Argentinien

Argentinien: Freispruch für Ex-Präsidentin Cristina Kirchner im fünften Prozess

Buenos Aires. Expräsidentin Cristina Fernandez de Kirchner, ihr ehemaliger Entwicklungsminister Julio De Vido sowie Staatssekretär Roberto Baratta sind im Prozess um angebliche Korruption beim Kauf von Erdgas freigesprochen worden. Es ist bereits die fünfte Anklage gegen die frühere Präsidentin und aktuelle Vizepräsidentin, die mit einem Freispruch oder Prozesseinstellung endete.

Der Fall gilt in Argentinien als Paradebeispiel für eine politische Instrumentalisierung der Justiz, als Lawfare bezeichnet. Die Beschuldigung, 2014 von Oppositionspolitikern erhoben, von affinen Medien aufgenommen und in die Anklage eingegangen, lautete, dass in der Regierungszeit von Fernandez de Kirchner komprimiertes Flüssiggas (LNG) auf dem internationalen Markt zu überhöhten Preisen gekauft wurde. Die Medien sprachen von einer Rekordsumme von 7 Milliarden US-Dollar, die dem Staat als Schaden entstanden seien. Das in mehreren Fällen bereits agierende Duo von Richter Claudio Bonadío und Staatsanwalt Carlos Stornelli erhielt den Fall und ordnete Untersuchungshaft für De Vido und Baratta an.

Die Anklage konnte jedoch nie erhärtet werden. Weder wurden Zahlungen von Bestechungen entdeckt, noch wurde belegt, dass die gezahlten Preise tatsächlich zu hoch waren.

Ein vom Staatsanwalt angeordnete Gutachten erwies sich als grobes Machwerk und überstand keine Überprüfung: Es basierte auf aus dem Internet kopierten Studentenarbeiten und verglich u. a. Erzeugerpreise von nicht komprimiertem Erdgas auf dem US-Markt mit Endverbraucherpreisen für LNG in Übersee. Fünf andere Gutachter, die die Ergebnisse nicht bestätigen wollten, wurden von Richter Bonadío aus dem Verfahren entlassen.

Die Verteidigungen nahmen das Gutachten auseinander. Gegen Gutachter David Cohen läuft derzeit ein Prozess wegen Falschaussage.

Als das Verfahren deshalb zu scheitern drohte, änderte man die Anklage. Nun hieß es, dass die Preise nicht beim Kauf sondern beim Transport und der Versicherung überhöht gewesen seien. Diese Annahme basierte auf einer geheimen Aussage des falschen Anwalts und Spions Marcelo D'Alessio, der kurze Zeit später in einem anderen Fall wegen Erpressung und Manipulation der Justiz verhaftet wurde.

Nach dem Tod von Bonadío ging der Fall an Richter Julián Ercolini, der frei von jedem Verdacht ist, mit der Regierung der Kirchners zu sympathisieren und in der Vergangenheit eine Reihe sehr umstrittener Entscheidungen gegen diese gefällt hatte.

Die in Folge erstellten Gutachten kamen jedoch zum Schluss, dass es keine überhöhten Preise gegeben hatte, sodass schließlich der Freispruch mangels einer Straftat erfolgen musste.

Auch in einem weiteren bekannten Fall gibt es Neuigkeiten. Im Prozess der angeblichen Tagebücher von Oscar Centeno, Chauffeur von Staatssekretär Baratta, wurde, nachdem die Staatsanwaltschaft vier Jahre lang das Dokument nicht hatte begutachten lassen, von einem der Angeklagten eine Expertise vorgelegt.

Die Fotokopien von sechs handgeschriebenen Heften sollten die Zahlung von Bestechungen belegen. Auf dieser Grundlage wurden zahlreiche Unternehmer festgenommen.

Bald gab es Beschwerden, dass Staatsanwalt Stornelli die Angeklagten erpressen und die Aussagen steuern würde. Letztere widersprachen sich zudem und es fehlten weitere Beweise, die die Anklage untermauern könnten. Die angeblich verbrannten Hefte tauchten dann zwar auf, die Staatsanwaltschaft ordnete jedoch kein Gutachten an, entgegen der Forderung der Verteidigungen.

Der mitbeschuldigte Unternehmer Armando Loson ließ unterdessen selbst eine graphologische Untersuchung durchführen. Diese stellte über 1.600 nachträgliche Änderungen des Textes fest sowie vier verschiedene Handschriften. Loson stellte nun eine Anzeige wegen Falschaussage, Amtsmissbrauch und Unterlassung amtlicher Pflichten. Seiner Meinung nach wurde die Anklage gegen ihn konstruiert, um ihm seine Firma aus dem Energiesektor abzunehmen. Loson hatte jahrelang offen Parteispenden getätigt, bestreitet jedoch jemals Bestechungen gezahlt zu haben.

Das Gutachten könnte nun die bereits sehr wacklige Anklage ebenfalls zu Fall bringen.