Argentinien / Politik

Argentinien: Sechster Freispruch für Ex-Präsidentin Cristina Kirchner

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Proteste gegen eine Justiz im Dienst der Eliten: Tausende demonstrierten am Donnerstag vor dem Obersten Gerichtshof in Buenos Aires
Proteste gegen eine Justiz im Dienst der Eliten: Tausende demonstrierten am Donnerstag vor dem Obersten Gerichtshof in Buenos Aires

Buenos Aires. Die frühere Präsidentin Argentiniens, Cristina Kirchner, sowie 100 weitere Angeklagte sind in einem Korruptionsverfahren freigesprochen worden. Das ist inzwischen das sechste Verfahren gegen sie, das mit Freispruch oder Einstellung der Klage endete.

Dabei ging es um eine Abzweigung vom bekannten Fall der Fotokopien, bei denen die vermeintlichen Tagebücher des Chauffeurs des Staatssekretärs für Planung, Roberto Baratta, ein umfangreiches Netzwerk der Korruption belegen sollten. Dieser Prozess stagniert seit Jahren und kam kürzlich in die Schlagzeilen, als ein von einem Angeklagten beauftragtes Gutachten nachwies, dass mindestens vier Personen an den Tagebüchern geschrieben hatten und hunderte Stellen nachträglich abgeändert wurden.

Der vor zwei Jahren verstorbene Richter Claudio Bonadío hatte es seinerzeit als erwiesen betrachtet, dass ein Kartell an korrupten Unternehmern und Politikern unter der Leitung der Präsidentin bestand und klagte deshalb Regierungsmitglieder und Unternehmern als Teil einer kriminellen Organisation an. Nach seinem Tod übernahm Richter Julián Ercolini kommissarisch seinen Posten. Ercolini ist ebenfalls kein Freund der Kirchners und hat mehrere umstrittene Urteile gegen sie gefällt.

Dieser Fall wies jedoch eine bemerkenswerte Abwesenheit von Beweisen auf und stellt sich damit als ein weiteres Beispiel der justiziellen Verfolgung von Oppositionellen (Lawfare) dar. Es wurden sogar Unternehmer angeklagt, die zum entsprechenden Zeitpunkt noch nicht tätig waren oder deren Firmen nicht einmal öffentliche Aufträge hatten.

Ebenfalls aufgehoben wurde ein umstrittenes Urteil gegen den früheren Vizepräsidenten Amado Boudou. Er war damals angeklagt, ein Fahrzeug mit angeblich gefälschten Papieren verkauft zu haben. Trotz der mehr als dürftigen Beweislage und inmitten einer massiven Pressekampagne wurde er zu mehreren Jahren Haft verurteilt. Das Kassationsgericht hob dieses Urteil am vergangenen Dienstag auf. Auf Boudou lastet noch ein weiteres Urteil im Fall der Druckerei Ciccone, bei dem der Oberste Gerichtshof sich geweigert hatte es zu überprüfen, ohne eine Begründung zu geben. Dazu liegt seit letztem Jahr eine Klage beim Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte.

Gegen den Obersten Gerichtshof fand indes am vergangenen Donnerstag in Buenos Aires eine große Demonstration statt. Vor dem Sitz des Gerichts versammelten sich Tausende von Demonstranten, die gegen das kürzlich erfolgte Manöver in Bezug auf den Magistratur-Rat (amerika21 berichtete) protestierten, den Rücktritt der aktuellen vier Mitglieder forderten sowie die Erweiterung der Mitgliedszahl und eine paritätische Geschlechterverteilung.

Den aktuellen Richtern werden ihre Beteiligung an der Verfolgung Oppositioneller, die Verschleppung von Menschenrechtsverfahren, der Versuch, Verbrecher gegen die Menschheit vorzeitig zu entlassen sowie ihre Verflechtung mit den Medien und der Wirtschaft vorgeworfen.