiker bemängeln, dass es keine Überprüfung der immens hohen Schulden von insgesamt knapp 125 Milliarden US-Dollar gab und mit PROMESA neoliberale Maßnahmen auf Puerto Rico durchgesetzt werden, um Banken an der Wall Street zu bedienen.

Die bisher amtierende Direktorin Jaresko, eine ukrainischstämmige US-Amerikanerin, kündigte bereits Anfang Februar an, von ihrem Amt zurückzutreten. Sie galt als das Rückgrat ("the quaterback") der Institution. Anlässlich ihres Rücktritts erklärte Gouverneur Pierluisi, dass er das Außengebiet in einer "Übergangsphase" sieht, an dessen Ende die Auflösung der "Junta" stehen solle. Pierluisi gehört der Neuen Fortschrittlichen Partei (Partido Nuevo Progresista, PNP) an, die sich im Mutterland an die Demokratische Partei anlehnt.

Die US-Streitkräfte hatten die spanische Kolonie Puerto Rico im Zuge des Spanisch-Amerikanischen Kriegs 1898 erobert. Bis 1952 verwaltete Washington die Kolonie, zunächst militärisch und später politisch. Seitdem hat die Insel den Sonderstatus eines US-Außengebiets mit einer begrenzten inneren Selbstverwaltung. Bürger Puerto Ricos besitzen dabei nicht die vollen Bürgerrechte der USA. Sie wählen beispielsweise nicht das Staatsoberhaupt sowie den Senat und den Kongress der USA.

Natalie Jaresko ist 1965 in einem Vorort von Chicago geboren. Sie selbst lebte zunächst von 1992 bis 2000 in der unabhängig gewordenen Ukraine. Nach einem von verschiedenen wichtigen westlichen Staaten unterstützten Umsturz im Jahr 2014 erhielt die frühere Investmentbankerin den Posten der Finanzministerin der Ukraine. Da sie die dafür benötigte ukrainische Staatsbürgerschaft nicht besaß, erhielt sie diese am Tag ihrer Ernennung zur Ministerin in Kiew. Nachdem sich innerhalb der Regierung die Kräfte rund um den Oligarchen und damals amtierenden Präsidenten Petro Poroschenko durchgesetzt hatten, verlor Jaresko ihren Job in Kiew im Frühjahr 2016. Ein Jahr später erhielt sie den Posten der Generaldirektorin der "Junta" für Puerto Rico.